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Auswärtiges Amt © MiG

Plötzlich geoutet

Auswärtiges Amt hat homosexuelle Asylbewerber gefährdet

Mehrere Asylsuchende in Deutschland sind durch Aktivitäten deutscher Behörden in ihren Heimatländern geoutet worden. Das Bekanntwerden von homo- oder bisexueller Orientierung ist in so manchem Land fatal. Die Bundesregierung räumt jetzt Fehler ein.

Von Freitag, 28.05.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 27.05.2021, 13:56 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Der Tag, an dem Saad Khan (Name geändert) seine Familie verlor, war ein heißer Tag im August 2020. Sein Bruder rief ihn aus Pakistan an und fragte Saad Khan mit reservierter Stimme, ob er diesen und jenen Mann oder jene Frau kenne – und ob er eine Beziehung mit diesen Personen gehabt habe. Ein Mann sei im Dorf gewesen, ein Anwalt aus einer fernen Stadt. Er habe wissen wollen, ob Saad bisexuell sei. „Seit diesem Tag meiden meine Familie und ich den Kontakt miteinander. Ich bin ganz allein“, sagt Saad Khan. Heute lebt er in der Nähe von Freiburg und wartet auf die Anerkennung seines Asylantrags.

Ob das Gespräch zwischen Anwalt und Bruder genau so stattfand, lässt sich nicht rekonstruieren. Fest steht aber: Der Anwalt war da. Dem „Evangelischen Pressedienst“ liegt ein Dokument des Auswärtigen Amtes vor, das von Vor-Ort-Recherchen eines Vertrauensanwalts berichtet. Dieser habe mit dem Vater Khans über die Informationen gesprochen, die sein Sohn im Asylverfahren gegeben habe. Der Anwalt habe wissen wollen, ob es in der Region eine „homosexuelle Szene“ gebe. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) sagt: Das ist ein Zwangsouting. Es habe mindestens ein weiteres gegeben, wahrscheinlich aber viel, viel mehr. Sollte das zutreffen, verstieße das Auswärtige Amt gegen geltendes Recht, erklärt der Verband.

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Outing durch amtliche Nachforschungen

„Es gibt ein Muster bei allen Fällen, die wir bisher kennen“, sagt Patrick Dörr vom LSVD-Bundesvorstand. Bei lesbischen, schwulen und bisexuellen Geflüchteten wolle das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Angaben zur sexuellen Identität oft überprüfen – denn Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung ist in Deutschland grundsätzlich ein anerkannter Asylgrund. Dazu werde ein Fragenkatalog an das Auswärtige Amt übersendet, das über die Botschaften wiederum Vertrauensanwälte mit Recherchen beauftrage, erklärt Dörr. „Und spätestens an dieser Stelle passieren die Fehler – und eben die Outings.“

Ein weiteres Beispiel dafür ist die Geschichte eines Geflüchteten aus Nigeria, der sich nach seinem mutmaßlichen Zwangsouting an den LSVD gewandt hat: Dieses soll, wie aus Dokumenten des Auswärtigen Amtes hervorgeht, ebenfalls durch einen Vertrauensanwalt der Behörde geschehen sein – der unter anderem die Ehefrau eines Notars fragte, was sie über ein Dokument wisse, das die Homosexualität des Antragsstellers bescheinige.

„Warum das alles?“

Sieht man sich diese Fälle näher an, wird der unglückliche Verlauf deutlich: Eine Anfrage eines Fallbearbeiters des Bamf landet auf einem Schreibtisch im Auswärtigen Amt, sie wird weitergeleitet an eine deutsche Botschaft, dann führt im Heimatland des Asylbewerbers ein Anwalt einen Auftrag aus. Und das kann schiefgehen.

Der LSVD fragt: Warum das alles? „Wenn in einem Asylverfahren die Glaubhaftigkeit des Vortrags angezweifelt wird, gibt es die Möglichkeit, zu einer erneuten Anhörung einzuladen“, sagt LSVD-Sprecher Dörr. Nachforschungen über eine Person im Heimatland seien ein extremes Mittel. „Es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“ Zudem habe das Bundesverfassungsgericht bereits 2005 geurteilt, dass Menschen nicht durch deutsche Stellen in ihrem Heimatland geoutet werden dürften.

Bundesregierung gibt Fehler zu

Beim Auswärtigen Amt scheint man sich der Problematik solcher Prüfungen bewusst zu sein. Man beauftrage in „derartigen Fällen“ nur Anwälte, mit denen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bestehe, hieß es zunächst auf Anfrage. „Diese werden regelmäßig für die besonderen Umstände in solchen Konstellationen sensibilisiert und jährlich ausdrücklich über die geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen belehrt.“

Kurze Zeit später räumte die Bundesregierung Fehler im Umgang mit homosexuellen Flüchtlingen offen ein. Das Innenministerium und das Auswärtige Amt erklären in einem Brief an den LSVD, dass ihnen bei zwei Fällen aus Pakistan und Nigeria „bedauerlicherweise Fehler“ unterlaufen seien. Das Bundesinnenministerium kündigt in dem Schreiben an, das Bamf werde in Zukunft die „Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und die übermittelten Inhalte einer Anfrage an das Auswärtige Amt vorab noch stärker überprüfen“. Außerdem habe das Außenministerium die Botschaften dafür sensibilisiert, bei der Amtshilfe in Asylangelegenheiten „besonderes Augenmerk auf datenschutzrechtliche Bestimmungen zu legen“.

