Aydan Özoğuz

Forderung nach Anti-Terror-Demons von Muslimen ist der falsche Weg

Nach den Terroranschlägen in Manchester und London ist eine Diskussion darüber entbrannt, ob Muslime sich vom Terror distanzieren sollen. Union und Grüne sind dafür, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung dagegen. Derweil rufen zwei Muslime zu einer Demonstration auf.

Montag, 12.06.2017, 4:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.06.2017, 23:17 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Vertreter von Union und Grünen fordern ein deutliches Zeichen der Imame und Islamverbände in Deutschland gegen islamistischen Terrorismus. „Die Geistlichen müssen entschieden auftreten und klar machen, dass solche Taten nichts mit ihrer Religion zu tun haben. Da können sie sich nicht rausziehen“, sagte die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, der Zeitung Die Welt. Derweil riefen Muslime für den 17. Juni zu einem Friedensmarsch gegen islamistischen Terrorismus in Köln auf. Initiatoren der Demonstration sind die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und der muslimische Friedensaktivist Tarek Mohama.

Neben Göring-Eckardt hält auch die Integrationsbeauftragte der CDU-Bundestagsfraktion, Cemile Giousouf, ein deutliches Zeichen der muslimischen Geistlichen für notwendig. „Ich würde mir wünschen, dass Imame Arm in Arm in Europa auf die Straße gehen und so deutlich machen, dass sie den Terroristen weder ihre Religion noch ihre Kinder überlassen“, sagte Giousouf der Rhein-Zeitung.

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Hingegen wies die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), die Forderung nach mehr sichtbarem Protest zurück: „Jetzt Demonstrationen nur von Deutschlands Muslimen zu fordern, ist vielleicht gut gemeint, aber der falsche Weg. Wir müssen gemeinsam gegen Terror und für Zusammenhalt einstehen und dürfen doch gerade nicht anhand von Religionszugehörigkeiten einteilen und spalten“, sagte die Staatsministerin der Rhein-Zeitung. Deutschlands Muslime hätten außerdem „immer wieder eindeutige Zeichen gegen Terror und Gewalt im Namen ihrer Religion gesetzt“.

Der Konzertveranstalter Marek Lieberberg hatte nach der Unterbrechung des Festivals „Rock am Ring“ wegen einer Terrorwarnung vor dem Pfingstwochenende gefordert, dass Muslime gegen den Terror demonstrieren.

Die muslimischen Organisatoren der geplanten Demonstration in Köln betonten, dass der Widerstand gegen die Terroristen vor allem die Muslime in die Pflicht nehme. „Es ist unser Glaube, der hier missbraucht wird, der hier beschmutzt, beleidigt und bis zur Unkenntlichkeit entstellt wird.“ Es gebe keine inhaltliche, geistige oder emotionale Nähe der Muslime zu IS-Terroristen oder zu Kämpfern von Al-Kaida, hieß es. Dennoch sei der Protest nötig, um zu zeigen, dass man sich von den Gewalttätern und ihren Taten nicht vereinnahmen lassen wolle.

Die Grünen-Spitzenkandidatin Göring-Eckardt betonte, die übergroße Mehrheit der Muslime bete zu „einem Gott des Friedens“. Die Oppositionspolitikerin forderte zugleich, die ganze Gesellschaft müsse sich stärker darum kümmern, eine Radikalisierung muslimischer Jugendlicher zu verhindern. „Das ist keine Frage, die Muslime allein unter sich zu klären hätten“, unterstrich Göring-Eckardt. (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. karakal sagt:

    Solche Demonstrationen machen nur einen Sinn, wenn gerechterweise neben dem „islamistischen“ Terror gleichzeitig (und nicht weniger) auch gegen den (u. a. auch durch die BRD ermöglichten) US-Drohnen-Terror, die unterschiedslose Bombardierung von feindlichen Kämpfern und deren zivilen menschlichen Geiseln und Schutzschilden durch die Anti-IS-Koalition, die menschenrechtswidrigen Handlungen der schi´itischen Milizen usw. protestiert wird. Andernfalls machen sich die Muslime zu Hampelmännern der westlichen Politik und zeigen, daß sie sich von dieser vereinnehmen lassen.

  2. karakal sagt:

    Die meisten muslimischen Organisationen haben sich bereits vor einiger Zeit grundsätzlich vom Terror distanziert. Warum fordert man von ihnen, dies nach jedem weiteren Anschlag irgendwo in der westlichen Welt (nicht in der islamischen!) erneut zu tun? Das ist erniedrigend, und diese ungeschriebene Forderung wurde vom Islamischen Zentralrat Schweiz (IZRS) bereits anläßlich der Anschläge von Paris zurückgewiesen.

  3. Pingback: Mazyek: Ammenmärchen, wir Muslime würden nicht Gesicht zeigen - MiGAZIN

  4. President Obama sagt:

    Äh, Nein. Der Islamismus überzieht Europa mit Terror im Namen des Islam. Im Namen einer Weltreligion.

