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Ein Bauarbeiter © dustpuppy auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Studie

Flüchtlinge arbeiten meist unter schlechten Bedingungen

Die Arbeitsbereitschaft vieler Geflüchteter ist hoch – auch weil ihr Verbleib in Deutschland an einen Job gekoppelt ist. Einer Studie zufolge nutzen Arbeitgeber diese Zwangslage aus. Die Folgen der Arbeitsaufnahme sind dann oft das Gegenteil von Teilhabe. Experten sehen den Gesetzgeber in der Verantwortung.

Dienstag, 04.05.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 04.05.2021, 11:18 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Niedrige Löhne und unsichere Perspektiven prägen nach Ansicht Göttinger Wissenschaftler die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen vieler Flüchtlinge. Die Bereitschaft vieler Geflüchteter, eine Erwerbsarbeit aufzunehmen, sei hoch, sagte Peter Birke vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) am Montag. Zugleich seien Geflüchtete jedoch vor allem in Branchen mit problematischen Arbeitsbedingungen beschäftigt, in denen im Schnitt niedrige Löhne und Gehälter gezahlt würden.

Die Forscher hatten die Arbeitsbedingungen von Flüchtlingen in der Fleischindustrie, im Online-Versandhandel, im Gesundheitswesen sowie in der der Metall- und Elektroindustrie untersucht. Die Interviewten hätten von einer mehrfachen Prekarität berichtet, sagt Birke.

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Soziologe: Gesetzgeber hat dazu beigetragen

„Eine oft unsichere Aufenthaltssituation wird durch prekäre Arbeits-, Unterbringungs- und Lebensverhältnisse ergänzt“, so der Soziologie-Professor. Der Gesetzgeber habe zu dieser Entwicklung beigetragen, indem er den legalen Aufenthalt an eine umfassende Arbeitsbereitschaft von Geflüchteten geknüpft habe. Auf dieser Grundlage entstehe ein Zielkonflikt zwischen Spracherwerb, Ausbildung und Erwerbsarbeit für die Betroffenen.

„Bei vielen der von uns interviewten Geflüchteten handelt es sich um hochqualifizierte Personen“, sagte Projektmitarbeiter Thomas Stieber. Sie gingen jedoch Tätigkeiten nach, die bestenfalls als angelernt gälten. Das weise darauf hin, dass eine Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Kenntnissen nur mit einem hohen Zeitaufwand und viel Geduld zu erreichen sei.

Experte fordert Veränderungen

Dr. Felix Bluhm, der an der Untersuchung beteiligt war, hält fest: „Häufig wird eine mangelnde gesellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten durch die Aufnahme von Erwerbsarbeit nicht vermindert, sondern verstärkt“ Erwerbsarbeit finde oft in Konstellationen statt, die Menschen gesellschaftlich und sozial isolieren. Manche Unternehmen nutzten die Zwangslage, in der sich ein Teil der Geflüchteten befindet, um Arbeitsbedingungen zu definieren, die mitunter nicht einmal den gesetzlichen Mindestbestimmungen entsprechen.

Um eine wirkliche Verbesserung der Situation von Geflüchteten zu erreichen, sind laut Bluhm Veränderungen auf verschiedenen Ebenen erforderlich: Zum einen seien sind die allgemeinen Bedingungen in den Branchen, in denen Geflüchtete schwerpunktmäßig Beschäftigung finden, hochproblematisch. Hier bedürfe eines grundlegenden Wandels. „Zum anderen ist die Schaffung von sicheren, nicht an Arbeit gekoppelten Aufenthaltsperspektiven unerlässlich“, erklärt der Wissenschaftler. (epd/mig) Leitartikel Panorama Studien

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