Asyl-Reform

Mehr dürfen bleiben, noch mehr sollen gehen

Mit den aktuellen Änderungen im Asylrecht verfolgt die Bundesregierung zwei Ziele: Sie will mehr Menschen, die schon lange in Deutschland leben, ein Bleiberecht ermöglichen. Auf der anderen Seite will sie das Ausweisungsrecht reformieren, um Abschiebungen besser durchzusetzen. Die Änderungen im Überblick:

Montag, 06.07.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 07.07.2015, 15:50 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Bleiberecht: Mit dem Gesetz wird erstmals ein Bleiberecht eingeführt, das nicht an einen bestimmten Stichtag gebunden ist. Geduldete erhalten künftig einen Aufenthaltstitel, wenn sie gut integriert sind, das heißt gut Deutsch sprechen und für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen oder dies nach aller Voraussicht tun können. Für Erwachsene gilt, dass sie sich seit mindestens acht Jahren in Deutschland aufhalten müssen oder seit mindestens sechs Jahren, wenn sie minderjährige Kinder haben. Für Jugendliche wird die Frist auf vier Jahre herabgesetzt.

Duldung in der Ausbildung: Die Bundesländer und die Wirtschaft hatten gefordert, für Jugendliche mit unsicherem Aufenthaltsstatus ein Bleiberecht für die Dauer einer Ausbildung einzuführen. Nach Darstellung des Bundesinnenministeriums stellt das Gesetz nun klar, dass dies prinzipiell möglich ist. Der Regelung zufolge soll eine Duldung für die Ausbildung im Ermessen der Ausländerbehörde liegen. Ist die Ausbildung bereits begonnen und wird voraussichtlich abgeschlossen, soll die Duldung um jeweils ein Jahr verlängert werden. Das Innenministerium argumentiert, dies gebe Betrieben und Azubis Rechtssicherheit. Einen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel gibt es aber weiterhin nicht.

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Neue Systematik bei Ausweisungen: Das Gesetz bricht mit der bisherigen bürokratischen Systematik bei Ausweisungen. Künftig sollen Behörden zwischen dem Bleibeinteresse des Betroffenen und dem Ausweisungsinteresse des Staates abwiegen. Das Gesetz definiert dafür Anhaltspunkte. So überwiegt beispielsweise ein Bleibeinteresse bei besonders guter Integration, ein Ausweisungsinteresse bei schweren Straftaten. Für eine Änderung hatten sich Verwaltungsrichter eingesetzt. Das Bundesinnenministerium beklagt seinerseits eine schleppende Abschiebepraxis und erhofft sich mehr Durchsetzungskraft der neuen Regeln. Ende Juni galten nach seinen Angaben 175.000 Menschen als „vollziehbar ausreisepflichtig“, 125.000 davon waren aber Geduldete, bei denen beispielsweise die Identität unklar und eine Abschiebung daher schwer möglich ist.

Definition der Fluchtgefahr: Am heftigsten umstritten ist an dem Gesetz die Definition von Fluchtgefahr, die als Grund für eine Inhaftierung herangezogen wird. Demnach besteht Fluchtgefahr beispielsweise, wenn ein Flüchtling, der illegal eingereist ist, über seine Identität täuscht oder hohe Beträge für Schleuser aufgewandt hat. Flüchtlings- und Wohlfahrtsverbände kritisierten, dies schaffe eine Grundlage, um praktisch jeden Asylbewerber zu inhaftieren. Das Innenministerium argumentiert, die Definition müsse wegen Europarechts vorgenommen werden, weil sie bislang im Gesetz fehlt. Eine Ausweitung der Haft sei weder geplant noch gewünscht.

Abschiebegewahrsam: Das Gesetz führt neben der Abschiebehaft ein neues Instrument zum Festhalten derjenigen ein, die abgeschoben werden sollen. Ausländer, die nicht freiwillig ausreisen, können bis zu vier Tage in Gewahrsam genommen werden. Dafür soll es eigene Einrichtungen an Flughäfen geben. Wie bei der Abschiebehaft muss der Gewahrsam von einem Richter angeordnet werden.

Wiedereinreisesperren: Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt worden ist, können künftig mit einem Einreiseverbot belegt werden. Das Verbot wird in der Regel auf fünf Jahre befristet. Bei strafrechtlich Verurteilten kann die Frist auf bis zu zehn Jahre angehoben werden. (epd/mig) Aktuell Politik

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