Nicht mehr zeitgerecht
Ärztepräsident will Deutsch-Pflicht abschaffen
Es gibt in Deutschland viele sozialversicherungspflichtige Menschen, die nicht ausreichend Deutsch sprechen. Dennoch gilt bei ärztlichen Leistungen weiterhin die Deutsch-Pflicht. Der Präsident der Bundesärztekammer hält das für nicht mehr zeitgerecht.
Montag, 23.05.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 23.05.2016, 22:22 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, fordert, die Deutsch-Pflicht bei ärztlichen Leistungen aufzuheben. Das Bundessozialgericht habe in einem „erschreckenden Urteil“ festgestellt, dass die Amtssprache der deutschen Krankenversicherung Deutsch sei, sagte Montgomery dem Hamburger Abendblatt. Deswegen bestehe nur ein Anspruch auf Leistungen in deutscher Sprache. „Ich halte das für nicht mehr zeitgerecht“, sagte der Ärztepräsident.
Es gebe in Deutschland viele sozialversicherungspflichtige Menschen, die nicht ausreichend Deutsch sprächen. Montgomery: „Wir kämpfen darum, dass man in Zukunft auch Dolmetscherservices für ausländische Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung mitberücksichtigt.“ Vorbildlich sei der Hamburger Weg, bei dem ein Dolmetscher per Video in das Sprechzimmer zugeschaltet werden kann.
Gleichfalls müssten sich Medizin und Gesellschaft „kultursensibel“ auf die Flüchtlinge einstellen, fordert der Verbandspräsident. Man könne von Flüchtlingen verlangen, dass sie sich integrierten. Dies geschehe aber nicht an dem Tag, an dem der Flüchtling in Deutschland ankomme. „Wir müssen den Menschen dafür Zeit und Hilfestellung geben“, so Montgomery.
In dieser Woche findet vom 24. bis 27. Mai in Hamburg der 119. Deutsche Ärztetag statt. Schwerpunktthema ist die Versorgung der Flüchtlinge. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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Sonst geht es noch? Wenn es um versicherungsfremde Leistungen geht, dann ist wohl so eine Forderung zweifelsfrei mit dabei. Was folgt denn im nächsten Schritt? Da dürfen sich die beglückwünschen die privat versichert sind, denn die Privatkassen werden sich wohl nicht auf so einen Irrsinn einlassen. Fazit: der gesetzlich versicherte muß wieder mal für die Faulheit einiger Vericherungsnehmer aufkommen und höhere Beiträge zahlen und die Ärzte können durch diesen Service der besonderen Art mehr verdienen.
Auch ein Lobbyist kann mal Recht haben.
Im Ernst: Das ärztliche Gespräch, dass auch bei deutschsprachigen Patienten viel zu kurz kommt, könnte sorgfältig geführt, viele teure Untersuchungen einsparen. Ebenso die Möglichkeiten der online-Kommunikation, -Diagnostik und -Datenvermittlung, die in dem konservativen Berufsfeld allzu oft noch Neuland ist.
Dass sogar Kinder im Grundschulalter für ihre Eltern medizinische Sachverhalte verdolmetschen müssen, ist nicht nur juristisch sondern auch persönlich ein unhaltbarer Zustand.
Witzig, ich hatte mal ein Gespräch mit einem jungen Arzt, der pro-deutsch Ausländer war, und vor allem ältere Türken und Araber als -kurz zusammengefasst- ‚Belastung‘ bezeichnete, weil sie kein deutsch könnten und auf Übersetzer aus der eigenen Familie angewiesen wären.. Mein Standpunkt damals entsprach, vor etwa 10 Jahren, dem des Ärztepräsidenten heute.. Nicht schlecht, Herr Specht..
@Cengiz
Es ist doch kein Problem Dolmetscher zu konsultieren. Das würde sicherlich dem Arzt und auch dem nicht Deutsch sprechenden Patienten helfen. Mir erschließt es sich allerdings nicht warum das die Allgemeinheit zahlen soll. Von mir aus kann es der Patient dann selber zahlen (Stichwort IGeL) oder der Arzt, der diesen Service anbietet aus seiner eigenen Tasche. Schließlich kann der normale Versicherte nichts dafür daß sich hier einige weigern die Amtssprache zu lernen. Von mir aus kann man auch einen Fonds gründen in den jeder Versicherte frewillig einzahlen kann, wenn er es den für sinnvoll betrachtet und daraus kann dann dieser Service finanziert werden. Würden Sie denn in so einen Fonds einzahlen?
