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Das Foto-Mustertafel der Bundesdruckerei © Bundesdruckerei, bearb. MiG

Entlarvt

Schwarze zu dunkel für biometrische Passfotos

Kennen Sie den: In Deutschland sind Diskriminierungen aufgrund der Herkunft, Hautfarbe etc. verboten? Natürlich! Und was machen wir dann mit Behörden, die keinen Pass ausstellen, weil die Hautfarbe zu dunkel ist für das biometrische Foto?

Von Montag, 13.07.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 16.07.2015, 16:08 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Ich bin in Burundi geboren, kam in den 70er Jahren mit meiner Mutter nach Deutschland und lebe seitdem hier. Neue Bekannte schwärmen von meinem akzentfreien Deutsch. Das ist allerdings keine sonderliche Leistung, schließlich bin ich hier in den Kindergarten, in die Schule und zur Uni gegangen. Auch wenn sich Deutschland, oft wie mein Zuhause anfühlt, werde ich immer wieder daran erinnert, dass ich wie ein Fremdkörper wahrgenommen werde.

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In diesem Fall ging es darum, dass ich meinen Personalausweis beantragen musste und dafür ein biometrisches Passbild brauchte. Dazu ging ich in eine dieser Fotokabinen, die damit werben, Passbilder für alle behördlichen Zwecke anzufertigen. Mit diesen Fotos ging ich in das Bürgeramt.

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Die Frau hinter dem Schreibtisch nahm das Passbild entgegen, schüttelte den Kopf, murmelte unverständlich vor sich hin, seufzte mehrmals und ging zu ihrer Kollegin am Nebentisch. Diese warf einen Blick darauf und reagierte ähnlich. Irgendetwas stimmte offenbar nicht mit meinem Passfoto. Klar, es gibt durchaus gelungenere Fotos von mir, aber für derart misslungen hielt ich es nicht. Die Sachbearbeiterin kam zu mir zurück. „Ich muss sehen, was sich da machen lässt“, meinte sie mit einem besorgten Ton und ging wieder. Ich kam mir seltsam vor. So, als sei ich ein besonderer Fall.

Sie kam wieder zurück und sagte, „wir sollen es halt mal versuchen“. Sie gab mir verschiedene Dokumente zum Ausfüllen und scannte mein Foto ein. Schließlich wandte sie sich mir zu und sagte bedauernd, dass meine Hautfarbe „das Problem“ ist. Mein Passbild sei zu dunkel und das Programm könne das Foto nicht bearbeiten. Der Sachbearbeiterin war das sichtlich unangenehm. Sie suchte Zuflucht in dem Argument, dass diese alten Fotokisten halt nicht den biometrischen Anforderungen entsprächen.

Aha! Vielleicht hätte ich schon beim Studieren der von der Bundesdruckerei erstellten Fotomustertafel für biometrisch korrekte Passfoto misstrauisch werden sollen. Dort werden nur weiße Menschen gezeigt. Auf die Sitzhöhe achten, Check! Nicht grinsen, Check! Den Kopf gerade halten, Check! Gesicht nicht verdecken, Check! Hautfarbe aufhellen? Kein Check!

Die Sachbearbeiterin riet mir schließlich, zu einem Fotografen zu gehen. Der könne die Belichtung ja entsprechend anpassen. Von einem Bekannten erfuhr ich später, dass er das Gleiche schon vor fünf Jahren erlebt hatte. Mit demselben Passbildautomaten und im selben Bürgeramt. Handelt es sich hier also um einen Fehler im System oder um ein fehlerhaftes System?

Kampagne: Es wird eine bundesweite Kampagne starten, die Erlebnisse mit Behörden und Institutionen von People of Color sammelt und sichtbar macht. Interessierte People of Color können einen kurzen Text mit einem diskriminierenden Erlebnis aus ihrem Alltag schicken an: tdtbs@riseup.net. Gerne kann auch ein Passbild in Überbelichtung angehängt werden. Nach Rücksprache wird der Text auf dem Blog „2 Dark 2 Be Seen“ veröffentlicht. Ziel soll sein, stattfindende Diskriminierung offen sichtbar zu machen und eine Vernetzung zwischen den betroffenen Menschen herzustellen, um vor Ort aktiv dagegen angehen zu können.

