"Politische Geiselnahme" beendet
Flüchtlinge der „Sea-Watch 3“ dürfen in Italien an Land
Anderthalb Wochen harrten sie auf dem Mittelmeer aus - nun ist eine Lösung für die 47 Flüchtlinge an Bord der "Sea-Watch 3" gefunden. Italien erlaubt, dass die Migranten an Land gehen.
Donnerstag, 31.01.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 03.02.2019, 16:28 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Nach einer Einigung mit sechs anderen EU-Ländern hat Italien den 47 Flüchtlingen an Bord der „Sea-Watch 3“ die Erlaubnis gegeben, an Land zu gehen. „In wenigen Stunden wird die Ausschiffung beginnen“, kündigte der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte örtlichen Medienberichten zufolge am Mittwoch an. Neben Italien haben sich auch Deutschland, Frankreich, Portugal, Rumänien, Malta und Luxemburg bereiterklärt, einen Teil der Bootsflüchtlinge aufzunehmen.
Die „Sea-Watch 3“ hatte vor eineinhalb Wochen die 47 Flüchtlinge im Mittelmeer aus Seenot gerettet. In den vergangenen Tagen hatte das Schiff vor der sizilianischen Stadt Syrakus vor Anker gelegen.
„Wir freuen uns für unsere Gäste, dass die Tortur nun zu Ende geht, aber es bleibt ein beschämender Tag für Europa“, sagte der „Sea-Watch“-Vorsitzende Johannes Bayer. „Menschenrechte sind nicht verhandelbar und über Menschen sollte nicht gefeilt werden.“
„Politische Geiselnahme“
Italien wollte das Schiff der deutschen Hilfsorganisation „Sea-Watch“ nur dann in einen Hafen lassen, wenn auch andere Länder einen Teil der Migranten aufnehmen. Nachdem verschiedene Staaten Aufnahmebereitschaft signalisiert hatten, erklärte der stellvertretende italienische Regierungschef Matteo Salvini: „Das war unser Ziel, das bedeutet, dass unsere Linie sich auszahlt.“
„Sea-Watch“-Vorstand Bayer sprach von einer „politischen Geiselnahme„. „Die EU gibt vor, gegen Menschenhandel zu sein, aber was ist es anderes als Menschenhandel, wenn jedes mal wochenlang über ein paar Dutzend Schutzsuchende gefeilt wird“, sagte er. Organisatorische Fragen müssten an Land geklärt werden, wenn die Menschen in Sicherheit seien. „Die Gewährung von Grundrechten darf nicht vom Pass abhängen.“
Italienischer Innenminister in der Kritik
Der maltesische Premierminister Joseph Muscat kritisierte den italienischen Innenminister Salvini. Bei einem Besuch auf Sardinien sagte Muscat, die „harte Linie ist kontraproduktiv“. Bei der Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtlingen handele es sich um eine auf dem Völkerrecht basierende Verantwortung, „zu der man nicht sagen kann, ich will nicht“.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte die Aufnahmebereitschaft Deutschlands. Man wolle im Rahmen der gemeinsamen Verantwortung einen solidarischen Beitrag leisten.
EU-Gericht verurteilt Italien
Am Dienstagabend hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Italien angeordnet, die Migranten mit dem Nötigsten zu versorgen. In der Entscheidung hieß es, Italien müsse so schnell wie möglich Lebensmittel, Wasser und medizinische Unterstützung für die Menschen an Bord des Schiffes zur Verfügung stellen. Italien sei nicht verpflichtet, die Menschen an Land gehen zu lassen, hieß es in der Entscheidung weiter. Den 15 unbegleiteten Minderjährigen müsse allerdings Rechtsberatung zugestanden werden. Zudem solle die italienische Regierung den Gerichtshof regelmäßig über den Zustand der Menschen an Bord informieren.
Das Mittelmeer gilt als gefährlichste Seeroute für Flüchtlinge weltweit. Im vergangenen Jahr ertranken dort nach UN-Angaben 2.275 Flüchtlinge und Migranten. (epd/mig) Aktuell Politik
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