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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) © MiG

Bamf-Präsidenten in der Kritik

Falsche Zahlen und unpassende Vergleiche statt Fachlichkeit

Kommt jährlich eine Großstadt an Geflüchteten nach Deutschland und haben die meisten gar keinen Asylgrund? Bamf-Chef Sommer behauptete das in einem Interview. Jetzt widersprechen ihm Zahlen aus seinem eigenen Amt. Jelpke wirft ihm Stimmungsmache vor.

Freitag, 29.03.2019, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02.04.2019, 17:55 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, hält die Zahl der Asylanträge in Deutschland für zu hoch. In einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ sprach er von einer „Großstadt, die jährlich zu uns kommt“. Er nannte dabei die Zahl von 162.000 Asylanträgen.

Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage hervorgeht, ist die von Sommer genannte Zahl allerdings zu hoch. Dem jetzt vorliegenden Papier zufolge handelt es sich bei rund 50.000 der offiziell registrierten Asylsuchenden um in Deutschland geborene Kinder von Asylsuchenden oder um legal nachgezogene Familienangehörige von bereits anerkannten Geflüchteten. Es handelt sich also um Menschen, die bereits persönliche und soziale Bindungen in Deutschland haben.

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„Der von Sommer bemühte Vergleich ist also vollkommen unpassend“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Ulla Jelpke Sommers Zahl. Es sei zudem „nicht akzeptabel“, wenn der Bamf-Chef einen „falschen Zusammenhang“ zwischen Anerkennungsquoten und dem Anteil von Schutzsuchenden ohne Ausweispapiere herstelle. Dass Verfolgte aus bestimmten Regionen häufig keine Pässe vorlegen können, liege meist am Zustand des Dokumentenwesens der Herkunftsländer oder an den spezifischen Bedingungen der Flucht.

„Wider besseres Wissen“

„Flüchtlinge aus Somalia können beispielsweise regelmäßig keine Papiere vorlegen, dennoch werden sie zu 94,1 Prozent vom Bamf als schutzbedürftig anerkannt. Asylsuchende aus Albanien hingegen werden fast nie anerkannt, legen aber überdurchschnittlich häufig Ausweispapiere vor, nämlich zu 58 Prozent“, so Jelpke. Sommer kenne diese Zahlen – und konstruiere „wider besseres Wissen“ einen Zusammenhang, mit dem Schutzsuchende, die aus unterschiedlichen Gründen keine Papiere vorweisen können, pauschal verdächtigt werden.

Im Interview mit der „Welt am Sonntag“ hatte der Bamf-Chef außerdem behauptet, lediglich 35 Prozent der Asylbewerber erhielten einen Schutzstatus. „Wir sehen also ganz deutlich, dass viele Menschen hierher kommen, ohne einen Asylgrund zu haben“, sagte Sommer.

Stimmung gegen Schutzsuchende

Jelpke widerspricht auch dieser Aussage. Sein eigenes Amt sehe „jedes zweite Asylgesuch nach einer inhaltlichen Prüfung als berechtigt an“, so die Linkspolitikerin. Tatsächlich lag die bereinigte Schutzquote 2018 bei 50,3 Prozent. Hinzu kommt, dass die Gerichte fast jeden dritten beklagten Bescheid des Bamf nach inhaltlicher Überprüfung zugunsten der Schutzsuchenden korrigierten, das betraf im Jahr 2018 etwa 30.000 Geflüchtete.

„Herr Sommer sollte sich schleunigst darum kümmern, dass bestehender Schutzbedarf durch sein Amt besser erkannt wird, statt öffentlich Stimmung gegen Schutzsuchende und Flüchtlingshelfer zu machen“, so Jelpke weiter. Als Leiter der Asylbehörde müsse er auf größtmögliche Unabhängigkeit, politische Zurückhaltung und Fachlichkeit bedacht sein. „Mit seinen irreführenden, falschen und politisch zugespitzten Äußerungen in einem Zeitungsinterview hat er seinem Amt einen Bärendienst erwiesen“, erklärt Jelpke. (mig) Aktuell Politik

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