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Privatjet (Symbolfoto) © jemafg @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Ambulanzflüge

Hamburg will weiter Schwerkranke abschieben

Für eine Abschiebung eines nierenkranken Mannes gab die Hansestadt Hamburg im Jahr 2018 insgesamt fast 60.000 Euro aus. Jetzt wird klar: Hamburg wird auch weiterhin Schwerkranke abschieben.

Mittwoch, 17.02.2021, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 16.02.2021, 10:53 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Wenn es um Abschiebungen geht, ist der Hamburger Ausländerbehörde kein Hindernis zu groß: In den vergangenen Jahren hat die Hansestadt Hamburg immer wieder teils schwerkranke Menschen abgeschoben, die auf medizinische Versorgung angewiesen sind.

Wie Dokumente einer Abschiebung im vergangenen Jahr zeigten, ließ die Stadt Hamburg im Juni 2018 einen nierenkranken Ghanaer abschieben, der zuvor 17 Jahre in Deutschland gelebt hatte. Die Behörden mieteten extra ein Ambulanzflugzeug und gaben für die Abschiebung fast 60.000 Euro aus. Ein Ambulanzflugzeug hat besondere medizinische Geräte und ärztliches Personal an Bord. Auch 2019 schob die Hansestadt einen kranken Mann ab, wie jetzt aus einer Antwort des rot-grünen Hamburger Senats auf eine kleine Anfrage hervorgeht.

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Danach hatte der Mann aus Serbien mit seiner Familie zweieinhalb Jahre lang in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt. Für seine Abschiebung mithilfe eines Ambulanzflugzeugs gab die Stadt Hamburg mehr als 20.000 Euro aus. Eine normale Abschiebung war auf der Erkrankung des Mannes nicht möglich. „Eine Flugreisetauglichkeit hingegen war nur in Begleitung eines Notarztes bei einem Flug mit Sonderausstattung gegeben“, so der Senat.

„Moralische Bankrotterklärung“

„Es ist eine moralische Bankrotterklärung, dass schwerkranke Menschen in Länder abgeschoben werden, in denen die medizinische Versorgung nicht ausreichend gewährleistet ist“, sagt Carola Ensslen, Sprecherin für Flucht und Migration bei der Hamburger Linksfraktion. Hilfebedürftige Menschen bräuchten Unterstützung und nicht „die kalte Faust der Abweisung“, so Ensslen.

Offenbar plant Hamburg auch künftig weitere Abschiebungen schwerkranker Menschen. „Abschiebungen mittels Ambulanzflugzeugen werden auch in Zukunft erfolgen, wenn dies im konkreten Einzelfall in Ermangelung einer anderen Rückführungsmöglichkeit erforderlich und realisierbar ist“, teilt der Senat mit.

Sonderweg in Hamburg

Damit geht die Hansestadt einen Sonderweg. Kaum ein anderes Bundesland führt Abschiebungen schwerkranker Menschen durch. In Mecklenburg-Vorpommern hatte das Verwaltungsgericht Schwerin 2018 eine geplante Abschiebung untersagt, bei der ein schwerkranker Mann nach Ghana transportiert werden sollte. Da der Mann sich eine medizinische Behandlung in Ghana nicht hätte leisten können, sei eine Abschiebung nicht zu verantworten gewesen.

Dass die medizinische Versorgung in den Zielländern der Abschiebungen nicht gleichwertig mit der Versorgung in Deutschland ist, ist für die Hamburger Behörden offenbar nicht von Bedeutung. Sobald die Menschen in ihrem Herkunftsland ankommen, ist der Fall für die Behörden erledigt. Auf die Frage, welche Erkenntnisse es „über Verbleib und Zustand der Betroffenen in den Heimatländern“ gibt, antwortet der Senat: „Keine.“ (epd/mig)

Info: Dieser Beitrag erscheint zeitgleich auf fragdenstaat.de.

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  1. Rene sagt:

    „Dass die medizinische Versorgung in den Zielländern der Abschiebungen nicht gleichwertig mit der Versorgung in Deutschland ist, ist für die Hamburger Behörden offenbar nicht von Bedeutung.“

    Das ist für die Behörden von sehr sehr großer Bedeutung, denn es ist im §60 Abs 7. Satz 4 AufenthG gesetzlich geregelt: „Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. “

    Das ganze ist als Zielstaatenbezogenes ABschiedehindernis vom BAMF (Bundesbehörde) zu prüfen. Die Hamburger Behörden (Land) dürfen darüber keine eigene Entscheidung treffen (das wäre Amtsanmaßung und könnte nebenbei auch juristisch verfolgt werden, die ABH achtet also sehr sehr genau darauf). Sagt das BAMF die Behandlung ist ausreichend vorhanden, dann ist die Ausländerbehörde daran gebunden. Die Ausländerbehörde hingegen prüft sogenannte „inländische Vollstreckungshindernisse“, darunter fällt, obacht, eine mögliche Reiseunfähigkeit.

    Wenden wir es auf den obigen Fall an ergibt das vorgehen rechtlich absolut Sinn: Das BAMF hat festgestellt, dass eine Behandlung im Heimatland, wenn sicher auch auf einen niedrigeren level als in Deutschlannd, möglich ist. Eine konkrtete Lebensbedrohung wegen fehlender VErsorgung existiert nicht. Jetzt prüft die ABH nur noch, ob sie abschieben kann. Sie stellt fest: Ja, aber die Reisefähigkeit ist nur mit dem Ambulanzflugzeug gegebenn. Unabhängig davon, dass sie geltendes Recht umsetzen muss wird bei der Buchung auch eien Rolle gespielt haben, dass die erkrankten ihre Behandlung idr. nicht selber zahlen. Das übernimmt wegen fehlender mittel meist die Kommune und die Kosten summieren sich sehr sehr schnell. Da sind 60000 Euro dann am Ende weniger.
    Das ganze hat schlicht den Zweck zu verhindern, dass Ausländer nach Deutschland kommen, weil hier die Behandlung besser ist und für sie billiger (wenn auch nicht für den Steuerzahlher).
    Man kann natürlich sagen jeder sollte hier behandelt werden, auch wenn er im Heimatland, wenn auch schlechter, behandelt werden könnte, weil es hier besser ist. Das sit aber eine politische Frage.
    Zumindestens bis jetzt hat die Politik aber klar gesagt (siehe das GEsetz): Nein, gena das wollen wir nicht.