Die Belastung der Gesundheitskassen ist schon hoch genug und die Beiträge dürfen nicht weiter steigen. Würde diese „Leistung“ aus dem aktuell zur Verfügung stehenden Budget gezahlt, müßte man an anderer Stelle sparen und wir wissen ja alle inzwischen wie es um die medizinischen Leisitungen bestellt ist.
@Volker K.
Wenn Sie von ärztlicher Abrechnung keine Ahnung haben, sollten Sie sich mit Kommentaren zurückhalten.
Volker K. sagt: 24. Mai 2016 um 07:41
…und die Ärzte können durch diesen Service der besonderen Art mehr verdienen.“
Volker K. sagt: 30. Mai 2016 um 08:36
„Mir erschließt es sich allerdings nicht warum das die Allgemeinheit zahlen soll. Von mir aus kann es der Patient dann selber zahlen (Stichwort IGeL) oder der Arzt, der diesen Service anbietet aus seiner eigenen Tasche.“
Die Einbeziehung von Dolmetschern ändert am ärztlichen Honorar bei Kassenpatienten gar nichts. Im Gegenteil, die GoÄ ermöglicht hier viel eher Honorarsteigerungen. Auch das Stichwort IGeL ist hier Blödsinn, denn das bezeichnet lediglich Individuelle Gesundheitsleistungen, was mit Dolmetscherleistungen nichts zu tun hat. Die Forderung Montgomerys ist sicherlich strittig, jedoch durchaus der ärztlichen Ethik geschuldet. Gerade z.Z. bleiben viele Notdienste von KHn auf Dolmetscherkosten sitzen, das zahlt letztendlich auch bloß die Allgemeinheit.
Liebe TaiFei, lesen Sie mal in aller Ruhe und ohne aufbrausende Emotionen meinen Beitrag, dann würden Sie nicht so im Klein-Klein rumstochern sondern den Sinn dahinter verstehen. Sind Sie eine Befürworterin der Umlage von Dolmetscherdienste auf die Allgemeinheit, oder interessiert Sie das nur nebenbei? Es ist ein Skandal daß unsere Einrichtungen auf Dolmetscherkosten sitzen bleiben, denn wie Sie zu recht behaupten zahlt es am Ende die Allgemeinheit. Da brauchen wir dringend vernünftige und gerechte Lösungen. Allerdings nicht so wie Montgomery fordert durch die Versicherten der Kassen, sondern entweder durch den jeweiligen Patienten, oder aber den Arzt der diesen Service anbietet und der dadurch natürlich mehr Geld verdient, denn schließlich macht er sich und seine Praxis attraktiver für Menschen ohne Deutschkenntnisse und kann mehr Honorare abrechnen. Dann kann er auch zahlen, oder? Das kommt dann bestimmt auch seiner ärztlichen Ethik entgegen. Ich persönliche möchte für solch eine Luxusleistung einiger Patienten keinen Cent bezahlen. Sie etwa?
Bei dem Thema geht es nun einmal nicht um die Details der ärztlichen Abrechnungen, sondern viel mehr um eine grundsätzliche Fragestellung, nämlich wer für solche Fremdleistungen (ja ja, ich weiß, jetzt kommt der Hinweis daß diese Leistungen bestimmt Versicherungsfremde Leistungen heißen. Geschenkt!) aufkommen soll. Eine Anhebung der Beiträge-, die wohl gewiss eine Konsequenz wären, schadet nicht nur der Allgemeinheit direkt, sondern hätte auch Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft, obwohl diese bei einer ernsthaften Betrachtung dann wohl eher vernachlässigbar sind. Vorrangig geht es mir darum, daß eine solche Montgomery-Lösung absolut ungerecht ist und die Versicherten belastet die hier entweder Deutsch von hause aus sprechen, oder aber sich die Mühe gemacht haben die hier gültige Amtssprache zu lernen. Ich denke die Idee mit einem Fonds ist da eine gerechte Lösung und jeder dem es wichtig ist daß Menschen ohne Deutschkenntnisse einen Dolmetscher gestellt bekommen kann dann ganz leicht in diesen Fonds einzahlen. Ich täte das nicht.
