Mordfall Susanna

Prozess gegen Ali B. beginnt in Wiesbaden

Der Mord an der 14-jährigen Susanna löste 2018 Trauer und Entsetzen aus. Er warf aber auch Schlaglichter auf die polizeilichen Ermittlungen und die Flüchtlingspolitik. Ab diesen Dienstag steht der mutmaßliche irakische Täter vor Gericht. Der Fall hatte die Debatte um kriminelle Einwanderer angeheizt.

Von Dieter Schneberger Dienstag, 12.03.2019, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 14.03.2019, 17:51 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Mehr als neun Monate nach dem gewaltsamen Tod von Susanna F. muss sich der 22-jährige Ali B. vor dem Landgericht Wiesbaden verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem abgelehnten Asylbewerber vor, das aus Mainz stammende jüdische Mädchen vergewaltigt und anschließend aus Angst vor Entdeckung heimtückisch ermordet zu haben. Den Mord hat Ali B. zugegeben, nicht aber die Vergewaltigung. Der Prozess beginnt am Dienstag um 9.30 Uhr. Bis Mitte Mai sind zunächst zwölf Verhandlungstage angesetzt.

Was wird Ali B. konkret vorgeworfen?

Den Ermittlungen zufolge soll der irakische Flüchtling die Schülerin in den frühen Morgenstunden des 23. Mai 2018 in der Nähe seiner Unterkunft in Wiesbaden-Erbenheim mit massiver Gewalt zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben. Nachdem Susanna geäußert habe, zur Polizei gehen zu wollen, habe er sie von hinten mehrere Minuten lang mit seinem Arm erwürgt. Anschließend habe er sie mit Hilfe einer weiteren unbekannten Person in ein Erdloch gelegt und mit Erde und Ästen bedeckt. Der Leichnam des Mädchens war am 6. Juni in der Feldgemarkung von Wiesbaden-Erbenheim aufgefunden worden.

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Wann wurde der Tatverdächtige gefasst?

Wenige Tage nach dem gewaltsamen Tod von Susanna war der Iraker mit seinen Eltern und Geschwistern in den kurdisch kontrollierten Nordirak ausgereist. Die dortigen Sicherheitsbehörden nahmen ihn jedoch fest und übergaben ihn am 9. Juni der Bundespolizei, die Ali B. anschließend zurück nach Hessen brachte. Seit 10. Juni sitzt er in Frankfurt in Untersuchungshaft.

Aus welchen Gründen wurde Kritik an der Polizeiarbeit laut?

Vorwürfe vor allem aus dem Umfeld des Opfers gab es an die Adresse der Mainzer Polizei. Sie hatte das Verschwinden von Susanna zunächst als Vermisstenfall eingestuft und erst mit Verzögerung an ihre Wiesbadener Kollegen abgegeben. Ins Visier geriet aber auch Bundespolizeichef Dieter Romann, der höchstpersönlich in den Irak gereist war, um Ali B. nach Deutschland zurückzubringen. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt stufte dies als mögliche „Freiheitsberaubung“ ein und strengte ein Ermittlungsverfahren gegen Romann an, das jedoch im Januar dieses Jahres eingestellt wurde.

Wieso wurde der Fall Susanna im Sommer 2018 zum Politikum?

Der Mordfall Susanna wurde vor allem von Rechtspopulisten benutzt, um die Debatte um kriminelle Flüchtlinge anzuheizen. Er reihte sich ein in eine Reihe mit ähnlichen Verbrechen in Freiburg, Darmstadt und im pfälzischen Kandel und warf unter anderem die Frage auf, warum abgelehnte Asylbewerber nicht zeitnah abgeschoben werden. So war zum Beispiel der Asylantrag von Ali B. bereits im Dezember 2016 abgelehnt worden. Zur mutmaßlichen Tatzeit wartete er bereits anderthalb Jahre auf eine Entscheidung über seine Klage gegen den ablehnenden Bescheid. Daher könnte zum Prozessauftakt in Wiesbaden die Debatte um kriminelle Flüchtlinge wieder Fahrt aufnehmen.

