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MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, bearb. MiG

Nebenan

Jamaika, rum?

Wer die letzten Tage die Nachrichten angeschaltet oder eine Zeitung gelesen hat, weiß es längst: Deutsche Politiker haben die Karibik besetzt und Jamaika in vier Besatzungszonen aufgeteilt.

Von Dienstag, 24.10.2017, 6:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 06.11.2017, 12:42 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Bevor also die Konkurrenz sämtliche Kinkerlitzchen über Jamaika für billige Schlagzeilen und pseudowitzige Reportagen verballert hat, hier ein schnell paar Fun Facts about Jamaica.

1. Bekannt geworden ist Jamaika unter anderem für vier Schwarze, die für ihre sympathische Unfähigkeit berühmt wurden. Verfilmt wurde die Geschichte von Angela Merkel, Thomas de Maiziere, Wolfgang Schäuble und Ursula von der Leyen unter dem Titel „Cool Runnings“.

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2. Piraten, die ihr Piratendasein aufgegeben haben, findet man inzwischen zuhauf bei Jamaika.

3. Jamaika war die erste karibische Nation, die eine eigene Website betrieb. 1994 war das tatsächlich noch Neuland.

4. Jamaika ist die Heimat hunderter zarter Pflänzchen, die nur hier überleben können.

5. In Jamaika ist Finanzvoodoo wie Steuererleichterungen für Besserverdienende und die Insolvenz für ganze Volksgemeinschaften noch immer weit verbreitet.

6. Bekannt ist Jamaika auch für den echten Jamaika-Rum: Angesichts der Vorstellung, von CDU, CSU, FDP und Grünen regiert zu werden, hoffen mindestens 40%, die Legislaturperiode sei möglichst schon wieder rum.

7. Jamaika war der erste kommerzielle Produzent von Bananen in der westlichen Hemisphäre. Die Banane wiederum ist das Symbol der kleinsten beteiligten Partei: Heute grün, morgen gelb und übermorgen schwarz.

8. Jamaika hat die meisten Kirchen pro Quadratmeter auf der Welt. Nur deswegen stimmte die CSU dem Namen „Jamaika-Koalition“ zu, obwohl die Fahne des Landes gar kein blau enthält.

So. Nun, da wir das hinter uns gebracht haben, können wir uns ernsthafteren Themen widmen: Irakische Soldaten sind in Krikuk einmarschiert und in Katalonien wurden in einem francistischen Staatsstreich von oben die demokratisch gewählte Regierung abgesetzt, sowie die Kontrolle über die regionalen Streitkräfte übernommen. Die zunehmende Gewalt, mit der Regierungen in der Türkei, in Russland, in China, Deutschland oder den USA gegen ihre eigene Bevölkerung vorgehen, sprechen eine eindeutige Sprache über die Zeit in der wir leben: die letzte Phase des Kapitalismus, der nur florierte, solange er sich parasitär der billigen Arbeitskräfte des Sozialismus bedienen konnte.

Demokratie und Kapitalismus standen und stehen in ständigem Widerspruch zueinander: Was viele noch immer nicht verstehen wollen, manifestiert sich schlussendlich auch in den angesprochenen Autonomiebewegungen. Den regionalen Reichtum wollen die einen für sich behalten und nicht teilen, sprechen deshalb von Souveränität, die anderen wollen auf die Teilhabe daran nicht verzichten und bekämpfen die Autonomiebestrebungen. Beim Geld hört die Freundschaft eben auf.

Der aufstrebende Nationalismus an sich ist damit aber nicht mehr als ein Symptom für die härter werdenden Verteilungskräfte in einem wirtschaftlichen System, dass sein Wohlstandsversprechen nicht mehr einlösen kann. Der Konflikt in Katalonien, diese unheilige Allianz aus völkischem Nationalismus und knallhartem Kapitalismus wird sich damit so schnell nicht entspannen. Und auch dem weiteren Aufstieg der AfD steht damit in Jamaika nichts im Wege. Aktuell Meinung

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