Testphase in Kürze
Bundesamt will Dialekt von Flüchtlingen per Software überprüfen
Eine neue Sprachsoftware soll die Herkunft von Flüchtlingen ermitteln durch eine automatische Dialektanalyse. Ob sich die Entwicklung lohnt, bezweifeln Experten. Eine fehlerfreie Herkunftsermittlung sei praktisch unmöglich, eine brauchbare Software sehr aufwendig. Über die Kosten schweigt das Bundesamt.
Montag, 20.03.2017, 4:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.03.2017, 19:09 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Zur Feststellung der Herkunft von Asylbewerbern will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge künftig eine Software einsetzen. Sie soll Dialekte automatisch erkennen und damit die Angaben von Flüchtlingen überprüfbar machen, bestätigte das Bundesamt am Freitag einen Bericht der Die Welt. Das Projekt sei noch in einer „frühen Konzeptionsphase“. Dem Bericht zufolge soll in den nächsten zwei Wochen mit Tests begonnen werden. Mit einem routinemäßigen Einsatz des Systems sei aber nicht vor 2018 zu rechnen.
„Die Idee ist, von Asylantragstellern eine separate Sprachprobe aufzunehmen und einer automatischen Dialektanalyse zu unterziehen“, sagte Julian Detzel, Referent im Bereich Grundsatzstrategie Digitalisierung und IT-Programmmanagement des Bundesamtes, der „Welt“. Das System soll dem Bericht zufolge auf Technik zur Sprecher-Authentifizierung basieren, wie sie auch Banken und Versicherungen einsetzen. Diese Technik solle nun speziell auf Dialekte zugeschnitten werden.
Die Software solle den Entscheidern einen weiteren Indikator für die Einschätzung der Asylanträge an die Hand geben. Die Beurteilung, ob die Angaben des Asylbewerbers zu seiner Herkunft damit bestätigt sind oder eben auch nicht, „ist alleinige Aufgabe des Entscheiders“, betonte das Bundesamt. Bereits jetzt versuchen die Mitarbeiter anhand des Dialekts festzustellen, aus welchem Land oder speziell welcher Region ein Asylantragsteller kommt. Zu den Kosten der Software äußerte sich das Bundesamt nicht. Die Sprachproben sollen den Angaben zufolge außerhalb der Anhörungen aufgenommen werden, in der ein Schutzsuchender seine Situation und seine Fluchtgeschichte schildert.
„Praktisch unmöglich“ und aufwendig
Der Computerlinguist Dirk Hovy von der Universität Kopenhagen äußerte sich in der Welt zurückhaltend zu dem Vorhaben. Die Trainingsdaten, aus denen die Software die Dialekte lernt, müssten möglichst repräsentativ die Gruppe der zu untersuchenden Asylbewerber abbilden, was etwa das Alter oder die echte Herkunft angeht. Einen perfekten Datensatz zu erstellen sei praktisch unmöglich, schon weil Sprache sich dauernd verändere. Wenn man aber über eine breite Datenbasis verfüge, könne man zumindest eine verwendbare Annäherung schaffen – das sei jedoch sehr aufwendig.
Der Rechtsexperte der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Bernd Mesovic, äußerte sich ebenfalls skeptisch. Die Software könne nicht besser sein als die derzeitige Praxis von Sprachgutachten, weil sie ja immerhin auch von Menschen programmiert sein müsse, sagte Mesovic dem Evangelischen Pressedienst. An der Qualität der Sprachgutachten habe es in der Vergangenheit regelmäßig Kritik gegeben. Zudem sagte Mesovic, Spracherkennung allein könne nicht die Grundlage einer Entscheidung im Asylverfahren sein. „Die Staatsangehörigkeit kann man damit nicht erkennen“, zeigte er sich überzeugt. (epd/mig) Aktuell Panorama
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