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Herr Seehofer!

Gehört Greenpeace eigentlich auch nicht zu Deutschland?

Dem neuen Heimat- und Innenminister Horst Seehofer zufolge gehört der Islam nicht zu Deutschland. Diese Aussage verwundert zwar nicht, ist aber trotzdem verantwortungslos. Der Heimatminister sollte sich verantwortlich fühlen, auch Muslimen eine Heimat zu bieten. Von Roman Lietz

Von Freitag, 16.03.2018, 14:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 19.03.2018, 16:52 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Da ist er wieder, der Satz, der sich anfühlt wie der bittere Geschmack übersäuerten Sauerkrauts: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Strategisch vom neuen Bundesminister für Inneres, Bau und Heimat, Horst Seehofer, gleich am ersten Tag seines Amtsantritts geäußert. Er schiebt noch nach, dass Deutschland durch das Christentum geprägt sei, dazu gehörten „kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten“. Was war noch mal Pfingsten? Ach, egal

Die Äußerung von Horst Seehofer verwundert nicht, schließlich ist er bekannt für Positionen der Abschottung gegenüber Zuwanderung (Stichwort: „letzte Patrone“). Auch sein bemerkenswerter Umgang mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban („muslimische Invasoren“) ließ schon vorab befürchten, dass er sich als Innenminister den Muslimen in Deutschland vielleicht etwas weniger verpflichtet fühlt.

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Mit dieser Logik punktet Horst Seehofer natürlich im rechten Spektrum der Gesellschaft, wo populistische Parolen ebenso gut ankommen wie das Piesacken der Kanzlerin, nach deren Auffassung der Islam durchaus zu Deutschland gehört. Aber hält Seehofers Position auch einer Logik jenseits der Stammtische stand? Um es kurz zu machen: Nein. Nicht, wenn man einen zeitgemäßen erweiterten Kulturbegriff zugrunde legt. Dieser sieht, im Gegensatz zu einem engen Kulturbegriff, die Individuen in ihren Lebenswelten. Man ist nicht ausschließlich „Deutscher“, sondern gleichzeitig sowohl Deutscher als auch „Bayer“, „Hip-Hopper“, „Fußballfan“, „Feuerwehrmann / -frau“, „Umweltschützer“, „Jude“, „Christ“, „Atheist“ oder „Moslem“. Sogar Horst Seehofer kann sich mit diesem Kulturbegriff arrangieren, wenn er zumindest anerkennt, dass „bei uns lebende Muslime selbstverständlich zu Deutschland gehören.“

Herr Seehofer trennt die Ideologie (a.k.a. Religion) „Islam“ quasi chirurgisch von „den Muslimen“. Ist das überhaupt möglich? Können die schätzungsweise 2.750 Moscheegemeinden zu Deutschland gehören, nicht aber der Glaube, auf den sie sich berufen?

Ein einfaches Beispiel, bei dem diese Logik aufgeht: Mein Kollege ist Italiener und fanatischer (nahezu ideologischer) Anhänger von Juventus Turin. Damit gehören Italiener zu Deutschland ebenso wie Fans von Juventus Turin, nicht aber Italien oder der Verein Juventus Turin. Das lässt sich einfach geografisch und juristisch abgrenzen, immerhin ist Juventus Turin ja nicht in Deutschland registriert (im Gegensatz übrigens zum Juventus-Turin-Fanclub-NRW). Wie ist es aber bei Ideologien, umso mehr Ideologien, die sich auch in organisierter Form etabliert haben?

Ein anderes Beispiel: Mein Nachbar ist Umweltaktivist bei Greenpeace und Jude. Selbstverständlich gehört der Umweltschutz ebenso zu Deutschland, wie die aus dem Ausland (Kanada) importierte Organisation Greenpeace. Und leugnet Herr Seehofer etwa auch, dass das „Judentum“ zu Deutschland gehört? Stichwort: Ostern, Pfingsten, Weihnachten?

Natürlich ist es erlaubt, dass man sich von der Lebenswelt „Islam“ nicht angesprochen fühlt (genauso wie von „Bayern“, „der Feuerwehr“, „Juventus Turin“ oder „Greenpeace“). Dem Islam in Deutschland aber seine Daseinsberechtigung abzusprechen bewegt sich außerhalb der Verfassung und außerhalb der (humanistischen!) Werte, auf denen unsere Gesellschaft fußt.

Hierzulande leben selbstverständlich Muslime und hier lebt selbstverständlich auch der Islam. Die Lebenswelt Deutschland bietet ihnen allen eine Heimat. Nicht alle Menschen, die Herr Seehofer als Innenminister vertreten soll, halten „Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten“ für sinnstiftend. Rund 4,5 Millionen von ihnen respektieren Weihnachten UND feiern das Opferfest. Der Heimatminister sollte sich verantwortlich fühlen, auch ihnen eine Heimat zu bieten. Aktuell Meinung

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