Mit gemischten Gefühlen bin ich aus dem Amt gegangen und sah mich einem Problem gegenüber. Wie komme ich an das erforderliche Passbild, ohne mich dabei einer zweifelsfreien diskriminierenden Praxis unterzuordnen? Ich habe nicht nur erlebt, dass ich nicht der weißen Norm entspreche. Nein, in diesem Fall geht es ja um eine systematische und standardisierte Abwertung der Hautfarbe.

Seit 2005 besteht in Deutschland die Pflicht, für amtliche Dokumente ein biometrisches Passbild vorzulegen. Wie also kann es also sein, dass 10 Jahre später in einer 300.000 Einwohnerstadt eine Software eingesetzt wird, die nicht dafür vorgesehen ist, ein Foto eines nicht weißen Menschen zu bearbeiten? Auf Nachfrage bei der Softwarefirma und dem zuständigen Bundesministerium für Inneres, werde ich nur abgewiegelt und weitergeleitet.

Es stellte sich Wut ein. Wut auf ein System, das vorgibt, Menschen nicht aufgrund ihrer Herkunft und ihrer äußeren Erscheinung zu benachteiligen, auszuschließen, abzuwerten und zu demütigen. Doch die Realität sieht anders aus. Diese Geschichte entlarvt eine vermeintlich diskriminierungssensible Bürokratie. Leitartikel Meinung

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  1. Matthias sagt:

    Cool bleiben. Automatenfotos sind oft nicht biometrietauglich. Das Programm erkennt den Umstand und kann es nicht annehmen. Dunkle Hautfarbe und dunkler Hintergrund machen da Probleme.

    Benachteiligung, Demütigung sind mir zu schwere Geschütze dafür. Ich hab ein Feuermal so ungünstig im Gesicht, dass ich auch keine biometrischen Fotos aus dem Automaten bekomme. Dann gehe ich halt zum Fotografen. Das hat nichts mit Diskrimierung zu tun. Wenn wir an diesen Stellen schon anfangen von Diskrimierung zu sprechen, ist das übertrieben!

  2. Jelly Bean sagt:

    Der deutsche Zyniker hat natürlich wie kann das auch anders sein wieder mal eine passende Erklärung parat, ein Amateurfoto ist der Grund. Dass aber Amateurfotos aus Fotokabinen bei Weißdeutschen akzeptiert werden, das ist natürlich irrelevant.

  3. Matthias sagt:

    nö, bei Weißdeutschen funktionieren Automatenfotos auch nicht immer. Ich sehe da keinen Unterschied. Es geht auch nicht ums Akzeptieren, sondern um die Biometrietauglichkeit.

    Wenn die Software der Meldeämter die Bilder nicht nimmt, weil der Biometrietest der Software nicht genommen wird, hat das nichts mit Akzeptanz zu tun, sondern schlichtweg wegen fehlender Biometrietauglichkeit.

  4. Rastislav sagt:

    Es liegt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht an der Software, sondern am Automaten.

    Ein bisschen was zur Technik. Damit die biometrische Erfassung des Passphotos funktioniert, muss das Gesicht einen bestimmten Tonwertumfang aufweisen, d.h. es muss sowohl hellere als auch dunklere Hauttöne enthalten. Schauen Sie in der Mustertafel die Beispiele „Mangelnder Kontrast“ und „Kontrastarm wegen Überbelichtung“ an, dort ist der Tonwertumfang zu klein (alles ungefähr gleich hell) und deswegen ist das Bild unbrauchbar. Wenn nun der Automat von der Belichtung her auf helle Gesichter optimiert ist, vielleicht sogar etwas unterbelichtet, dann wird ein schwarzes Gesicht fast zwangsläufig so dunkel und kontrastarm dargestellt, dass der Tonwertumfang einfach nicht mehr ausreicht. Und schon hat die Software ein Problem.

    Grundsätzlich kommt die Gesichtserkennungs-Software aber mit schwarzen Gesichtern zurecht, solange sie richtig belichtet sind. Den Beweis habe ich hier, in Form des Reisepasses meiner Frau (meine Frau stammt aus Afrika).