Lieber Volker,
wie von mir ausgeführt, liegen Sie mit der Bewertung von Dolmetscherleistungen als Luxusleistungen schlicht falsch.
Verständigung ist in der Medizin essentiell und hilft oftmals auch unnötige Kosten sparen, umso mehr, wenn man auf zentrale Tele-Kommunikationsdienste zugreifen kann.
Lieber Posteo, ich bezweifele nicht im Ansatz den Stellenwert einer ordentlichen Kommunikation bei medizinischen Leistungen. Sicherlich ist hier noch sehr viel zu tun um Fehldiagnosen und daraus resultierenden Fehlbehandlungen und damit unnötige Kosten zu vermeiden. Die Frage ist doch wer für eine mangelhafte bis ungenügende Kommunikation verantwortlich ist und wer dann letztendlich die Verantwortung in Form von Kosten trägt? Sicherlich ist es wichtig Dolmetscherdienste in egal welcher Form zur Verfügung zu stellen, dennoch gestatte ich mir die Haltung, daß nicht ich über den Umweg der Kassenbeiträge oder Steuern oder egal welchen Topf man da anzapft, dafür aufkommen möchte. Die Allgemeinheit hat keine Schuld daran daß einige Wenige sich keinen Zugang zur unserer Sprache verschaffen. Also warum sollte sie zahlen? Der in Anspruch genommene Dolmetscher würde daß Maß des allgemein Notwendigen übersteigen und wäre somit natürlich eine Luxusleistung, aber ich bestehe nicht auf diese Begrifflichkeit, sondern alleine auf die Feststellung, daß niemand anderes für solch eine Leistung aufkommen kann als die beiden Vertragspartner selbest, nämlich der Patient und der Arzt oder sonst eine medizinische Einrichtung. Die einfachste Lösung ist wohl, wenn Menschen die hier dauerhaft leben auch die deutsche Sprache lernen. Wie Sie selber vollkommen richtig anmerken gibt es sogar Situationen, in denen Kinder für ihre Eltern dolmetschen müssen, was neben Ihrer Feststellung daß es in allen Belangen ein unhaltbarer Zustand ist auch noch die Tatsache widerspiegelt, daß diese Menschen sich wohl nicht nur vorrübergehend in Deutschland aufhalten, sondern hier dauerhaft ansässig sind. Nur ziehen sie es vor eben nicht unsere Sprache im ausreichenden Maße zu erlernen und diesen Luxus-, verzeihen Sie mir die Wiederholung, will ich nicht finanzieren. Ich überlasse es aber jedem selber ob er/sie einen finanziellen Beitrag dazu leisten möchte oder nicht, aber ich möchte da rein gar nichts mit zu tun haben. Also darf nach meinem Gerechtigkeitsempfinden keine Finanzierung über die Allgemeinheit passieren.
Lieber Volker,
Danke für Ihre ausführliche Antwort. Es geht Ihrer Argumentation zufolge im Kern um eine solidarische versus eine individuelle Gesundheitsversorgung, wobei Ärzte notfalls auch zur unentgeltlichen Nothilfe verpflichtet sind.
Ich denke auch nicht so sehr an die schon lange in Deutschland lebenden Einwanderer, die i.d.R. auch einen volljährigen Angehörigen als Dolmetscher mitbringen könnten, sondern an die vielen Flüchtlinge der letzten beiden Jahre, die noch gar nicht ausreichend deutsch lernen konnten und auch keine solche Angehörigen haben, weshalb ich das Hamburger Modell des online-Dolmetscherdiensts sehr begrüße.
Am Schluss eine Gewissensfrage: „Haben Sie denn trotz bekannter Gesundheitsrisiken noch niemals über die Stränge geschlagen?“