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Jugendliche © State Farm @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Corona-Studie

Psyche und Lernerfolg von jungen Migranten stark belastet

Der Corona-Lockdown hat sich negativ auf die Psyche, Lernzeit und Lernerfolg von Kindern ausgewirkt. Wie aus einer Studie hervorgeht, waren vor allem Mädchen und Jugendliche mit Migrationshintergrund betroffen.

Donnerstag, 29.07.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 28.07.2021, 15:55 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Kita- und Schulschließungen haben sich negativ auf die psychische Gesundheit, die Lernzeit und den Lernerfolg von Kindern und Jugendlichen ausgewirkt. Das geht aus einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung hervor, die am Mittwoch in Wiesbaden vorgestellt wurde. Besonders gravierend war demnach der Anstieg von klinisch relevanten depressiven Symptomen wie Schwermut, Verzweiflung und Antriebslosigkeit bei Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren.

Die Forscher empfahlen, im weiteren Pandemieverlauf die Schulen weitgehend offenzuhalten und die Lernrückstände langfristig aufzuholen. Zunächst gelte es, Kontakte und Lebensfreude mit Gleichaltrigen zu ermöglichen.

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Junge Migranten besonders stark betroffen

Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 habe ein Viertel der Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren eine „klinisch relevante Symptomatik von Depressivität“ aufgewiesen, sagte der Co-Autor der Studie und stellvertretende Direktor des Bundesinstituts, Martin Bujard. Im Jahr vor der Pandemie sei das lediglich bei zehn Prozent dieser Altersgruppe der Fall gewesen. Nach einer Hochrechnung betreffe der Anstieg rund 477.000 Jugendliche, vor allem Mädchen sowie junge Migranten.

Der Migrationshintergrund ist der Untersuchung zufolge ein besonders starker Faktor. „Jugendliche mit Migrationshintergrund zeigen im Vergleich zu Jugendlichen ohne Migrationshintergrund eine besonders starke Zunahme an depressiven Symptomen“, heißt es in der Studie. Den Angaben zufolge ist bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund der Anteil mit depressiven Symptomen von 9 Prozent auf 21 Prozent angestiegen, bei jungen Migranten verdreifachte sich der Anteil von 11 Prozent auf 33 Prozent.

Anstieg von Beschwerden

Weiterhin gebe es Hinweise auf einen Anstieg von psychosomatischen Beschwerden und Verhaltensauffälligkeiten, fügte Bujard hinzu. Auch die Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung vieler Kinder und Jugendlicher sei durch die Kontaktbeschränkungen beeinträchtigt worden. Infolge der Pandemie und den damit verbundenen Schulschließungen habe sich die „gesundheitsbezogene Lebensqualität“ bei hochgerechnet 1,7 Millionen Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren erheblich verschlechtert.

Nach den Worten der Soziologin Kerstin Ruckdeschel hat die Schließung von Bildungseinrichtungen wegen Corona viele Kinder und Jugendliche vor erhebliche Hürden gestellt: „Im Lockdown entfällt Schule als ein mit Lernen assoziierter Ort, der einen festen Rhythmus von Lern- und Erholungszeiten vorgibt, was Folgen für die Lernmotivation, Lernzeiten und Lernerfolg hat“, sagte sie. Vor allem Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen Familien oder diejenigen, die zuhause kein Deutsch sprechen, seien durch Schulschließungen besonders benachteiligt.

Lernzeit halbiert

Laut der Studie hat sich die Lernzeit während des ersten Lockdowns halbiert und lag im zweiten Lockdown bei durchschnittlich rund 60 Prozent. Vor Corona hätten Schülerinnen und Schüler rund 7,4 Stunden am Tag für schulische Aktivitäten eingesetzt, während des ersten Teil-Lockdowns 2020 seien es nur noch 3,6 Stunden und während des zweiten in diesem Jahr 4,3 Stunden gewesen, sagte Ruckdeschel. Stattdessen hätten sie mehr Zeit mit sozialen Medien oder bei Online-Spielen verbracht.

Angesichts der Zahlen sei es jedoch nicht gerechtfertigt, pauschal von einer „verlorenen Generation“ zu sprechen, sagte Bujard. Rund zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen seien trotz mancher Schwierigkeiten relativ gut durch die bisherigen pandemiebedingten Einschränkungen gekommen. Belastete Kinder und Jugendliche gebe es in allen Bevölkerungsgruppen, sie fänden sich jedoch in bildungsferneren Milieus deutlich häufiger. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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