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Handy (Symbolfoto) © Alexas_Fotos @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

„ChildRescue“

App soll helfen, vermisste Kinder zu finden

Jedes Jahr verschwinden in der EU 250.000 Kinder und Jugendliche - viele von ihnen sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Je schneller sie wieder aufgefunden werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie einem Verbrechen zum Opfer fallen. Eine App soll nun bei der Suche helfen.

Von Montag, 26.10.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 25.10.2020, 15:27 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Sie funktioniert ein bisschen wie die Corona-App der Bundesregierung, nämlich mit einer Warnmeldung – nur dass es um etwas komplett Anderes geht. Schlägt die App „ChildRescue“ Alarm, muss der Nutzer nicht fürchten, über einen Risikokontakt mit einem Infizierten informiert zu werden. Sie zeigt vielmehr an, dass sich in seiner Nähe ein vermisstes Kind aufhalten könnte. Es ist der erste Versuch, vermisste Kinder über ein europaweites App-Suchsystem – und mit der Beteiligung von möglichst vielen EU-Bürgern – zu finden. Nach Angaben der Betreiber kam das System bereits zehnmal zur Anwendung. „Alle Kinder wurden wohlbehalten wieder aufgefunden“, sagt Isabelle Brantl vom Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt University of Applied Sciences dem „Evangelischen Pressedienst“.

Die Zahlen, auf die Brantl sich bezieht, stammen aus Griechenland und Belgien, wo die App zuerst getestet wurde. Mittlerweile ist sie auch in Deutschland verfügbar. Die Frankfurter Hochschule ist eine von insgesamt zehn Universitäten und Nichtregierungsorganisationen aus mehreren europäischen Ländern, die an dem EU-geförderten Projekt beteiligt sind. „Jedes Jahr werden in der EU 250.000 Minderjährige als vermisst gemeldet“, sagt Brantl. „Unser Ziel ist es, die Zeit zwischen Verschwinden und Rettung effektiv zu verkürzen.“ Unbegleitete Kinder hätten ein extrem erhöhtes Risiko, Opfer eines Verbrechens zu werden – daher sei rasches Handeln wichtig. Heruntergeladen wurde die im August gestartete App nach Angaben der Frankfurter Hochschule in den ersten Wochen rund 15.000 Mal.

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Aus Angst vor Abschiebehaft

Wer sich die App auf sein Handy lädt, kann dort Fälle von vermissten Kindern einsehen und diesen folgen. Eine Registrierung ist nicht notwendig, aber möglich: Wer Namen und Wohnort hinterlässt, kann zusätzlich einen Alarm erhalten, wenn angenommen wird, dass sich eine vermisste Person in seiner Nähe aufhält. „Menschen melden sich eher, wenn sie glauben, dass ein vermisstes Kind in ihrer Nähe sein könnte“, beschreibt Brantl das Konzept. Habe ein Nutzer den Verdacht, einen vermissten Jugendlichen gefunden zu haben, solle dieser auf keinen Fall selbst angesprochen werden: „Man weiß nicht, in welcher Lage er gerade ist.“

Welche Fälle über die App gesucht werden, das entscheiden jeweils die beteiligten Projektpartner. In manchen Ländern wie Deutschland ist eine Vermisstenanzeige bei der Polizei die Grundlage. In anderen wird diese gerade nicht einbezogen, weil die jeweilige Organisation zum Beispiel fürchtet, dass ein aufgefundener Jugendlicher in Abschiebehaft kommt – wenn es sich etwa bei dem Vermissten um einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling handelt.

Viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Dass die Haltung zu den Behörden von Land zu Land so unterschiedlich ist, liegt auch daran, dass ganz unterschiedliche Organisationen die Suche organisieren. Während für Deutschland die Frankfurter Hochschule verantwortlich ist, sind es in anderen Ländern staatsferne Organisationen wie beispielsweise in Griechenland das Rote Kreuz des Landes sowie eine Nichtregierungsorganisation mit dem Namen „The Smile of the Child“.

Scrollt man in der App durch die aktuellen Suchen, fällt der relativ große Anteil an unbegleiteten minderjährige Flüchtlingen unter den Gesuchten auf. Dies überraschend allerdings auch nicht, da Kinder und Jugendliche aus dieser Gruppe relativ häufig verschwinden. Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, der an dem Projekt nicht beteiligt ist, sieht in der „ChildRescue“-App viele potenzielle Vorteile – einfach, weil nach vermissten Flüchtlingskindern viel zu selten gesucht werde. „Der Tatsache, dass ein Kind vermisst ist, wird so Rechnung getragen“, sagt Johanna Karpenstein vom Fachverband. „Viele Vermisstenanzeigen bei der Polizei laufen ins Leere.“ (epd/mig) Leitartikel Panorama

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