Welche weiteren Vorwürfe gegen Ali B. stehen im Raum?

Von Dienstag an muss sich der Angeklagte vor dem Wiesbadener Landgericht auch wegen des Vorwurfs des schweren Raubes, der Körperverletzung und Nötigung verantworten. Dabei geht es um einen Überfall auf einen Mann im Wiesbadener Kurpark im April 2018. Wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens muss sich Ali B. ab 19. März in einem gesonderten Verfahren zusammen mit einem 14-jährigen Afghanen verantworten. Der Prozess findet vor der Jugendstrafkammer des Wiesbadener Landgerichts statt. (epd/mig) Aktuell

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  1. Ingo Giesen sagt:

    Ich bin meistens ganz glücklich mit dem Migmagazin.Selbst die Texte die ich seltsam kulturell und bildungsfanatisch empfinde sind zumindest interessant.Dieser Text aber in dem es um einen derart krassen Einzelfall geht finde ich nicht gut.Weil das herumreiten auf solche krassen Einzelfällen nur Wasser auf die Mühlen der Rechten ist.
    Wenn man der Meinung ist das man wegen der jornalistischen Vollständigkeit auch dieses Thema bearbeiten muß sollte der Schwerpunkt darauf liegen was das für ein krasser Einzelfall das ist.

  2. Sebaldius sagt:

    @Ingo Giesen,
    Wir alle Menschen hier auf diesem Planeten leben in einer globalen Informationsgesellschaft. Und so ist es selbstverständlich auch unser aller, und also auch Ihr eigenes gutes Recht, unter all den weltweit verfügbaren Informationsangeboten die jeweils eigene höchstpersönliche individuelle Auswahl zu treffen.

    Artikel 5 Grundgesetz garantiert nicht nur die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung, sondern darüber hinaus auch noch die Freiheit und das Recht eines jeden Bürgers, jeweils für sich selbst zu entscheiden, aus welchen Quellen er sich informieren will. Oder eben auch nicht informiert werden will. Und zwar auf jeder Ebene der Realität dieser Welt. Und wem die jeweils berichtete Realität bzw. Wirklichkeit nicht gefällt, der darf sich dann gerne nach Grundgesetz Artikel 5 in seine eigene Traumwelt zurückziehen, vielleicht nach Hollywood, oder nach Walt Disney, oder nach Grimms Märchen. Oder sich ins Bett legen und sich eine Decke über den Kopf ziehen. The coice is yours.

    Und natürlich kann auch kein sogenannter „Rechter“ daran gehindert werden, eine offensichtlich systematische Entwicklung in dieser Gesellschaft als eine Folge von scheinbar singulären unabhängigen „krassen Einzelfällen“ abzutun. Und schon gar nicht, wenn alle Gesetze der Statistik solch einer Einschätzung widersprechen. Die Glaubwürdiglkeit einer jeden Berichterstattung liegt bekanntlich immer nur im Auge des jeweiligen Lesers. Und also auch im Auge eines „Rechten“ Lesers.

    Nur ein Beispiel:
    In 2017 waren im Bereich Mord und Totschlag 112 Deutsche das Opfer einer Straftat gewesen von tatverdächtigen Zuwanderern. Dabei wurden 13 Deutsche tatsächlich vollendet getötet bzw. ermordert, und zwar von Zuwanderern.
    Im selben Jahr 2017 waren exakt NULL Zuwanderer das Opfer einer Straftat gewesen von tatverdächtigen Deutschen, und zwar in demselben Bereich Mord und Totschlag. Und NULL Zuwanderer wurden dabei tatsächlich vollendet getötet bzw. ermordert, und zwar von Deutschen.
    Quelle: Bericht des Bundeskriminalamtes,
    https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/KriminalitaetImKontextVonZuwanderung/KriminalitaetImKontextVonZuwanderung_2017.html;jsessionid=F30126C8B66F74820CD508FAA2035B71.live0602?nn=62336