SPD skeptisch
CDU will Einbürgerung nach antisemitischen Handlungen ausschließen
CDU-Innenpolitiker Middelberg will Ausländer, die antisemitisch aufgefallen sind, von der Einbürgerung ausschließen. Er schlägt eine Rechtsänderung vor, die noch diese Woche den Bundestag passieren könnte. Die SPD ist aber skeptisch.
Dienstag, 08.06.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.06.2021, 10:52 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Als Reaktion auf antisemitische Vorfälle bei Demonstrationen in Deutschland schlägt der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Mathias Middelberg (CDU), eine Änderung des Einbürgerungsrechts vor. Demnach sollen antisemitisch motivierte Handlungen künftig eine Einbürgerung ausschließen. „Wer öffentlich gegen Juden hetzt, die Existenz des Staates Israel infrage stellt oder die israelische Fahne verbrennt, der darf nicht deutscher Staatsbürger werden“, sagte Middelberg der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Middelberg forderte die SPD auf, seinem Vorschlag noch in dieser Woche im Bundestag zuzustimmen. Danach sieht es aber nicht aus. Der Vorschlag sei „nichts als weiße Salbe“, erklärte die SPD-Innenpolitikerin Ute Vogt.
Strafrechtliche Verurteilung maßgeblich
Middelberg will im Staatsangehörigkeitsgesetz folgenden Satz hinzufügen: „Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn der Ausländer eine antisemitisch motivierte Handlung vorgenommen hat.“ Dem „Evangelischen Pressedienst“ sagte Middelberg, eine antisemitisch motivierte Handlung sei insbesondere dann anzunehmen, „wenn der Ausländer wegen einer solchen Handlung zu einer Strafe verurteilt wurde“.
Damit würde klargestellt, dass für den Ausschluss der Einbürgerung eine Erheblichkeitsschwelle überschritten sein müsste. Dies wäre aber nicht allein bei einer strafrechtlichen Verurteilung gegeben. Die Einbürgerungsbehörde müsste alle Umstände einer Gesamtbewertung unterziehen, erklärte Middelberg.
SPD skeptisch
Die SPD-Abgeordnete Vogt erklärte, es bestehe kein Regelungsbedarf, da das Staatsangehörigkeitsgesetz auch heute schon die Einbürgerung von Antisemiten ausschließe. „So steht die Verurteilung wegen einer Straftat – und zwar unabhängig davon, aus welchem Beweggrund diese begangen wurde – einer Einbürgerung entgegen“, sagte sie.
Zudem müssten sich Einbürgerungswillige zum Grundgesetz bekennen. Wer antisemitische Handlungen begehe, verstoße eindeutig dagegen. Daher würde sie es begrüßen, wenn das Bundesinnenministerium dies in den Anwendungshinweisen zum Staatsangehörigkeitsrecht noch einmal klarstelle. Zu einer Gesetzesänderung äußerte sich Vogt skeptisch.
Wiedergutmachungseinbürgerung
Der Bundestag stimmt am späten Donnerstagabend über eine Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts ab. Verabschiedet werden soll dann die sogenannte Wiedergutmachungseinbürgerung für Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, sowie deren Nachkommen.
Ihnen steht laut Grundgesetz eine Einbürgerung zu. Nicht alle kamen jedoch in der Vergangenheit zu ihrem Recht, etwa Kinder verfolgter Frauen, weil lange Zeit die Abstammung nur über den Vater vererbt wurde. Middelberg sagte, es würde sich anbieten, die von ihm angestrebte Rechtsänderung im Zusammenhang mit diesem Gesetz vorzunehmen. (epd/mig) Leitartikel Politik
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Laut den jährlichen und auf BKA-Daten basierenden Kriminalstatistik Berichten des Bundesinnenministeriums, die jährlich öffentlich vom Bundesinnenminister vorgetragen werden, werden 93% (jährlich +/- 1-3% schwankend) aller antisemitisch motivierten Straftaten in Deutschland von rechtsextremistischen Deutschen verübt. Ca. 3% werden von Linksextremisten begangen, ca. 3% von Ausländern (Migranten, Flüchtlingen) und ca. 1% der taten kann keinem Lager zugeordnet werden. Wäre es nicht sinnvoller Maßnahmen gegen die Gruppe von 93% der Täter zu konzipieren bzw. zu ergreifen? Dieser Vorschlag des CDU-Innenpolitikers klingt daher eher nach Wahlkampf als nach Problemlösung bezüglich antisemitisch motivierter Straftaten. 90% aller islamophob begründeter Straftaten (Deutschland ist seit Jahren Weltmeister hinsichtlich Anzahl der Anschläge auf Moscheen) gehen auch auf das Konto von Rechtsextremisten. Wenn 93% aller antisemitschen Straftaten und 90% aller islamophob begründeten Straftaten von Rechtsextremisten begangen werden, dann frage ich mioch allen Ernstes, ob die verantwortlichen Regierenden in Deutschland nicht seit Jahren „intensive Wahrnehmungssörungen“ haben.
Herr Öztürk, Sie haben völlig Recht, dieser Gesetzesvorschlag ist reiner Wahlkampf und Augenwischerei, weil er das Problem nicht löst, dass die meisten Antisemiten und Rechtsextremen schon die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Außerdem ist die Verknüpfung an eine „antisemitische“ oder „rassistische“ Straftat ein Problem der Bestimmtheit. Total absurd ist es, dieses Erfordernis mit der Änderung im StAG zur Wiedergutmachung zu verknüpfen, d.h. für die Schaffung von Ansprüchen auf den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zugunsten von jüdischen und aus politischen Gründen zwischen 1933 und 1945 geflohenen Emigranten und deren Nachkommen, weil unter dieser Gruppe der Anteil von Antisemiten wahrscheinlich nicht sehr hoch ist. Man kann nur hoffen, dass diese Reform trotzdem heute und morgen (durch den Bundesrat) durchgeht, die Relevanz dieser neuen Regelungen zur Rassisten und Antisemiten wird ohnehin nicht groß sein. Mir gefällt das aber nicht aus rechtsstaatlichen Gründen. MfG Karl Baedeker