Thüringen

Vater während der Geburt aus Kreißsaal abgeschoben

Dieser Fall macht sprachlos. Samuel wird direkt aus dem Krankenhaus abgeholt für eine nächtliche Abschiebung. Seine Frau liegt derweil im Kreißsaal in Geburtswehen. Eine Stellungnahme will weder das Thüringer Innen- noch das Justizministerium abgeben.

Von Ekrem Şenol Dienstag, 23.10.2018, 14:45 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.10.2018, 16:09 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Es ist der 10. Oktober 2018. Acht uniformierte Polizisten und Mitarbeiter der Ausländerbehörde machen sich auf den Weg für eine nächtliche Abschiebung. Sie suchen Samuel (Name geändert) in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge auf, treffen ihn dort jedoch nicht an.

Samuel ist im Thüringer Krankenhaus Saalfeld. Seine Frau liegt mit Geburtswehen im Kreißsaal. Gegen 2 Uhr treffen die Beamten dort ein und nehmen Samuel „unter demütigenden Umständen“ mit, wie der Flüchtlingsrat Thüringen beschreibt. Er soll zum Frankfurter Flughafen gebracht und von dort aus nach Italien abgeschoben werden.

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Offenbar ist es kein Einzelfall, dass Menschen aus dem Krankenhaus abgeschoben werden. Der Menschenrechtsbeauftragte der Thüringer Landesärztekammer, Helmut Krause, kritisiert diese Praxis: „Der gesundheitliche und medizinische Raum des Krankenhauses ist eine Grenze für den Vollzug von Abschiebungen. Es bleibt unverständlich, warum diese Grenze ein zweites Mal in diesem Jahr in Thüringen nicht respektiert wurde. Wir erwarten, dass der Schutzraum Krankenhaus und die menschenrechtlichen Aspekte in solchen Situationen gewahrt werden.“

Ministerien weisen Verantwortung ab

Das Thüringer Innenministerium wollte den Vorfall dem MiGAZIN gegenüber weder bestätigen noch dementieren, „aus Zuständigkeitsgründen“, wie ein Sprecher mitteilte. In Thüringen sei das Ministerium für Migration und Justiz für Abschiebemaßnahmen zuständig. Auf Anfrage beim Justizministerium teilte ein Sprecher dem MiGAZIN wiederum mit, das Innenministerium sei zuständig. An dem Einsatz seien Polizeibeamte und Mitarbeiter der Ausländerbehörde beteiligt gewesen, die dem Innenministerium unterstehen. Schriftliche Anfragen an die Ministerien blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Dass der Fall von Samuel noch eine gute Wendung nimmt, ist dem couragierten Einsatz der diensthabenden Hebammen, Gabriele Hampe und Gabriele Scholz, zu verdanken. Durch ihre Anrufe und Proteste wird die nächtliche Abschiebung in letzter Minute noch gestoppt. Samuel darf wieder zu seiner jungen Familie fahren.

„Das schockiert mich“

„Dass so etwas in Thüringen und in unserem Landkreis möglich ist, schockiert mich. Den Behörden war bekannt, dass das junge traditionell verheiratete Paar ein gemeinsames Baby erwartet und es lag sogar eine vorgeburtliche Vaterschaftsanerkennung vor. Unser Dank gilt allen, die dazu beigetragen haben, dass die Abschiebung in letzter Minute gestoppt wurde“, so Gertraud Jermutus von der Caritas Sozialberatung in Saalfeld.

„Die unsäglichen Debatten über höhere Abschiebezahlen und vermeintliche ‚Vollzugsdefizite‘ schaffen den Raum für ein derartiges behördliches Vorgehen. Damit muss jetzt Schluss sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Ausländerbehörden müssen den grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie und menschenrechtliche Standards wahren. Wir fordern sowohl das BAMF als auch die zuständigen Thüringer Ministerien auf, unverzüglich sicherzustellen, dass sich derartiges keinesfalls wiederholt“ so Ellen Könneker vom Flüchtlingsrat Thüringen e.V. (mig) Leitartikel Panorama

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  1. Elsie sagt:

    „Traditionell“ verheiratet?
    Es ist davon auszugehen, daß dieses der Grund für die Maßnahme war.
    Als hier geborener Vater ohne Trauschein, würde ebenfalls die Polizei eingreifen, sollten entsprechende Gründe r Gründe vorliegen.