Verband begrüßt Eingeständnis

Dörr begrüßt, dass die Ministerien „Fehler klar eingestanden haben“. Beim Bamf sieht Dörr aber weiter „eine fast schon paranoide Angst davor, dass Asylsuchende nur vortäuschen, lesbisch oder schwul zu sein“. Saad Khan sagt: „Wenn ich nach Pakistan zurück müsste, würde man mich wahrscheinlich umbringen.“ Er hofft, dass sein Asylantrag anerkannt wird.

Nach LSVD-Angaben werden in 70 Staaten dieser Welt gleichgeschlechtliche Handlungen kriminalisiert, in elf Ländern sei sogar die Todesstrafe möglich. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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  1. urbuerger sagt:

    Inzwischen gut es mir um jeden Leid, der mit der deutschen Beamtenmentalität in Berührung kommt!

    Seit Beginn des letzten Sommers, habe ich eine Menge Menschen kennengelernt, die große Probleme mit den deutschen Behörden bekommen haben, zumeist aus reiner yUnwissenheit und Willkür durch die zuständigen Beamten!

    Die Beamtenseele des deutschen Beamten, scheint in einer Daseinskrise zu stecken, weil sie Angst haben, dass ihnen durch die Digitalisierung Kompetenzen abgenommen werden könnten und um die Digitalisierung in ihrem Bereich als nicht notwendig und Kontraproduktiv zu outen, gehen sie sehr seltsame Wege, die oft auf dem Rücken der Bürger, die sich an die Beamten wenden, ausgetragen!

    Mir sind Menschen bekannt, die auf Grund solcher bösartigen Beamtenaktivitäten, extrem gelitten haben, vor allem, wenn sich die Leute in die Hände der Jugendämter begeben müssen, dort wird bei jedem Kind, welches in ihren Focus rückt, als erstes versucht den Eltern Vernachlâssigung oder Missbrauch nachzuweisen und Alleinerziehende werden unter Generalverdacht gestellt, sexuellen Missbrauch begangen zu haben!

    Ein kleines Beispiel, ein Nachbar musste als Alleinerziehender einer 14 jährigen Tochter ins Krankenhaus, um die Tochter versorgt zu wissen, wendete er sich an das Jugendamt, weil die Mutter sich nie um das Kind kümmerte und ihr Neuer auch keine Kinder um sich haben wollte, blieb ihm nichts anderes übrig!

    Jetzt ist er seit 4 Monaten aus dem Krankenhaus heraus, darf seine Tochter aber nicht nach Hause holen, da ihm Missbrauch vorgeworfen wurde!
    Um diesen Vorwurf überhaupt aufbringen zu können, hat die Institution, in der das Mädchen untergebracht wurde, die wildesten Versuche unternommen,ihn dazu zu bringen, zuzugehen, dass Missbrauch stattgefunden hat!

    Man rief ihn Morgens um 3 Uhr an und sagte ihm, er solle sich doch den Missbrauch jetzt zugeben, denn das Mädchen hätte den Wunsch geäußert, mit einem Psychiater zu sprechen, um deinen Tisch zu machen!
    Als er mit der Tochter reden wollte, gab es immer etwas, weshalb das Mädchen gerade nicht zusprechen sei!
    Selbst als die Kinder im Homeshopping saßen, wurde der Kontakt immer wieder unterbunden!

    Letztendlich wurde dem Mädchen suggeriert, dass bereits Umarmungen, als Trost für ein Problem Sexuell sein könnte!
    Als die Töchter mitbekam, wie man dem Vater zusetzte, wendete sie sich an einen Jugendamtsmitarbeiter des Kreises, der dort zufällig zu Besuch gewesen ist und erklärte ihm, dass bereits seit 4 Monaten der Kontakt zum Vater unterbunden wurde!

    Das Mädchen hat jetzt das Recht bekommen, den Vater zumindest treffen zu dürfen, aber es müsse erst abgeklärt werden, ob sie nicht doch Missbraucht würde, solange muss sie nun in der Einrichtung bleiben und darf nicht zu ihrem Vater, der sich nur versichert wissen wollte, dass seine Tochter während seines Krankenhausaufenthalts versorgt ist!

    Er hat inzwischen einen Anwalt eingeschaltet, der versucht eine Einstweilige Verfügung zu erwirken, dass die Töchter wieder nach Hause darf!

    Übrigens:

    Die sogenannten Sozialarbeiter und Psychoanalytiker, die dieses Spiel in Gang gesetzt haben, sind Angestellte im öffentlichen Dienst und arbeiten ineiner katholisch betriebenen Jugendeinrichtung!

    So arbeitet der Staat gegen seine Bürger,nur um eine eigene Rechtfertigung für ihren Job aufzeigen zu können!

    Aus Erfahrung, schon zu meiner Ausbildungszeit, ist mir Bekannt, wie manche Leute eingestellt sind, die Jobs machen wollen, bei denen sie mit Kindern arbeiten können!
    Sie sind der Meinung, dass Studien zu Psychoanalytiker oder ähnliches Fächer sind, die ohne großes Wissen erarbeitet werden können und meistens werden sie von Menschen ausgeübt,die in den MINT Fächern hoffnungslose Versagen wurden,aber unbedingt ein Studium habe wollen, selbst wenn die Qualifikation auf der Strecke bleibt!!!