„NSU 2.0“
Bedrohte vermissen Ernsthaftigkeit bei Ermittlungen
Die Linken-Politikerin Mohamed Ali und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Mazyek, haben wie viele andere "NSU 2.0"-Drohmails erhalten. Sie warnen davor, die Drohungen zu unterschätzen und verlangen intensive Ermittlungen.
Montag, 27.07.2020, 5:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 26.07.2020, 15:08 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Amira Mohamed Ali, dringt auf Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu den „NSU 2.0“-Drohmails. Mohamed Ali sagte dem Deutschlandfunk in einem am Sonntag gesendeten Interview, in der Vergangenheit seien an vielen Stellen Drohungen auch Taten gefolgt. Die Linken-Politikern zählt zu den Empfängerinnen und Empfängern der Mails und sprach von einer „bedrohlichen Situation“.
Aus Sicht des Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sind die rechtsextremistischen Drohmails unbedingt ernst zu nehmen. „Wenn einer solch einen Mordaufruf gegen Menschen und ihre Familien ausspricht, dann ist er auch potenziell in der Lage, solche Terroranschläge zu vollziehen“, sagte Mazyek, der nach eigenen Angaben bereits drei solche Schreiben erhalten halt, dem Internetportal „t-online“. Angesichts dessen vermisse er auch bei den polizeilichen Ermittlungen immer noch eine entsprechende „Ernsthaftigkeit“.
Vor wenigen Tagen hatte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) im Innenausschuss des Landtags von bislang 69 Drohschreiben mit dem Absender „NSU 2.0“ an 27 Personen und Institutionen in acht Bundesländern berichtet. In mehreren Fällen wurden Daten der Bedrohten über hessische Polizeicomputer abgefragt.
Verbindung zwischen Drohmails und Polizisten
Unter den Empfängern der Drohmails sind viele Frauen, darunter die hessische Linken-Politikerin Janine Wissler und die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız. Die Anwältin hatte im Münchner NSU-Prozess Opferfamilien der rechtsterroristischen Gruppe vertreten. Auch die Journalistin Maybrit Illner und der Journalist Deniz Yücel sind bedroht worden.
Die Linken-Fraktionschefin Mohamed Ali nannte die Verbindung zwischen den Drohmails und den Sicherheitsbehörden „wirklich beängstigend“. Zugleich dürfe die Polizei nicht generell unter Verdacht gestellt werden. Niemand behaupte, dass in der Polizei durchgehend nur rechte Kräfte aktiv sind, die die Ermittlungen behindern oder gar selbst an Straftaten beteiligt sind.
400 Verfahren wegen Datenabfragen
Wie die „Welt am Sonntag“ berichtete, wurden seit 2018 bundesweit mehr als 400 Ordnungswidrigkeits-, Straf- oder Disziplinarverfahren infolge unberechtigter Datenabfragen durch Polizeibeamte eingeleitet. Offiziellen Angaben zufolge seien diese meist aus privaten Gründen erfolgt und hätten Erkundigungen der Beamten zu sich selbst, zu Freunden und Familie zum Ziel gehabt.
Wie „Der Spiegel“ unter Berufung auf nicht näher genannte hessische Polizeibeamte berichtet, gibt es offensichtlich eine Reihe von Trittbrettfahrern, die „NSU 2.0“-Drohmails versenden. Die Zahl der Drohungen sei demnach mittlerweile unüberschaubar. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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