"Gemeinsame Kraftanstrengung"
Bund und Länder beraten über Abschiebungen
In der Diskussion zwischen Bund und Ländern über Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern spricht Bundesinnenminister von einer "gemeinsamen Kraftanstrengung". Allerdings gibt es große Schwierigkeiten und rot-grün regierte Länder haben Bedenken.
Freitag, 10.02.2017, 4:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.02.2017, 11:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bund und Länder ringen darum, wie abgelehnte Asylbewerber schneller und konsequenter in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden können. Vor einem Gipfel am Donnerstagnachmittag im Kanzleramt mahnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) „eine gemeinsame Kraftanstrengung“ an. Jeder solle prüfen, welche Verantwortung er tragen könne. „Ich bin bereit, davon mehr zu übernehmen“, erklärte der Minister im ARD-Morgenmagazin.
Für das Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Regierungschefs der Länder gab es einen Beschlussvorschlag des Bundes, aus dem hervorgeht, was der Bund konkret übernehmen könnte. Laut dem Papier, das dem epd vorliegt, schlägt der Bund Bundesausreisezentren vor und will prüfen, ob und inwieweit er „Vollzugszuständigkeiten“ bei der Abschiebung übernehmen kann. Bislang ist dies allein Ländersache. Zudem will er sich an der Einrichtung eines „gemeinsamen Zentrums zur Unterstützung der Rückkehr“ in Berlin beteiligen, das unter Federführung des Bundesinnenministeriums Sammelabschiebungen koordinieren und notwendige Papiere beschaffen soll.
„Wettbewerb der Schäbigkeit“
Einige der Maßnahmen riefen vor dem Treffen vor allem bei rot-grün und rot-rot-grün regierten Ländern Kritik hervor, ebenso bei der Opposition im Bund. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter wandte sich im SWR gegen die vorgeschlagenen Ausreisezentren. Das sei der falsche Ansatz, weil Zuständigkeiten der Länder auf die Bundesebene gebracht würden. Die Länder seien besser in der Lage, die Größe der Einrichtungen zu organisieren und etwa dafür zu sorgen, dass die Kinder in die Schule gingen.
Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke warnte vor einem „Wettbewerb der Schäbigkeit in der Abschiebepolitik“: „Die geplanten Bundeskompetenzen bei Abschiebungen sollen verbliebene humanitäre Erwägung und Verhältnismäßigkeitsüberlegungen tilgen, wie sie in manchen Bundesländern zum Glück noch stattfinden“, erklärte sie in Berlin.
Städtetag für konsequentere Abschiebungen
Begrüßt wurde das Ziel konsequenterer Abschiebungen vom Deutschen Städtetag. „Die effektive Rückführung abgelehnter Asylbewerber, selbstverständlich nach Abschluss eines rechtsstaatlichen Verfahrens, ist notwendig, um die Akzeptanz der Bevölkerung für die Aufnahme derjenigen zu erhalten, die tatsächlich unseren Schutz vor Krieg und Verfolgung brauchen“, sagte Präsidentin Eva Lohse der Passauer Neuen Presse.
Nordrhein-Westfalens Staatskanzleichef Franz-Josef Lersch-Mense (SPD) drang indes auf verstärkte Anstrengungen der Bundesregierung zum Abschluss von Rückkehrabkommen. Abgelehnte Asylbewerber müssten auch tatsächlich abgeschoben werden können, gab er vor dem Treffen zu bedenken. Die Zahlen der Rückführungen in die Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko seien trotz niedriger Anerkennungsquoten gering. Dies sei einer der wesentlichen Punkte, die es zu diskutieren gelte.
Durchführung von Sammelabschiebungen unklar
Offen blieb vor dem Treffen, ob die Sammelabschiebungen nach Afghanistan, die seit Dezember stattgefunden haben und bei einer Reihe der Länder auf Widerstand stoßen, nochmals diskutiert werden. Grünen-Chefin Peter appellierte an die Bundesregierung, eine neue Sicherheitsbewertung vorzunehmen. De Maizière sagte, die Rückführungen geschähen verantwortungsvoll. Generell darauf zu verzichten, gehe nicht.
In Deutschland leben rund 150.000 Geduldete, die eigentlich ausreisepflichtig sind. 2016 haben rund 55.000 abgelehnte Asylbewerber Deutschland freiwillig verlassen. 25.000 wurden abgeschoben. (epd/mig) Aktuell Politik
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