Panzer und Heuschrecken
Volksverhetzung bei Karnevalsumzügen
Ein Panzer zur "Asylabwehr" und ein von Heuschrecken begleiteter "Balkan-Express" rufen nach Faschingsumzügen in Thüringen und Bayern die Ermittlungsbehörden auf den Plan. Ein Karnevals-Verein wehrt sich, fie Polizei habe die Wagen abgenommen.
Montag, 08.02.2016, 17:10 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 14.02.2016, 20:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach den Karnevalsumzügen im oberbayerischen Steinkirchen sowie im südthüringischen Wasungen ermitteln Staatsanwälte wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Bei dem Umzug in Steinkirchen war am Sonntag ein als Panzer dekorierter Wagen mit den Aufschriften „Ilmtaler Asylabwehr“ und „Asylpaket III“ durch die Straßen gerollt. In Wasungen wurde am Samstag ein „Balkan-Express“ präsentiert, an dessen Spitze auf der Dampflok „Die Ploach kömmt“ („Die Plage kommt“) zu lesen war. Begleitet wurde der Wagen von Narren, die sich als Heuschrecken verkleidet hatten.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ingolstadt sagte, nach dem Umzug in Steinkirchen sei ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Beteiligte und Verantwortliche für die Gestaltung des Motivwagens eingeleitet worden. Bei der Polizei gingen mehrere Anzeigen ein, wie ein Polizeisprecher sagte. Der Oberilmtaler Carnevals-Verein (OCV Steinkirchen) wollte noch im Laufe des Montags eine Stellungnahme abgeben.
Carnevals-Verein: Polizei hat Wagen abgenommen
Dessen Vorsitzender Tobias Winkelmeier hatte laut Medienberichten erklärt, dass die örtliche Polizei den Panzerwagen abgenommen habe. Das Gefährt sei bereits beim „Gaudiwurm“ im vergangenen Jahr unterwegs gewesen. Am Umzug hätten sich auch Asylbewerber beteiligt, der OVC sei nicht fremdenfeindlich. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord wollte sich zur Abnahme vor Ort nicht äußern. Er verwies darauf, dass die Polizei sei nicht für inhaltliche Aussagen verantwortlich sei.
In Thüringen leitete die Staatsanwaltschaft Meiningen nach eigenen Angaben am Montag wegen des Verdachts auf Volksverhetzung von sich aus einen Prüfvorgang zum Wasunger „Balkan-Express“ ein. Auf epd-Anfrage erklärte die Behörde, es sei zudem eine Strafanzeige eingegangen.
Flüchtlinge als Plage
Der Präsident des Landesverbandes Thüringer Karnevalsvereine, Michael Danz, kritisierte insbesondere die Darstellung einer Plage. Der Thüringischen Landeszeitung sagte Danz, der Verband werde in Ruhe mit der Zuggruppe sprechen und sich darstellen lassen, „wie sie das gemeint hat“. Der Wasunger Wagenbauer wies laut bild.de den Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit zurück. Das Motiv habe für ihn einen geschichtlichen Hintergrund und solle an das 100. Jubiläum der ersten Fahrt des sogenannten Balkanzugs erinnern. Eine Erklärung, was an der Darstellung karnevalistisch sei, gab er nicht.
Auch im Ortsteil Geising in der sächsischen Gemeinde Altenberg sollen beim Straßenkarneval am Sonntag fremdenfeindliche Darstellungen zu sehen gewesen sein. Unter anderem wurde laut der Initiative „Straßengezwitscher“, die regelmäßig kritisch über rechte Umtriebe in Sachsen berichtet, ein Tipi-Zelt zur Schau gestellt, das die Aufschrift trug: „Die Indianer konnten nichts gegen die Einwanderung tun. Heute leben sie in Reservaten“. Auf einem weiteren Wagen war „Lieber Rothaut statt Braunhaut“ zu lesen. Ein Mann in Lumpen trug zudem ein Schild, auf dem „Bettelarm im eigenen Land, ach wäre ich doch nur e‘ Migrant“ geschrieben war.