  2. Langsam verliert man den Verstand und ich denke auch fragen zu dürfen, ob diese Behörden nun wirklich langsam ‚durchgeknallt‘ sind?
    Wenn es darum geht, Menschen anderer Herkunft abgrundtief zu demütigen, ist man doch hierzulande schnell dabei.

    Ich erlebte es kürzlich selbst, dass nach fast 19 Jahre Ehe mit einem Ghanaer drei Zivilbeamte der Polizei bei mir aufgetaucht ist, um die Rechtsmäßigkeit seines Aufenthalts zu überprüfen,- dies obwohl alles im Melderegister überprüfbar gewesen wäre und nichts zu beanstanden war!

  3. Friedl sagt:

    Naja, das ist wieder so ein dramatisch links formulierter Artikel, der darstellen soll wie schlimm doch die deutschen angeblich sind und wie hier Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

    Natürlich ist dieser Einzelfall für die einzelne Person tragisch.

    Dennoch bleibt es dabei, dass unser Rechtssystem und unsere Gesetze die Hoheit behalten müssen.

    Liegt ein Abschiebebescheid vor, dann muss er auch vollstreckt werden.

    Alles andere ist rechtswidrig.

  4. Egon Griebel sagt:

    Die brauchen sich nicht Wundern , das es mit ihren Parteien abwärts geht

  5. Ilona sagt:

    Verstehe nicht warum sie so schockiert sind.. Wenn es richtige Gründe gab ist es toll dass die Behörden endlich „eingreifen“ und ihren Job machen! Die „Empörung“ ist mir echt schleierhaft…
    Soll es heißen wenn es ein deutsche Gesetzbrecher (egal in welches Form) wäre der seiner Frau bei der Geburt assistiert dürfte auch nicht in Gewahrsam genommen werden?
    Verstehe Ihre Logik überhaupt nicht…

  6. Sonja Raab sagt:

    menschlichkeit it etwas, das manchen wohl verloren gegangen ist. leider gibt es dafür kein gesetz.

  7. Mimi sagt:

    Wie kann man über so ein quatsch Artikel schreiben…?
    Wenn sich ein deutscher , Flüchtling oder wie auch immer wer was zu schulden kommen lassen hat, oder was rechtswidriges gemacht hat, gehört er abgeschoben und zwar entweder ins Knast oder in sein Land. Egal ob er „gerade“ Vater wird oder nicht. Wir leben nicht in Bananenrepublik. Endlich machen die Behörden ihre Arbeit!

  8. @ Elsie
    Das war doch wohl voll ‚daneben‘
    Diesen unmenschlichen und daher auch skandalösen Vorgang zu rechtfertigen, ist schon entlarvend.
    Gott sei Dank und sehr lobenswert, dass Thüringer Flüchtlingshelfer_innen das allerschlimmste noch verhindert haben!

  9. Falk Zenker sagt:

    Das ist traurig und unmenschlich und es ist gut dass Sie den Vorfall öffentlich machen, ABER warum steht nicht in der Überschrift (oder wenigstens Einleitung), dass die Abschiebung verhindert werden konnte!? Im Netzt ist eine riesige Empörungswelle (mit viel Wut) entstanden, weil die meißten der Meinung sind, dass tatsächlich abgeschoben wurde, weil sie diese Fährte in ihrem Artikel so gelegt haben und erst ganz am Ende zu lesen ist: „Unser Dank gilt allen, die dazu beigetragen haben, dass die Abschiebung in letzter Minute gestoppt wurde“, so Gertraud Jermutus von der Caritas Sozialberatung in Saalfeld.“!?
    Die Form und Aufmachung des Artikels finde ich verantwortungslos und eigentlich eine Praktik, die wir den Rechten und Populisten mit recht vorwerfen und deshalb NIAMALS selber anwenden dürfen … es sei denn, Sie möchten Wut und Unfrieden auslösen und freuen sich über die hohen Klickzahlen wegen der ungeheuerlichen Überschrift!?

  10. Claudia sagt:

    @Elsie
    Sehr interessantes Rechtsverständnis. Wo genau ist diese Handhabe gesetzlich verankert? Vielleicht geben Sie etwas Nachhilfe. Denn mir ist absolut unklar, wie man mit voller Überzeugung so etwas von sich geben kann, ohne das dann zu belegen.