    Eine einmalige Distanzierung durch die großen Organisationen reicht nicht dafür aus, um die öffentliche Wahrnehmung zu ändern.

    Es haben sich ja auch alle deutschen Organisationen vom Nationalsozialismus distanziert und es reicht den meisten nicht. Mir gefiel die Geste der Londoner Imame gut.

    Die muslimische Community will nicht mit den Terroristen in einen Topf geschmissen werden. Dann darf man auch verlangen, dass deutliche Signale an die Öffentlichkeit im Bundesgebiet geschickt werden. Ansonsten wirft der unreflektierte Bürger alles in einen Topf. Und das will doch Niemand.

  5. aloo masala sagt:

    Die Aufforderung, dass Muslime sich vom islamistischen Terror öffentlich distanzieren sollen ist anmaßend und dreist. Man kann sich nur von etwas distanzieren, dem man nahe steht. Die implizite Unterstellung, dass ein Muslim islamistischen Terror nahe stehen würde, zeugt von rassistischem Unsinn.

    Ganz zu schweigen von der Selbstgerechtigkeit der Typen, die mit dem tiefen Brustton der Überzeugung ihre Backen aufblasen und die Muslime zu etwas verdonnern, was sie selbst nicht machen. Hat ein Lieberberg jemals gegen die völkerrechtswidrigen Aggressionen der westlichen Koalition im Namen der Demokratie und Menschenrechte protestiert? Hat ein Lieberberg jemals gegen die illegalen Drohnenkampagnen an denen Deutschland mitbeteiligt ist protestiert? Hat ein Lieberberg sich jemals gefragt, was passieren würde, wenn eine Koalition islamischer Staaten im Namen des Islams den Westen bombardiert, ihre Freiheit am Rhein verteidigen, ganze Staaten zerschreddern, die Ziviligesellschaft zerstören, Terrorbirgaden finanzieren, um Regierungen über brutale Bürgerkriege zu stürzen?

    Diese Fragen sind recht einfach zu beantworten. Man muss sich nur anschauen, wie rechtsextreme Gewalt in Deutschland schlagartig anstieg, als paar harmlose Flüchtlinge in das Land kamen. Wie würde sich der Westen erst radikalisieren, wenn eine islamische Koalition westliche Staaten in Schutt und Asche legt?

    Die selbstgerechten Demokraten kommen nicht einmal auf die Idee, dass sie eine Politik unterstützen, die im Namen von Demokratie und Menschenrechte Verbrechen begehen und somit islamistischen Terrorismus produzieren. Das ist der große Unterschied zu der Mehrheit der Muslime, die selbst Hauptopfer islamistischen und westlichen Terrors sind und beiden ablehnend gegenüber stehen.

    Wer sich vom islamistischen Terror distanzieren möchte, sollte als erstes gegen den Terror und die illegalen Interventionen der westlichen Koalition protestieren.

  6. aloo masala sagt:

    President Obama:
    —-
    Die muslimische Community will nicht mit den Terroristen in einen Topf geschmissen werden. Dann darf man auch verlangen, dass deutliche Signale an die Öffentlichkeit im Bundesgebiet geschickt werden.
    —-

    Zwischen dem ersten und zweiten Satz klafft eine gewaltige argumentative Lücke. Welcher Geist in ihrem Kopf weht, wird in folgenden Beispiel deutlich:

    —-
    Westliche Frauen nöchten nicht mit Nutten in einem Topf geschmissen werden. Dann darf man auch verlangen, dass deutliche Signale an die Öffentlichkeit geschickt werden.
    —-

    Hinweis: nur Personen, die nicht verstehen, was verglichen wird, sehen hier eine Gleichsetzung von Nutten und Terroristen.

  7. Tobi sagt:

    das ist die übliche Überheblichkeit der Mehrheitsgesellschaft insbesondere der CDU nahen leute

    was stellen sich diese Leute vor ? Denken sie wirklich dass alle Muslime gleich aussehen, in den gleichen Communities zu finden sind und alle nachts sich irgendwo in einer Halle treffen um aus dem Koran zu lesen ?

    wie dumm

    Bei solchen Forderungen wird den menschen das Individuelle genommen und sie werden rassistisch subsummiert als eine homogene Gruppe

    DIE MUSLIME

  8. President Obama sagt:

    Wenn ich den Kommentar von Aloo richtig verstehe, ist der Westen Schuld daran, dass Terroristen im Namen des Islams Menschen töten.

    Für mich persönlich hört sich das nach einer Legitimation dafür an, dass ein Islamischer Staat erst entstanden ist. Folge ich dieser Logik, würde der Terrorismus aufhören, sofern der böse Westen aufhört in irgendeiner Form zu intervenieren.

    Das glaube ich nicht.

    Der Liebermann muss sich auch nicht von etwaigen “ in Schutt und Asche legen von Städten im nahen Osten“ distanzieren. Denn im Namen seines Glaubens wird kein Krieg geführt. Nicht in Syrien, nicht im Irak, nicht in Mali und nicht in Somalia. Auch nicht in Tschetschenien. Selbst der Krieg im Sudan wurde nicht im Namen der Christenheit geführt.

