Polizei, Rechtsextremismus, Chmenitz, Gewalt, Ausländerfeindlichkeit
Rechte Gewalt in Chemnitz (Archivfoto)

LKA-Bericht

Ermittlungsergebnisse bestätigen Hetzjagden in Chemnitz

Gab es in Chemnitz „Hetzjagden“ auf Migranten? Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen und Sachsens Ministerpräsident Kretschmer verneinten die Frage. Jetzt belegt ein LKA-Bericht das Gegenteil: Rechtsextremisten verabredeten sich zu „Jagden“ auf Migranten.

Mittwoch, 28.08.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 02.09.2019, 17:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bei den Ausschreitungen in Chemnitz vor einem Jahr ist es offenbar zur gezielten Jagd auf Migranten und vermeintliche Migranten gekommen. Das geht aus Recherchen von „Süddeutscher Zeitung“ (SZ), WDR und NDR hervor, deren Ergebnisse am Montagabend veröffentlicht wurden. In Chats auf den Handys von Rechtsextremen aus dem Großraum Chemnitz sollen sich dem Medienbericht zufolge zahlreiche Dialoge finden, in denen sich die Rechten zu „Jagden“ verabredet hätten. Der Rechercheverbund beruft sich auf einen vertraulichen Bericht des sächsischen Landeskriminalamtes (LKA).

Am 26. August 2018 war in Chemnitz ein Deutscher nach einer Messerattacke getötet worden. Der Streit um die Frage, ob es anschließend Hetzjagden gegeben habe, wurde auf Bundesebene zur Zerreißprobe für die Koalition aus Union und SPD – und führte letztlich dazu, dass der damalige Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, seinen Posten verlor.

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Das Landeskriminalamt komme in seinem Bericht zu der Einschätzung, die Demonstrationen seien durch „eine hohe Gewaltbereitschaft gegenüber den eingesetzten Polizeibeamten, Personen mit tatsächlichem oder scheinbaren Migrationshintergrund, politischen Gegnern, sowie Journalisten“ geprägt gewesen, hieß es. Die Mehrheit der Chats stamme vom 26. und 28. August 2018. Demnach hätten rechtsextreme Demonstrationsteilnehmer selbst den Begriff „Jagd“ verwendet, Tage bevor die mediale Debatte über die Frage der Hetzjagden angestoßen wurde.

Rechtsextremisten sprechen von „Jagd“

Einer der Chatteilnehmer, der spätere mutmaßliche Rädelsführer der Gruppe „Revolution Chemnitz“, soll dem Bericht zufolge versucht haben, weitere Teilnehmer für die Demonstration zu mobilisieren. Einem Chatpartner soll er mitgeteilt haben, er wisse noch nicht, wie es weitergehe, und dass er keine Information habe, „ob noch eine Jagd ist“. In einem anderen Chat soll es heißen, man glaube nicht, dass es „irgendwo Kanacken Schlachten geben wird“. Später schreibt einer der Chatteilnehmer, er hätte eine neue Information erhalten: „Heute Nacht, definitiv, eskaliert es.“

An den darauffolgenden Tagen sollen die stadtbekannten Rechtsextremen außerdem damit angegeben haben, dass sie tatsächlich erfolgreich Jagd auf vermeintliche Migranten gemacht hätten. So soll ein Teilnehmer in einem Chat gegenüber einem Bekannten damit angegeben haben, dass es ihm gut gehe, aber dem „neu Zugewanderten“ nicht, den er „erwischt“ habe.

Maaßen und Kretschmer

Hans-Georg Maaßen, informiert über den Inhalt der Recherchen, kommt in einem Interview zu keiner eindeutigen Beurteilung. Es sei zwar von Jagd gesprochen worden, „aber ich weiß nicht, ob eine Person einer anderen Person oder einzeln anderen Personen nur nachgestellt hatte. Insoweit wäre es für mich nicht diese Hetzjagd“, so Maaßen am Rande einer Veranstaltung im sächsischen Plauen. Hetzjagden sieht er nach wie vor nicht belegt. Er räumt aber ein, dass er vor einer Einschätzung seine Fachabteilung und Polizeibehörden konsultiert hätte, wären ihm diese Chats bekannt gewesen.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte nach den Ausschreitungen in Chemnitz in einer Regierungserklärung im Landtag erklärt, dass es „keinen Mob und keine Hetzjagd“ gegeben habe. Er wollte sich auf Anfrage nicht zum Inhalt der Chats und seiner heutigen Sicht auf die Hetzjagddebatte äußern. In seiner allgemein gehaltenen Antwort heißt es, Hass auf politisch Andersdenkende hätten keinen Platz in unserer Gesellschaft. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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