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Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)

Erinnerung an Flucht und Vertreibung

De Maizière: Es ist ein Unterschied, ob jemand von Ostpreußen kommt oder aus Kabul

Zum dritten Mal hat die Bundesregierung am Weltflüchtlingstag ein eigenes Gedenken für die Opfer von Flucht und Vertreibung veranstaltet. Hauptredner war der rumänische Präsident, der Europa zu mehr Verantwortung für Menschen in Not aufforderte.

Von Corinna Buschow Mittwoch, 21.06.2017, 4:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 22.06.2017, 1:34 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Bild von dem aus dem Kinderwagen geworfenen Baby vergisst sie ein Leben lang nicht, sagt Edith Kiesewetter-Giese, nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben aus der Heimat im heutigen Tschechien. „In unserem Leben gibt es viele Erlebnisse, die wir nicht vergessen können“, sagt Ghifar Taher Agha, 2014 vor dem Krieg in Syrien geflohen.

Zwischen den Erlebnissen der Seniorin und dem 2015 in Deutschland angekommenen Familienvater liegen 70 Jahre. Ihre Heimat ist unterschiedlich, und es sind unterschiedliche Kriege, die ihre Flucht erzwangen. Und dennoch: Im Unrechtsgehalt und den Traumaerfahrungen ließe sich beides vergleichen, sagte der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Bernd Fabritius, am Dienstag bei der Gedenkstunde für Opfer von Flucht und Vertreibung in Berlin.

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Erinnerung an Flucht und Vertreibung

Zum dritten Mal hat die Bundesregierung ein solches Gedenken im Deutschen Historischen Museum ausgerichtet. Seit 2015 begeht Deutschland am 21. Juni, dem Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen, diesen Tag zur Erinnerung an Flucht und Vertreibung. Im Zentrum dieser Veranstaltung stehen vor allem die nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Deutschen. Jahrzehntelang war die Erinnerung an diese Gruppe überlagert von revisionistischen Tönen, die ein würdiges Erinnern unmöglich machten. Die Erinnerungskultur scheint inzwischen einen Schritt weiter. Der Schmerz dürfe sich nicht wandeln in Rache und Hass, sondern in Versöhnung, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

Das nach vorne gewandte, lernende und versöhnende Erinnern wird zudem befördert durch die aktuelle Weltlage mit ihren Millionen Flüchtlingen. Rumäniens Präsident Klaus Johannis sagte in seiner Hauptrede zur Gedenkstunde, die Migration stelle die internationale Gemeinschaft vor Herausforderungen, die nur gemeistert werden könnten, „wenn wir zeigen, dass wir aus unserer Geschichte gelernt haben“.

Die Werte Europas

Der Politiker, der der deutschen Minderheit der im Kommunismus verfolgten Siebenbürger Sachsen angehört, appellierte an die Werte und das Gewissen Europas. „Als Europäer dürfen wir nicht vergessen, dass das, was uns in Europa zusammengebracht hat, die Werte sind, die einige heute in Frage stellen“, ergänzte er und verwies auf Vielfalt, Toleranz und Inklusion. Aufgabe der Europäer sei es, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit hochzuhalten.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in einem Grußwort, die Erinnerung an das Schicksal der Vertriebenen verpflichte auch dazu, sich heute gegen Krieg und Vertreibung einzusetzen. Der CDU-Politiker hatte vor der Gedenkstunde Zeitzeugen – darunter Edith Kiesewetter-Giese – sowie Schüler aus Brandenburg und Polen zum Austausch eingeladen. Der lebendige Austausch mit Zeitzeugen sei der beste Weg der Erinnerung, sagte de Maizière. Sie könnten „didaktische Brücken“ in die Gegenwart und die junge Generation hinein schlagen.

De Maizière: Unterschied zwischen Ostpreußen und Kabul

Bei aller Verrgleichbarkeit der Schicksale damals und heute betont de Maizière aber auch die Unterschiede zwischen den Vertriebenen und den Flüchtlingen heute. Auch bei den „handfesten Problemen“, die die Vertriebenen nach 1945 erlebt hätten, seien es Menschen aus dem gleichen Kulturkreis gewesen. „Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich aus Ostpreußen nach Köln komme oder ob ich aus Kabul nach Hannover komme“, sagte de Maizière.

Was unterdessen gleich ist, betonte Fabritius: Menschen, die Geflohenen in ihrer Not helfen, gebe es „immer und überall“. Die Gesichter der Helfer werde er immer in seinem Herzen behalten, sagte der aus Syrien geflüchtete Ghifar Taher Agha, der ab Juli in Deutschland wieder als Arzt arbeiten kann. Er dankte den Unterstützern „für die Hoffnung, die sie spenden, für die Heimat, die sie teilen.“ (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. Catherine sagt:

    Na toll! Und wie ist es wenn die Mama aus Ostpreußen kommt und der Papa aus Kabul?

  2. Tobi sagt:

    so ein Schwätzer

    er sollte sich mal anschauen wie Kabul in den 70ern aussah bevor Russen Amerikaner und andere ihre Hand über das Land hielten

    liberal, kaum eine Frau trug Schleier, frauen durften in die schule und studieren und es gab Plattenläden mit den neuesten Sachen aus Übersee