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Muslime © Maks Karochkin @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Studie

Muslime in Deutschland ähnlich religiös wie Protestanten

Die in Deutschland lebenden Muslime sind einer neuen Integrationsstudie zufolge nicht stärker religiös als Katholiken und Protestanten im Land. Etwa jeder zweite Muslim stuft sich als "durchschnittlich religiös" ein, jeder fünfte als "schwach religiös". Laut Studie sind viele Muslime in Deutschland relativ säkular.

Montag, 19.12.2016, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:43 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die in Deutschland lebenden Muslime sind einer neuen Integrationsstudie zufolge ähnlich stark religiös wie die Protestanten im Land. Jeweils 49 Prozent stufen sich als „durchschnittlich religiös“ ein, wie aus der am Freitag in Berlin vorgestellten Untersuchung im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung hervorgeht. 22 Prozent der evangelischen Christen und 23 Prozent der Muslime bezeichnen sich als „stark religiös“, bei den Katholiken sind das immerhin fast ein Drittel (31 Prozent).

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) schließt aus den Ergebnissen, dass sich länger in Deutschland lebende Muslime der Mehrheitsgesellschaft auch im religiösen Verhalten anpassen. Man habe es also „nicht mit einem Kampf der Religionen und Kulturen zu tun“, sagte der CDU-Politiker.

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Studie: Großer Teil der Muslime relativ säkular

Als „schwach religiös“ betrachten sich jeweils 20 Prozent der Muslime und Katholiken und 28 Prozent der Protestanten. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass ein großer Teil der Muslime in Deutschland relativ säkular ist. So machte rund ein Drittel der Muslime keine Angabe dazu, zu welcher islamischen Gruppe er gehöre. Mehrheitlich gaben die Muslime unter Migranten und Ausländern an, Sunniten zu sein. Nur eine Minderheit (sieben Prozent der Migranten, drei Prozent der Ausländer) sind Schiiten.

56 Prozent der für die Studie befragten Muslime stimmten der Aussage zu, die Lehre des Islam müsse an die Bedingungen der modernen Welt angepasst werden. Altmaier wertete das als „ermutigendes Zeichen“. Er betonte, der Staat sei mit den Muslimen im Dialog beispielsweise über die Imam-Ausbildung an deutschen Universitäten. Noch würden Absolventen aber nicht in dem Maß wie erhofft eingesetzt.

Sprache mit der Zeit

Insgesamt kommt die Studie zu dem Schluss, dass Migranten und Ausländer besser integriert sind, je länger sie in Deutschland leben. Menschen, die seit mehr als 20 Jahren hier leben, sprechen zu 71 Prozent zu Hause überwiegend deutsch, bei fünfjährigem Aufenthalt sind es 33 Prozent. Fast alle Deutschen, auch die mit Migrationshintergrund, stimmen der Studie zufolge der Aussage zu, wer in Deutschland lebt, sollte auch die deutsche Sprache lernen.

Download: Die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung „Was uns prägt, was uns eint. Integration und Wahlverhalten von Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund und in Deutschland lebenden Ausländern“ steht hier kostenfei zum Download bereit.

Altmaier betonte die Bedeutung frühkindlicher Sprachförderung. Noch vor zehn Jahren sei damit zu spät begonnen worden, sagte er. Auf dieses Versäumnis führt er es zurück, dass Migranten heute noch nicht genauso häufig wie Deutsche ohne Migrationshintergrund hohe Bildungsabschlüsse erreichen.

Problematische Einstellungen

Die Studie ergibt bei Migranten und Zuwanderern teilweise aber auch problematische Einstellungen. Autorin Sabine Pokorny zufolge finden bei ihnen Verschwörungstheorien wie beispielsweise eine Verantwortung der USA für die Terroranschläge vom 11. September 2001 und homophobe Einstellungen größere Verbreitung. 23 Prozent der Migranten gaben an, sie wollten keine homosexuellen Freunde, bei den Deutschen ohne Zuwanderungsgeschichte waren es sechs Prozent.

Befragt wurden für die Studie insgesamt rund 3.000 Menschen ab 18 Jahren, davon jeweils 1.000 Deutsche ohne und mit Migrationshintergrund sowie in Deutschland lebende Ausländer. 362 der Befragten waren Muslime. Die Befragung fand Anfang 2015 und damit vor dem großen Andrang von Flüchtlingen statt. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft Studien

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  1. karakal sagt:

    Die Autorin Sabine Pokorny täte besser daran, die Zuschreibung der Verantwortung für die Anschläge von 9/11 an die USA nicht als „Verschwörungstheorie“ abzutun und die Muslime nicht daran zu messen. Derartige Dinge gehören nicht in eine solche Studie! Umgekehrt könnte man jeden, der der offiziellen Version der US-Regierung Glauben schenkt, entweder als Dummkopf oder als Heuchler einstufen.
    Die Selbsteinschätzung „schwach religiös“ oder „stark religiös“ ist zu subjektiv, als daß man daran die Ergebnisse einer Studie aufhängen sollte. Hierfür bräuchte man eine Anzahl von exakten Kriterien und Maßstäben, bei denen zudem gewisse Unterschiede der islamischen Religion zu anderen Religionen hinreichend berücksichtigt werden. Man kann nicht einfach sagen: Die Muslime sind ungefähr so religiös wie die Katholiken und die Protestanten.
    So werden z. B. muslimische Frauen befragt, ob sie häufig in die Moschee gehen oder nicht, wobei man jedoch zu einem falschen Schluß kommen muß, wenn man (irrtümlich) voraussetzt, daß häufige Moscheebesuche ein Anzeichen von größerer Religiosität seien. Das Gegenteil ist der Fall: Im Islam ist es erwünscht, daß die Frauen – im Gegensatz zu den Männern – ihre Gebete zu Hause verrichten und nicht in der Moschee. Für einen häufigen Moscheebesuch kann der Anlaß jedoch z. B. darin bestehen, daß in den Räumlichkeiten der Moschee Unterricht oder andere Aktivitäten der Moscheegemeinde abgehalten werden. Die undifferenzierte Frage nach dem Moscheebesuch kann unter den genannten Umständen daher zu irreführenden Ergebnissen führen.
    Während bei den heutigen säkularen Christen die Beleidigung und Schmähung ihnen heiliger Personen oder Dinge kaum eine Reaktion hervorruft, ist das bei den Muslimen, selbst „säkularen“, in der Regel anders. Daher ist der Vergleich mit der Religiosität von Christen auch hier unangebracht.

  2. Veronik sagt:

    Wieso kommen die Aussagen von Herrn Altmaier irgendwie immer ziemlich naiv und dümmlich vor. Das Problem liegt doch nicht bei den Gläubigen selbst, sondern bei deren auslandsfinanzierten Vereinen. Die Türkei und Saudi-Arabien wollen hier keinen integrierten Islam und schon gar keinen der sich dem Zeitgeist anpasst, bzw ist die Religion nur noch nebensachen und es geht viel mehr um Politik.