Flüchtlingspolitik

Deutschland will Italien ein Viertel der Bootsflüchtlinge abnehmen

Frankreich, Deutschland, Italien und Malta wollen sich am 23. September auf eine vorläufige Regelung zur Flüchtlingsverteilung einigen. Innenminister Seehofer macht nun eine Zusage, die die Verhandlungen vorantreiben könnte. Pro Asyl begrüßt Vorstoß.

Montag, 16.09.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 19.09.2019, 16:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Bundesregierung will künftig jeden vierten Flüchtling aufnehmen, der nach einer Seenotrettung in Italien an Land gegangen ist. „Wenn alles bleibt wie besprochen, können wir 25 Prozent der aus Seenot geretteten Menschen übernehmen, die vor Italien auftauchen“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag) „Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern.“ Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl begrüßte die Zusage Seehofers.

Seehofer erklärte, eine ursprünglich von ihm angestrebte Regelung, wonach Flüchtlinge zunächst zu Ausschiffungsplattformen in Nordafrika gebracht werden sollten, um dort ihr Asylverfahren abzuwickeln, sei vorerst vom Tisch. „Dazu braucht es ein bis zwei Länder in Nordafrika, die das befürworten. Die gibt es nicht.“

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Frankreich, Deutschland, Italien und Malta wollen sich beim Treffen der EU-Innenminister am 23. September in Malta auf eine vorläufige Quotenregelung zur Verteilung von Flüchtlingen in Europa einigen. Im Oktober soll der Vorschlag dem Europäischen Rat vorgelegt werden. „Die Erwartung ist, dass weitere Staaten sich anschließen“, sagte Seehofer.

Pro Asyl lobt Großzügigkeit

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“, es sei gut, dass Deutschland die Bereitschaft zeige, „großzügig nach vorne zu gehen“. Jeder Gerettete sei „ein Impuls gegen die knallharte Politik, die der italienische Innenminister Matteo Salvini durchgezogen hat“. Der geplante Verteilmechanismus dürfe aber nicht nur für die aus Seenot geretteten Flüchtlinge gelten, sondern auch für die, die es in maroden Booten auf eigene Faust nach Europa geschafft hätten.

Innenminister Seehofer unterstrich, auch mit der geplanten Regelung bleibe die Zahl Geflüchteter überschaubar, die zusätzlich nach Deutschland kommen könnten. Die Bundesregierung habe auch bisher schon rund ein Viertel der Geretteten aus Italien übernommen: „An diesem Schlüssel ändert sich nichts.“

Flüchtlinge auf „Ocean Viking“ an Land

Es sei aber höchste Zeit, sich von dem „quälenden Prozedere“ zu verabschieden, bei dem in den vergangenen Jahren bei jedem einlaufenden Rettungsschiff Flüchtlinge einzeln über Europa verteilt werden mussten, erklärte Seehofer. In den vergangenen zwölf Monaten kamen laut der „Süddeutschen Zeitung“ 561 Bootsflüchtlinge über Italien nach Deutschland.

Die 82 geretteten Flüchtlinge, die seit einer Woche an Bord der „Ocean Viking“ ausgeharrt hatten, konnten am späten Samstagabend in Lampedusa an Land gehen. Italienischen Medienberichten zufolge wollen Deutschland, Frankreich und Italien je 24 der geretteten Flüchtlinge aufnehmen. Portugal habe sich bereiterklärt, acht der Geflüchteten einreisen zu lassen, Luxemburg nehme zwei Migranten auf. (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. Gerrit sagt:

    Ein lange überfälliger Schritt, der leider vielen Menschen vorher noch das Leben gekostet hat.

    Und seien wir ehrlich … erst das couragierte Verhalten von NGO’s und vielen Ehrenamtlichen hat den Druck erzeugt, der zu diesem Schritt geführt hat.

    Ich hoffe, man (also die Politik) lehnt sich jetzt nicht entspannt zurück …wir haben ja was getan… sondern geht diesen Weg weiter … staatliche Rettungsprogramme usw. usw.. Seriöse Bekämpfung der Fluchtursachen gehört auch dazu, denn anders wird sich die Flüchtlingssituation NIEMALS ändern.

  2. Peter Enders sagt:

    Seehofer tut in der Tat Gutes: er schadet der CDU/CSU, die sich ansonsten noch jeder christlichen Maßnahme verschlossen haben, namentlich der, Menschen für ihre Arbeit anständig zu bezahlen.