    Jedes Wochenende finden irgendwo Demos gegen Rechts statt. Die Landeskirchen distanzieren sich vehement und bei jeder Gelegenheit von Gewalt und Terror. In unserem Parlament sind gewählte Volksvertreter, die gegen die Ausbeutung anderer Kulturen wettern.

    Mit Distanzierung kennt man sich in Deutschland aus. Findet irgendeine rechte Scheisse statt, steht immer eine Mehrheit für Freiheit und Toleranz ein. Findet ein Terroranschlag statt, erwehrt sich Ditib und Co jedweder Forderung nach Distanzierung.

    Es mag sein, dass ich unter den regelmäßigen Kommentatoren eine Mindermeinung vertrete. Aber jedwede Eigenverantwortung für islamistischen Terror von sich zu weisen und die Schuld für alles beim Westen zu suchen hat die gleiche Qualität, wie sie im Dritten Reich zu finden war: Die Juden waren alles Schuld.

  9. aloo masala sagt:

    @President Obama

    Ja, Sie verstehen mich völlig richtig, dass der Westen den islamisctischen Terrorismus mitproduziert. Sie haben mich missverstanden, wenn Sie daraus eine Legitimation für den IS ableiten.

    Demonstrieren Sie erst einmal gegen den Terror, mit denen westlichen Staaten inzwischen Hunderttausende von Zivilisten in islamischen Staaten umgebracht haben. Tun Sie erst einmal etwas gegen die verbrecherische Außenpolitik ihres Staates, ziehen Sie erst einmal ihre Container von Balken aus ihrem blinden selbstgerechten Auge, bevor Sie den Splitter aus den Augen eines Muslim ziehen wollen.

  10. Hurma sagt:

    @aloo masala

    Ich kann zum einen die Position der Muslime zwar vollkommen nach vollziehen, dass sie nicht mit den Terroristen in einen Topf geschmissen werden wollen. Andererseits muss man aber auch zur Kenntnis nehmen, dass Muslime grundsätzlich, ob liberal oder konservativ extremst sensibel auf jegliche Kritik (ob berechtigt oder nicht) reagieren und ausnahmslos und immer beleidigt sind, sobald es um ihre Religion oder deren Ausübung geht. Vorallem Konservative stellen ihre Religion vor alles und jeden, sogar vor deren eigenen Persönlichkeit. Daraus entnehme ich, dass der Islam für die Muslime und vor allem für die Konservativen unter ihnen ihr unantastbares heiligstes Heiligtum zu sein scheint.

    So, und jetzt kommen da sogenannte und selbsternannte Supermoslems und behaupten im Namen ihrer Religion Ungläubige zu töten.

    Eine krassere Beleidung und Art und Weise eine Religion in den Dreck zu ziehen geht eigentlich nicht und bei den muslimischen Vereinen, wird sich darüber weniger aufgeregt, als über Charlie Hebdo, Karikaturen oder Kopftuchverbote. Das ist schon sehr sehr seltsam und lässt viel Interspretationsraum für Rechtspopulisten (siehe auch das Attentat auf die Gruppe von Muslimen in London), dass bei den Muslimen gegen unsere Gesellschaft gearbeitet wird und was noch viel schlimmer ist: die potentiellen nächsten islamistischen Attentäter wird noch vermittelt, dass deren Aktionen von einer relativ breiten Mehrheit der Muslime scheinbar toleriert wird bzw. nicht wirklich verurteilt.

    Die Anti-Terror-Demo wäre eine Gelegenheit gewesen, mal lautstark die Meinung von Muslimen ggü. Islamisten kund zu tun und so manchem Irrlicht vielleicht mal klar zu machen, dass er dem Islam schadet anstatt ihm zu helfen. Wäre ich Islamist, ich würde mich in meinem Irrglauben durch die geringe Beteiligung an der Demo bestätigt fühlen.

    @aloo masala
    „Demonstrieren Sie erst einmal gegen den Terror, mit denen westlichen Staaten inzwischen Hunderttausende von Zivilisten in islamischen Staaten umgebracht haben. Tun Sie erst einmal etwas gegen die verbrecherische Außenpolitik ihres Staates…“

    Hören Sie bitte auf mit diesem whataboutismus. Was Sie und viele Muslime machen ist ein Limbotanz: Die Muslime müssen immer nur das tun, was die „Westler“ (Wer genau? Deutschland?) tun. Bloss nicht mehr! Und Gott sei Dank, es gibt immer eine Ausrede warum man gerade nichts machen sollte. Die Ausrede von DITIB, Herrn Kayma und Ihnen nicht an der Demonstration teilnehmen zu wollen ist so unreflektiert und fadenscheinig, dass man heulen könnte. Die Muslime sind einfach komplett unwillens und unfähig den Terroristen entgegen zu setzen, obwohl nur die Muslime selbst über genug Softpower verfügen würden. Vertrauen = 0.