Islamvertreter
Deutlich mehr Anschläge auf Moscheen
Im vergangenen Jahr hat die Türkisch-Islamische Ditib 80 Anschläge auf Moscheen gezählt. Nach Ereignissen wie in Köln oder Terroranschlägen wie in Paris entlade sich der Zorn gegen die große muslimische Minderheit in Deutschland.
Freitag, 22.01.2016, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 25.01.2016, 17:22 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Islamvertreter zeigen sich besorgt über eine Zunahme anti-muslimischer Angriffe nach den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) habe im vergangenen Jahr 80 Anschläge auf Moscheen gezählt, sagte der Generalsekretär des muslimischen Verbandes, Bekir Alboğa, am Donnerstag in Frankfurt am Main. Auch die Schwere der Taten habe deutlich zugenommen. Sie reichten von Nazi-Schmierereien über Brandstiftungen bis hin zum Einsatz von Schusswaffen. Viele Gläubige würden in der Öffentlichkeit beschimpft oder erhielten Hass-E-Mails.
In der Silvesternacht hatten in Köln Gruppen junger Männer Frauen sexuell belästigt und bestohlen. Die meisten von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen stammen aus muslimischen Ländern wie Marokko und Algerien.
Nach Ereignissen wie in Köln oder Terroranschlägen wie in Paris entlade sich immer wieder der Zorn gegen die große muslimische Minderheit in Deutschland. Sie werde gleichsam „in Geiselhaft genommen“, beklagte Alboğa. Der Ditib-Generalsekretär rief die Behörden dazu auf, Übergriffe gegen Moscheen und Muslime „endlich gesondert zu erfassen“. Außerdem regte er eine finanzielle Beteiligung an der Ausbildung von Dialogbeauftragten in Moscheen an. Sie führten nicht nur Besucher durch die Bethäuser, sondern fungierten auch als kulturelle Wissensvermittler und „Friedensbeauftragte“.
Der Bielefelder Extremismusforscher Andreas Zick bestätigte die Zunahme an ablehnenden Einstellungen gegenüber Muslimen in der Bevölkerung, auch im Bildungsbürgertum. Dies sei auch deswegen so gefährlich, weil Menschen, die Muslime abwerten, mit großer Wahrscheinlichkeit auch rechtsextrem und judenfeindlich seien. Die einzigen beiden Wege aus diesem Dilemma seien die Informationsvermittlung und interkulturelle Kontakte, betonte Zick.
Deshalb fordere die Stiftung der Internationalen Wochen gegen Rassismus obligatorische Besuche von Schulklassen in Kirchen, Synagogen und Moscheen, sagte deren Geschäftsführender Vorstand Jürgen Micksch. Durch Kontakte könnten sich im Laufe der Zeit auch Einstellungen verändern. Micksch verwies auf das Stiftungsprojekt „Muslime laden ein“, an dem sich im vergangenen Jahr zahlreiche Moscheegemeinden mit mehr als 70 Veranstaltungen beteiligt hätten. In diesem Jahr böten während der Internationalen Wochen gegen Rassismus (10. bis 23. März) die beiden Freitage für muslimische Einrichtungen gute Gelegenheiten, um Menschen in ihrer Nachbarschaft und Bürgermeister zum Freitagsgebet einzuladen. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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80 Anschläge „seit Anfang des Jahres“ oder „im vergangenen Jahr“? Der Artikel ist da widersprüchlich.
Es scheint eine Strategie der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS, ISIS, Dā´isch) zu sein, die Muslime gewissermaßen in Geiselhaft ihres Terrors zu nehmen, bis die Übergriffe auf ihren Besitz, ihre Ehre, ihre körperliche Unversehrtheit und ihr Leben derart an Zahl und Intensität zugenommen haben, ohne dass Politik und Sicherheitskräfte ausreichend dagegen vorgehen, dass ein Teil der Muslime die Herrschaft des „Islamischen Staates“ als geringeres Übel ansieht und diese Organisation bei ihrer Ausbreitung in Europa unterstützt, um sich letztlich von ihr gegen die Übergriffe beschützen zu lassen.
Um dem frühzeitig entgegenzuwirken, müsste der deutsche Staat viel mehr für die Muslime tun als bisher. Es genügt nicht, diese Anschläge in einer getrennten Kategorie von Verbrechen gesondert zu erfassen, sondern die Täter müssen mit einer hohen Erfolgsquote ermittelt und dann zu nicht zu geringen Strafen verurteilt werden. Die zunmehmend ablehnende Einstellung in der nichtmuslimischen Bevölkerung, zu der auch Richter und Polizisten gehören, droht jedoch, dem entgegenzustehen.