  3. Peter Enders sagt:

    Nein, Gerrit, dieser Beschluss wird die AfD weiter stärken.
    Neulich hieß es im Radio, inzwischen hätten ein Drittel der seit 2015 zu uns gekommenen Migranten eine Lehre aufgenommen. Das klingt gut – heißt aber auch, dass zwei Drittel das nicht getan haben. Was ist mit ihnen und was soll mit ihnen geschehen?
    Das Verschweigen dieser Frage und der tatsächlichen Kosten treibt Wähler der AfD zu, worüber sich die Verschweiger (Politik und Massenmedien) verwundert geben.
    Die SPD versucht seit 15 Jahren erfolglos, arbeitnehmerfeindliche Politik als arbeitnehmerfreundlich darzustellen. Zur Bundestagswahl 2013 erklärte die IG Metall (8 von 9 Vorstandsmitglieder mit SPD-Parteibuch), die SPD nicht mehr empfehlen zu können. (NB: Fast alle ihre sozialpolitischen Forderungen fanden sich im Wahlprogramm Der Linken wieder, weshalb sie Propagandisten durch die Betriebe geschickt haben …) Was lernt uns das?!

  4. President Obama sagt:

    Lieber Gerrit,

    Nein. Das hat im Vorfeld nicht vielen Menschen das Leben gekostet. Flüchtlinge die es bis nach Italien geschafft haben werden übernommen. Die Menschen ertrinken weiterhin und schaffen es erst gar nicht bis nach Italien.

    Manchmal ist die Zeit zu sagen: Richtig so! Und nicht noch die Moralkeule auszupacken und Maximalforderungen zu stellen. Und seien Sie mal ehrlich: Der Druck von NGOs wird unseren Innenminister wenig bewegen. Frau Merkel hat 2015 auch nicht auf den Druck von NGOs reagiert sondern aus reiner Humanität. Die Folge ist, dass sie viele dafür verurteilen. Und Menschen wie sie hauen auch noch drauf. Wo stehen wir jetzt dank dieser Hetze???

    Kein Nachfolger im Amt wird derart großzügig mehr im Umgang mit Flüchtlingen sein. Auch dank Leuten wie Ihnen!

  5. Gerrit sagt:

    @President Obama

    Sorry, aber irgendwie scheinen Sie die Realitäten nicht zu sehen …

    Wie viele Menschen ertrunken sind (die genauen Zahlen kennen wir nicht), weil staatliche Seenot-Programm wie „mare nostrum“ oder „Sophia“ eingestellt wurden, können wir nur vermuten. Aber sie ist nicht klein (einer wäre schon zuviel).

    Ich packe keine Moralkeule aus, sondern sage lediglich, daß es ein überfälliger Schritt war. Im übrigen habe ich mich, obwohl kein CDU-Wähler, bei Frau Merkel schriftlich bedankt für ihre humanitäre Geste.

    Und wenn ich, wie viele andere auch, Humanität anmahne und Sie das als „Hetze“ verstehen – dann bin ich ein Hetzer. Damit kann ich leben.

    Und wie viele andere ehrenamtliche Flüchtlingshelfer*Innen bin ich mir sehr wohl bewusst, daß wir (Europa) nicht alle Flüchtlinge dieser Welt aufnehmen können. Aber wir könnten endlich intensiver daran arbeiten, daß Fluchtursachen verschwinden, denn nur dann ändern sich die Flüchtlingsströme. Das alles im Detail zu schildern, würde hierzu weit führen. Aber lesen Sie doch mal über die Kolonialzeit, die Zeit der Entkolonialisierung (und dort gemachte Fehler) und die Ausbeutung der armen Staaten durch reiche Staaten – dann verstehen Sie es vielleicht.. Zusammenleben auf der Welt hat was mit Fairness zu tun !!!

  6. Gerrit sagt:

    @Peter Enders

    Also der Umkehrschluss in Ihrem Kommentar würde bedeuten, daß wir weiterhin „Menschen im Mittelmeer absaufen lassen“, damit die AfD nicht stärker wird. Das kann nicht Ihr Ernst sein.

    Ausbildung … viele beginnen, brechen aber ab, da sie in der Berufsschule scheitern. Sprachlich müssten andere Voraussetzungen geschaffen werden, damit sie es schaffen – es wäre auch möglich, so meine Erfahrungen. Der sogenannte Sprach- und Int.-Kurs des BAMF vermittelt nicht die „Berufssprache“. Es gibt das Instrument „EQJ“. Dadurch ist es schon um einiges besser geworden und engagierte Flüchtlinge schaffen es dann auch. Und wenn diese Azubis dann noch entsprechende Begleitung bekommen, klappt es noch besser … und es wäre gut investiertes Geld.

    Die von Ihnen genannten „zwei Drittel“ sind überwiegend als sogenannte Produktionshelfer (früher nannte man das Hilfsarbeiter) im Arbeitsleben und „Verfügungsmasse“ der Personaldienstleister zu gesetzlichen Mindestlöhnen.

    Minister Spahn fliegt dann nach Albanien oder Mexiko, um Pflegekräfte anzuwerben ??? Sinnvoller wäre es, die hier zu suchen, auch bei den hier lebenden Flüchtlingen. Denn auch die albanischen oder mexikanischen Fachkräfte müssen zumindest deutsch lernen, fehlen dann aber irgendwann in ihrem Land!!!