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Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, während seiner Rede evangelischen Kirche im bayerischen Altdorf am Reformationstag in der Laurentiuskirche.

Beifall für Mazyek

Zentralratsvorsitzender glaubt an deutsche Leitkultur

Dass ein Muslim am Reformationstag in einer evangelischen Kirche auftritt, hat für viel Wirbel gesorgt. 400 Menschen demonstrierten gegen Islamfeindlichkeit und stärkten Zentralratschef Mazyek und der Kirche den Rücken.

Von Jutta Olschewski Mittwoch, 02.11.2016, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 03.11.2016, 18:00 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Ein Auftritt des Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, in einer evangelischen Kirche im bayerischen Altdorf ist am Montagabend ohne Störungen verlaufen. Dass der Altdorfer Dekan Jörg Breu Mazyek eingeladen hatte, am Reformationstag in der Laurentiuskirche zu sprechen, hatte zuvor für viel Wirbel gesorgt. Rechtspopulisten hatten eine Versammlung unter dem Titel „Keine Islamschweinerei in Altdorf“ angemeldet. Rund 400 Menschen demonstrierten vor der Kirche gegen Islamfeindlichkeit und stärkten dem prominenten Redner den Rücken.

Als der Posaunenchor in der Kirche um 21 Uhr zum Abschluss der „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ blies, war klar: Es hatte sich kein Störer in die Kirche gewagt und auch vor den Kirchentüren war es ruhig geblieben. Zwar mühten sich auf dem Altdorfer Marktplatz „Pegida“-Sprecher vor etwa 20 Zuhörern, vor der Gefahr des Islams zu warnen. Doch vor der Kirche demonstrierten weit mehr Menschen für das Miteinander der Religionen. Das „Altdorfer Bündnis für Toleranz und Respekt“ hatte rund 400 Teilnehmer auf die Beine gebracht.

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Mazyek: Wir sind deutsche Muslime

Mazyek sprach in der vollbesetzten Kirche über die Demokratie, die stets aufs Neue erkämpft und verteidigt werden müsse gegen Rassismus, religiösen Extremismus und politischen Fundamentalismus. Nach seiner Rede applaudierten ihm die Zuhörer stehend. Mazyek unterstrich, dass Religionen und das Wissen um sie „uns nicht einengen, sondern bereichern“. Zugleich beklagte er eine strukturelle und alltägliche Diskriminierung gegenüber Muslimen. „Wir sind Deutsche, deutsche Muslime und dies nicht nur auf Bewährung“, betonte der Zentralratsvorsitzende.

Mazyek erklärt deutsche Leitkultur

Zur deutschen Leitkultur gehörten für ihn die jüdischen Dichter Heinrich Heine und Kurt Tucholsky ebenso wie der muslimische Friedenspreisträger Navid Kermani – „und von mir aus auch Halal-Würstchen und Oktoberfest“, sagte Mazyek. Er warnte vor rechtspopulistischen Parolen und warb für eine Gesellschaft, „in der man sich empört über alltägliche Ungerechtigkeit, über Elend und Menschenverachtung“.

Der Nürnberger Regionalbischof Stefan Ark Nitsche sagte, er habe sich über die Initiative des Altdorfer Dekanats, Mazyek einzuladen, gefreut. „Echter Dialog ist das Einzige, was uns voranbringt“, sagt er. „Wenn wir als Kirche nicht den Raum für einen solchen Dialog geben, haben wir unseren Auftrag verfehlt.“ Die Polizei, die mit großem Aufgebot vertreten war, fasste den Reformationstag 2016 in Altdorf so zusammen: „Die Versammlungen liefen ohne Störungen.“ (epd/mig) Aktuell Gesellschaft

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  1. karakal sagt:

    Für mich als Konvertiten ist die Kultur, die die meisten Deutschen gemeinsam haben, diejenige mit der ich aufgewachsen bin, und die ich als unveräußerliches Erbe mit mir führe, nach meiner Muslimwerdung ist sie für mich jedoch nicht mehr die mich leitende Kultur.
    Aus islamischer Sicht ist Heinrich Heine kein deutschsprachiger jüdischer Dichter, sondern ein deutscher protestantischer Dichter jüdischer Herkunft, da er zum Christentum konvertiert war. Der Islam lehnt die Bewertung der Menschen nach ihrer Rasse (auch wenn es sich nur um eine vermeintliche handelt) oder Herkunft ab. Wenn jemand vom Judentum – oder einer anderen Religion – zum Christentum oder Islam konvertiert, dann ist er nach islamischen Maßstäben nicht mehr als Jude, Hindu, Buddhist usw. anzusehen und zu bewerten, sondern als Christ oder Muslim.
    Solange diese und andere islamische Werte und Maßstäbe aufrecht erhalten bleiben, werden sich die Muslime nicht unter Mißbrauch einer deutschen „Leitkultur“ zusammen mit Christen und Juden in einen Topf werfen lassen, in dem das Deutschsein einen höheren Stellenwert besitzt als die Zugehörigkeit zur Religionsgmeinschaft. Das schließt nicht aus, mit den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften in Dialog zu treten und in Eintracht mit ihnen zusammenzuleben.

  2. Cinderella sagt:

    @karakal

    Der Islam bestimmt nicht wie wir hier in Deutschland zusammenleben, sondern deutsche Gesetze und die deutsche Kultur. Nicht der Islam macht es möglich, dass hier soviele unterschiedliche Menschen aus allen Ländern dieser Erde hier zusammenleben können, sondern deutsche Werte basierend auf dem GG und der Offenheit des deutschen Vlkes für Veränderungen…der Islam ist da nur passiver Nutzer

  3. Mike sagt:

    „Wir sind Deutsche, deutsche Muslime und dies nicht nur auf Bewährung“, betonte der Zentralratsvorsitzende.“

    Herr Mazyek scheint erfreulicherweise Ihre Sichtweise nicht zu teilen.