Staatsanwaltschaft bisher untätig
Die Initiative „Straßengezwitscher“ veröffentlichte entsprechende Fotos über den Kurznachrichtendienst Twitter. Auf epd-Anfrage teilten die Aktivisten mit, die Bilder über die Facebook-Seite der selbst ernannten „Bürgerwehr Altenberg und Ortsteile“ bekommen zu haben. Der Bürgermeister von Altenberg, der der „Bürgerwehr“ zufolge auch vor Ort war, war am Montag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Bei der zuständigen Polizeidirektion Dresden und auch bei der Dresdner Staatsanwaltschaft waren am Montagmittag noch keine Anzeigen wegen des Faschingsumzuges in Altenberg eingegangen. Die Staatsanwaltschaft habe auch bislang von sich aus noch keine Prüfung eingeleitet, sagte ein Sprecher auf epd-Anfrage. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel
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Der Vergleich mit den Indianern und den europäischen Einwanderern ist für den Fall der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Islamischen Welt in Europa unzutreffend, die Verhältnisse völlig verzerrt wiedergebend und volksverhetzerisch. Um bei diesem Vergleich zu bleiben: Hier wäre für die Migranten eher die Rolle der Indianer passend und für die einheimischen Europäer diejenige der Siedler, weil die Migranten gegenüber den anderen in der Minderzahl sind, deren Gesetzen unterliegen und von ihnen auch finanziell und verwaltungsmäßig abhängig sind. Die einheimischen Europäer brauchen sich gar nicht gegen die Migranten zu wehren, sie können einfach neben ihnen herleben, ohne von ihnen beeinträchtigt zu werden. Eine Bedrohung der deutschen Kultur kommt nicht von den Migranten – die ja meist unter sich bleiben –, sondern schwappt in einem gewaltigen Tsunami von Anglizsmen und Amerikanismen über den Atlantik herüber. Die „christlichen Werte“, die häufig beschworen werden, sind den ihrer eigenen Religion weitgehend entfremdeten Deutschen größtenteils bereits ohne Zuwanderer verloren gegangen. Und wenn es darum geht, Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Karneval usw. zu feiern, dann hindert kein Migrant die Einheimischen daran, sondern – im Gegenteil – manche von diesen machen dabei sogar mit.
Vielleicht sollte man erwägen, ob solche Fälle von Volksverhetzung strafrechtlich zu ahnden sind, oder ob die Täter wegen Verfolgungswahn zur psychotherapeutischen Behandlung in Anstalten eingewiesen werden sollten.
Zitat : „Ein Mann in Lumpen trug zudem ein Schild, auf dem „Bettelarm im eigenen Land, ach wäre ich doch nur e‘ Migrant“
– wer hindert den Narr daran? Wohl dich nicht die Flüchtlinge. Vielleicht sollte jemand den Herrn darauf hinweisen, dass in Europa für Deutsche Personenfreizügigkeit herrscht, es war nie leichter Migrant zu sein…. Aber, um es mit Petra Sitte zu sagen „wer flüchtet schon freiwillig? “ – Eben!
@ karakal: Ich stimme Ihnen zu. Der Vergleich mit der Ausrottung der Ureinwohnern Amerikas durch die Kolonisatoren ist nicht zulässig. Maßgeblich war damals der drastische Unterschied hinsichtlich des Technologiestandes. Wenn man schon mit Amerika vergleicht, dann sollte man anschauen, was im 19. Jhd. passierte nachdem neue Einwanderungswellen (bspw. aus Italien (in Argentinien) oder Deutschland (in den USA)) auf die ersten Kolonisatoren (Spanier (in Argentinien), Briten (in USA)) trafen. Dann sieht man, dass die „neuen“ (Italiener, Deutsche) trotz sehr großer Anzahl und auch großen Ängsten und Vorbehalten seitens der alten mittelfristig hervorragend integriert waren und das heutige Selbstverständnis der Argentinier und US-Amerikaner prägen. Es stammen z.B. mehr Argentinier von Italienern als von Spaniern ab (Maradona, Messi, Di Maria, Caniggia….) und heute spricht man dort trotzdem Spanisch und nicht Italienisch.
Wenn man Erfahren hat, dass man weder Deutscher, Moslem etc. sein kann, sondern einfach nur Mensch, dann klappt es auch mit der Verständigung von Mensch zu Mensch.
Es kann kein Frieden geben, wenn man sich mit abstrakten Ideen identifiziert.
Gute und schlechte Deutsche, nette und böse Moslems sind sich sehr ähnlich.
Beide – sowohl der eine als auch der andere – sind, wenn sie sich unreflektiert identifizieren, auf den anderen angewiesen.
Wie formulierte es Adler so schön „Minderwertigkeitskomplex (Minderwertigkeitsgefühle) ist die Quelle allen menschlichen Strebens“