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MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, Zeichnung MiG

Nebenan

Opfer in Kalkar

Erneut gibt die AfD ein jämmerliches Bild ab. Um Opfer zu sein, muss sie nicht einmal mehr mit Andersdenkenden zusammentreffen. Es reicht auch schon ein Parteitag.

Von Dienstag, 01.12.2020, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 30.11.2020, 10:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Diese furiose Rede des Ober-Nàsi, den der am Wochenende im Nürnberger Sportpalast knapp hinter der niederländischen Grenze gehalten hat – was für eine Rede. Wird jedenfalls kolportiert: Ich hab sie nicht gesehen. Ich habe längst gelernt, dass der Missbrauch von Alkohol ähnlich erfolgreich funktionierende Gehirnzellen abtötet, wie die Rede eines AfD-Mitglieds – dabei aber immerhin Rauschzustände in Aussicht stellt.

Trotzdem ist es ja interessant, dass da ein Vorsitzender der AfD alles angreift, wofür die AfD steht und was sie ausmacht – und anschließend ein trauriger, alter Kauz erklären muss, dieser – von der AfD ausgerichtete Parteitag – sei kein „AfD-Bashing-Parteitag“.

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Traurig, weil da ein Nási, ein National-Asozialer, völlig unnötig zu einer schrecklich schiefen grammatikalischen Konstruktion greift, nur um einen völlig überflüssigen Anglizismus in die Diskussion einzuführen. Traurig natürlich auch, weil die AfD sich darin einmal mehr als Opfer inszeniert, diesmal als Opfer ihrer selbst immerhin. Traurig auch, dass die AfD nicht einmal mehr mit Andersdenkenden zusammentreffen muss, um sich sofort gebasht zu fühlen. Opfer zu sein steckt ihr mittlerweile so tief in ihrer DNA, dass sie gar nicht anders kann.

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Dass in der Folge dann auch noch auf Bestreben der Mitglieder per Antrag entschieden werden sollte, dass „das spalterische Gebaren“ Meuthens zu missbilligen sei, sowie, dass dieses der Grund für das Einbrechen der Partei in der Wählergunst sei, auf diese Weise also indirekt parteischädigendes Verhalten Meuthens per Beschluss festgestellt werden sollte, scheint da fast wie eine Randnotiz – verleitet aber zu der Frage: Kann Meuthen die Partei so auf den Boden des Grundgesetzes zurückbringen („einen one-eighty hinlegen“ wie Alex Gauland sagen würde) – oder will sich da nur jemand angesichts der drohenden Beobachtung durch den Verfassungsschutz politisch absichern und seinen Absprung vorbereiten?

Die AfD gibt derzeit jedenfalls ein jämmerliches Bild ab. Und solange sie sich ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, wird das glücklicherweise auch so bleiben. Die AfD, deren wichtigstes Erfolgsrezept bisher ihr Erfolg selbst war, die mit all ihren Dammbrüchen und moralischen Bankrotterklärungen immer wieder durch kam, weil sie dennoch einen Wahlerfolg nach dem anderen feierte und immer auf diesen Erfolg zur Rechtfertigung ihrer eigenen Verkommenheit verweisen konnte, hat ihren Nimbus verloren. Sie ist in Folge nicht mehr die bourgeois-engstirnige Alternative zur von der Lügenpresse kontinuierlich als sozialdemokratisiert behaupteten Union, sondern wirkt zunehmend als ein Hort von Rechtsextremen, der selbst jenen kleinbürgerlichen Spießern widerlich ist, die sie bisher vor der Beobachtung durch den Verfassungsschutz bewahrt haben; sie ist auch nicht mehr die erfolgreiche rechte Protestpartei des intellektuellen Proletariats, die für die rechtsextreme Szene Fokuspunkt ist und Brückenschlag hinüber zu bourgeoisen Wählerschichten ist, sondern eine von Verrätern und Spaltern okkupierte Partei der Möchtegern-Merkelkoalitionäre, die dem Flügel widerlich ist.

Auch wenn man die AfD nicht abschreiben darf: Zerrissen zwischen den beiden Optionen, die AfD unter allen Umständen als zwei widerstrebende Parteien unter einem Dach zu erhalten, die ihre Wähler durch internen Streit vergrätzt, oder sie zu spalten und als zwei rivalisierende Einzelparteien unter der Fünf-Prozent-Hürde zu konsolidieren, die bundespolitisch keine Rolle mehr spielen, sah es schon einmal rosiger für sie aus. Meinung

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