    Technisch wäre es natürlich kein Problem, einen Fotoautomaten so zu konstruieren, dass er auch von dunklen Gesichtern gute Bilder macht. Falls der Fotoautomat von der Gemeinde aufgestellt wurde, könnte man versuchen, eine Neuanschaffung anzuregen. Wenn der Fotoautomat allerdings von irgendeiner Privatfirma betrieben wird, kann man nicht viel machen.

  5. Mirco sagt:

    Ich kann nur bestätigen was Rastislav geschrieben hat. In den meisten Fotoautomaten sind billige Kammeras verbaut, die Software ist aufs nötigste zusammengekürzt, alles arbeitet mit einer fest eingestellten Blende/Belichtungszeit/Blitzabstimmung. Wir haben gerade einen nagelneuen Fotoautomaten für unsere Firma bestellt, vom Martkführer, Top Modell. Sauteuer. Und ich bin erschüttert wie alt und schlecht die darin verbaute Technik ist. Da macht jede 5 Jahre alte Handykammera bessere Bilder, höheren Tonwertumfang, bessere Belichtung, bessere Automatik. Was heute mit Leichtigkeit ginge.

    Es ist wohl eher ein Problem der Automaten als der Biometriesoftware. Klar wirkt das erstmal diskriminierend, aber die Technik ist an der Stelle so rückständig, das es ganz bestimmt keine Absicht ist. Die Herstellerfirma optimiert natürlich auf den „Normalfall“ was in Europa klar helle Haut ist.

    Allerdings sollte man dann gleich dran schreiben, das man ab einer bestimmten Pigmentierung doch bitte zum Fotografen geht um Geld zu sparen und sich nicht diskriminiert zu fühlen. Ich bekomme jetzt nach meinem Urlaub aus unserem Fotoautomaten auch kein vernünftigen Bilder von mir raus und so dunkel bin ich nicht mal.

    Das ist keine Entschuldigung, nur eine Erklärung.

    Lg
    Mirco

  6. Alex sagt:

    Habe jahrelang in einem Fotostudio diese bekloppten Fotos machen müssen von meinen Kunden, und egal ob hell- oder dunkelhäutig: die Fotos wurden sehr häufig von den Behörden nicht angenommen, weil Ihnen die Fotos in vielen Fällen zu hell/zu dunkel/zu kontrastarm oder schlicht nicht biometrisch genug waren. Die Dame im Amt sagt laut dem Artikel übrigens auch dass das FOTO zu dunkel ist (und nicht der Mensch…), und tatsächlich ist dunkle Haut rein vom fotografischen Aspekt betrachtet ein „Problem“, da es schwieriger ist das Foto richtig belichtet hinzubekommen (ein Automat ist damit komplett überfordert was aber ein TECHNISCHES Problem ist) ohne über-oder unterbelichtet zu sein. Wenn man sie selbst am Automaten knipst ist die Wahrscheinlichkeit noch wesentlich höher dass die Fotos nicht vom Amt angenommen werden, kenne ich aus jahrelanger Erfahrung (AUCH bei heller Haut!)… Die Dame war in meinen Augen kein „besonderer Fall“ für die Behörde,[…] Die Praxis ist diskriminierend, da stimme ich zu. Aber nicht nur für dunkelhäutige Menschen. Auf dem hier abgebildeten Muster der biometrischen Tafel wurde übrigens die Dame mit Kopftuch weggeschnitten…warum auch immer…

  7. Frank Epp sagt:

    Die Technik? Die Software? Alles Erklärungsversuche für etwas das so nicht richtig ist! Niemand darf wegen seiner ……u.s.w., kennen wir alle und nehmen dann in Kauf das genau dieser Niemand mehr Aufwand, höhere Kosten und ein Gefühl hat doch nicht dazu zugehören? Wieso kann ich denn in einer Zeitung die mit t alter Technik hergestellt wird Seal erkennen? Wie kommt Will Smith auf die Kinoplakate? Vielleicht weil es Menschen machen die dieses können?
    Der Ausweis, das wichtigste Dokument welches jeden Menschen zur Identifizierbarkeit ausgehändigt wird, das 80 Millionen Einwohner erkennbar machen soll kann das nicht, das ist so nicht richtig und Ausreden wegen der Technik auch nicht!

