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Ditib Moschee in Köln © Jan Maximilian Gerlach @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Studie

Wo Muslime und Christen sich ähnlich sind – und wo nicht

Religion spielt laut einer Studie in Deutschland immer noch eine wichtige Rolle. Christen und Muslime haben einiges gemeinsam. Muslime sind offen, wenn es um die gesellschaftliche Akzeptanz anderer Religionen geht.

Montag, 19.10.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 18.10.2020, 18:12 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Viele der in Deutschland lebenden Muslime wollen einer Studie zufolge nicht nach strengen religiösen Regeln leben. Ein Drittel der Muslime bezeichne sich zwar als sehr religiös, allerdings lehnen 44 Prozent der Muslime eine Lebensweise nach strengen islamischen Regeln ab. Zu dem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, die am Samstag in Berlin veröffentlicht wurde.

Die Studie hat mit repräsentativen Telefon-Befragungen zwischen Oktober 2018 und Februar 2019 Gemeinsamkeiten von Christen und Muslimen in Deutschland untersucht. Knapp die Hälfte der muslimischen Befragten fastet demnach regelmäßig in der Fastenzeit. Zusätzliche 24 Prozent tun dies immerhin gelegentlich. Von den Katholiken fasten 13 Prozent regelmäßig und 21 Prozent gelegentlich. Noch deutlich seltener fasten die Protestanten mit nur drei Prozent. Neun Prozent von ihnen fasten gelegentlich.

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Der Studienautor Dominik Hirndorf erklärt die Diskrepanz zwischen der eigenen Religiosität und der kritischen Einstellung zu den islamischen Regeln bei einem großen Teil der Muslime mit soziokulturellen Faktoren. Denkbar sei, dass die Einstufung als religiöser Muslim zwar Teil der eigenen Identität sei, aber nicht direkt an die Befolgung religiöser Regeln gekoppelt sei. Außerdem könne das Ergebnis auch eine Abgrenzung von islamistischen Gruppierungen sein.

Muslime offen für Akzeptanz anderer Religionen

Muslime seien besonders offen, wenn es um die Akzeptanz anderer Religionen auf gesellschaftlicher Ebene gehe. Zum Beispiel würden 81 Prozent in eine Kirche gehen, wenn dort ein Fest stattfindet. Doch im privaten Bereich ist die Akzeptanz anderer Religionen weniger ausgeprägt. So fänden es 43 Prozent der Muslime nicht gut, wenn ein Familienmitglied zum Christentum konvertiert, 44 Prozent hätten Schwierigkeiten, wenn ein Familienmitglied zum Judentum übertreten würde.

Die Konversion eines Familienmitglieds zum Islam sähen im Vergleich 31 Prozent der Katholiken, 27 Prozent der Protestanten und 23 Prozent der Orthodoxen kritisch. Mit dem Übertritt zum Judentum hätten Christen deutlich geringere Schwierigkeiten. 26 Prozent der Orthodoxen, 20 Prozent der Katholiken und 17 Prozent der Protestanten fänden dies nicht gut.

Religion spielt eine wichtige Rolle

Orthodoxe Christen und Muslimen haben ähnlich große Schwierigkeiten mit einer interkonfessionellen Hochzeit. 36 Prozent der Muslime und 34 Prozent der Orthodoxen fänden es nicht gut, wenn die eigene Tochter einen Christen beziehungsweise einen Muslim heiraten würde. 42 Prozent der Muslime wären bei einer Hochzeit mit einem Mann jüdischen Glaubens abgeneigt, während dies nur bei 12 Prozent der Katholiken und Protestanten und 27 Prozent der Orthodoxen auf Kritik stoßen würde.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Religion in Deutschland eine wichtige Rolle spielt. Zwar machten die Konfessionslosen mittlerweile mit einem Anteil von 34 Prozent die größte gesellschaftliche Gruppe aus, doch immer noch gehöre die Hälfte der Menschen dem Christentum oder dem Islam an.

Viele Ähnlichkeiten zwischen Muslimen und Christen

Je rund ein Viertel der Menschen sind römisch-katholisch oder evangelisch. Orthodoxe Christen machen fünf Prozent aus. Sechs Prozent der in Deutschland lebenden Menschen bezeichnen sich als Muslime.

Muslime und Christen hätten viele Ähnlichkeiten. Sie glaubten an Gott und an ein Leben nach dem Tod. Zudem würden religiöse Traditionen wie die kirchliche Taufe, die Trauung und die Beerdigung nach religiösem Ritus und das Fasten mehrheitlich praktiziert. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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  1. karakal sagt:

    Es kommt auch darauf an, wie man eine Frage formuliert („auf eine dumme Frage bekommt man eine dumme Antwort“).
    Ich kann mir nicht vorstellen, daß 57 Prozent der Muslime in der Bundesrepublik Deutschland damit einverstanden sein sollten, wenn ein Familienmitglied zum Christentum konvertiert. Und was ist damit gemeint, das „nicht gut“ zu finden? Auf eine entsprechende Frage würde auch ich antworten, etwas „nicht gut“ zu finden, während ich auf eine anders formulierte Frage nach demselben Sachverhalt antworten vielleicht würde, daß ich es grundsätzlich ablehne.
    Bei religionsrechtlichen islamischen Fragen ist eine genaue Formulierung erforderlich, und ich glaube nicht, daß außenstehende Personen eine solche bringen können. Weiterhin könnte – wie vom Autor der Studie angedeutet – bei der Antwort auf diese Frage mehrheitsgesellschaftlicher Druck eine Rolle gespielt haben. Der Antwortende weiß, daß ein Wechsel vom Islam zum Christentum religionsrechtlich unzulässig ist, befürchtet jedoch, durch eine eindeutige Antwort in die extremistische Ecke gedrängt zu werden, und daß seine Verneinung durch das verbreitete Zerrbild leicht mit der Forderung nach Tötung des Apostaten in Verbindung gebracht werden könnte, auch wenn er diese nicht befürwortet, obwohl er die Handlung der Apostasie selbst nicht befürwortet.
    Was letztlich zählt, sind in solchen Fragen nicht die persönlichen Meinungen beliebig ausgewählter Personen, sondern diejenigen kompetenter Religionsgelehrter.