Ausstellung über Gastarbeiterkinder
Narben des Weggehens, des Zurückgelassen-Worden-Seins
Während die einstigen "Gastarbeiter" in Deutschland arbeiteten, wuchsen ihre Kinder in der Türkei auf. Diese Trennung hat Narben hinterlassen. Diese Wunde macht die Künstlerin Olcay Acet in Ihrer Installation "Generation Einskommafünf" sichtbar.
Mittwoch, 23.09.2015, 8:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.09.2015, 19:11 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ab Mitte der fünfziger Jahre vereinbarte die Bundesrepublik Deutschland Anwerbeabkommen mit mehreren Ländern. Es galt, den Arbeitskräftemangel mittels Gastarbeiter zu decken. 1961 wurde auch mit der Türkei eine Vereinbarung unterzeichnet. Dieses Abkommen hatte im Gegensatz zu den anderen eine Besonderheit: Die Aufenthaltsdauer türkischer „Gastarbeiter“ wurde auf maximal zwei Jahre begrenzt, der Familiennachzug war nicht vorgesehen.
So verließen nicht wenige dieser Arbeitsmigranten nach zwei Jahren Deutschland wieder in Richtung Heimat, sehr zum Leidwesen der Arbeitgeber. Mühsam angelernte Arbeiter mussten alle zwei Jahre durch neue ersetzt und erneut angelernt werden. Daher forderten Arbeitgeber die Politik auf, die Arbeits- und Aufenthaltsbestimmungen zu lockern. Die Politik kam dieser Forderung nach – mit weitreichenden Folgen.
Aus den einst vorübergehenden „Gastarbeitern“ wurden Festangestellte, die auf Dauer blieben. So entstand immer häufiger das Bedürfnis, auch Ehefrau bzw. –mann und die Kinder nach Deutschland zu holen. Um diese Kinder geht es in der Installation „Generation Einskommafünf“ der Frankfurter Künstlerin Olcay Acet in der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt a.M.. Diese Kinder wuchsen bei Familienangehörigen, bei Omas und Opas, Tanten und Onkeln in der Türkei auf, ehe sie zu ihren Eltern nach Deutschland kamen.
Info: Generation Einskommafünf. Deutsch-Türkische Migrationsgeschichten – eine Videoinstallation von Olcay Acet. Vom 23.09.2015 (Vernissage um 19 Uhr) bis 20.12.2015 in der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt a.M.
Welche Folgen hatte diese Trennung für die Betroffenen? Welche Nachwirkungen bleiben bis heute? Welche Narben haben das Weggehen, Zurückgelassen-Worden-Sein und das Nicht-Ankommen-Können hinterlassen? Und warum nehmen diese Aspekte keinen Raum ein, wenn über Integration „verhandelt“ wird?
Olcay Acets Ziel ist es den Trennungs- und Migrationserfahrungen der Betroffenen einen Raum zu bieten, „um damit die ganz persönlichen Migrationsprozesse zu veranschaulichen“. Gleichzeitig hoffe sie damit, die deutsch-türkische Einwanderungsgeschichte besser verständlich zu machen. „Diesen Zugang sehe ich als eine wesentliche und politische Voraussetzung für ein gelingendes Miteinander der Kulturen“, so die Künstlerin. (hs) Aktuell Feuilleton
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