  8. Mafalda71 sagt:

    Ich schließe mich Frank an! Der „Normalfall“ existiert um Ausschlüsse zu produzieren. Was ist schon „normal“ bei 80 Mil. EinwohnerInnen? Doch höchstens das Programm einer Waschmaschine ist „normal“, für Buntes und Weißes…Ich bekomme seit den 70ern meinen Doppelnachnamen nicht auf die Stelle des Personalausweises wo er unterschrieben werden sollte. Also, heisse ich seit ich in Deutschland lebe anders. Da wo ich geboren bin, bekommt man geschlechtergerecht, einen Nachnamen der Mutter und einen des Vaters und niemals den Namen des Ehemannes oder der Ehefrau! Das war zu viel für die Deutschen in den 70er…In anderen europäischen Ländern ist das überhaupt kein Problem, die kennen den Doppelnachnamen. Am Kölner Bonner Flughafen wird man jetzt ganzkörpergescant und da sollen Automaten bei Amt keine Bilder von allen machen können? Ich finde die sollten in der Konsequenz, überhaupt den Quatsch mit den Biometrischen Daten abschaffen!

  9. John Dean sagt:

    Ich glaube nicht, dass der Vorschlag, die Biometrie bei den Passfotos abzuschaffen, ein guter und realistischer Vorschlag ist. Ich jedenfalls möchte in keinen System leben, wo ich nicht mehr weiß, mit wem ich zu tun habe – z.B. dann, wenn ich von irgendeinem egalwiefarbigen deutschen Arschloch betrogen wurde. Da ist dann – pardon – Biometrie eine echte Hilfe, damit nämlich genau derjenige zur Verantwortung gezogen wird, bei dem das richtig ist. Natürlich ist Biometrie ein doppelschneidiges Schwert und in vielen Bereichen eher problematisch, denn eine echte Hilfe. Menschen mit Hautproblemen werden z.B. von Fingerabdruckscannern zu erhöhtem Aufwand genötigt, bzw., am Ende mitunter sogar ernstlich diskriminiert.

    Für mich bestände die faire Lösung (weil es keine guten Automaten gibt, die für alle Hauttypen passen), dass diejenigen, bei denen das Automatenfoto nicht gut genug ist (für die Biometrie) einen Zuschuss bekommen für einen Fotografen oder wahlweise ein Gutschein für ein kostenloses Foto durch einen amtlichen Fotografen.

    Nur, pardon – so sehr ich diese Lösung auch gut fände: Mensch nenne mir einmal ein Land, in dem das so gehandhabt wird. Wir sind nicht perfekt, Bürokratien sind selten perfekt – und den zusätzlichen, aber gleichwohl überschaubaren Aufwand auf eine Stufe mit einem Verstoß gegen die Menschenrechte zu stellen, pardon, das ist mir dann doch allzu bekümmert – von der Haltung her.

    Mag sein, dass das zu ein paar tollen Theorien passt, aber ich empfinde das als lebensfremd, und dies auch unter der Bedingung, dass dies eben nur ein (durchaus echtes) Ärgernis von vielen ist. Mit Verlaub: Es gibt noch mehr als eine von der Mehrheitsbevölkerung abweichende Hautfarbe, was einem Menschen (hier: üerschaubare) Probleme in seinem Leben bereiten kann. Das ist kein Trost, zugegeben, jedenfalls kein allzu großer. Aber es ist eben so – und zielführend finde ich dann doch eher realistische Vorschläge, um die Situation zu bessern.

  10. Talib sagt:

    Von mind. einem Land weiß ich, dass dort am Konsulat nur die Bilder eines von ihnen ausgewählten Fotografen akzeptiert werden.
    Habe mich schon öfters gefragt, wieso man bei all der Elektronik nicht einfach das Bild vor Ort bei der Beantragung des Ausweises/Passes aufnimmt..