Bundesgerichtshof
Kein Notwehrrecht für Messerstecher bei rechtswidriger Abschiebung
Wer sich gegen eine Abschiebung mit einer Messerattacke wehrt, handelt nicht in Notwehr. Das gilt auch dann, wenn die Abschiebung rechtswidrig ist und hätte gar nicht vollzogen werden dürfen. Das entschied das Bundesgerichtshof.
Donnerstag, 11.06.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 13.01.2016, 11:01 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Ein Asylbewerber, der sich wegen einer rechtswidrigen Abschiebung mit einer Messerattacke gegen einen Polizisten wehrt, kann er sich nicht auf Notwehr berufen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag entschieden und damit die Verurteilung eines Irakers zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen versuchten Totschlags bestätigt. (AZ: 1 StR 606/14)
Der Asylantrag des seit vielen Jahren in Stuttgart lebenden Irakers war rechtskräftig abgelehnt worden. Die Ausländerbehörde hatte jedoch eine befristete Duldung ausgesprochen, so dass der Flüchtling doch noch in Deutschland bleiben durfte. Die Behörde übersah dann aber offenbar die Duldung und beauftragte die Polizei mit der Abschiebung des Mannes in den Irak. Auch die Polizei wusste nichts von der Duldung.
Als die Beamten den Flüchtling abholen wollten, geriet dieser in Panik. Er drohte zunächst mit Selbstmord und versteckte sich dann in einer Nachbarwohnung. Weitere, zur Verstärkung angeforderte Polizeikräfte spürten den Mann auf. Dieser wehrte sich mit mehreren „wuchtigen Messerstichen“ gegen einen der Polizisten. Zu Schaden kam aber niemand.
Notwehr nur bei Willkür
Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Flüchtling wegen der Messerattacke wegen versuchten Totschlags zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Der Asylbewerber argumentierte, dass er in Notwehr gehandelt habe.
Doch auf Notwehr könne sich der Angeklagte nicht berufen, entschied der BGH. Der Flüchtling könne nur nachträglich die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes überprüfen lassen. Nur wenn Beamte willkürlich oder „grob unverhältnismäßig“ handeln, könne ausnahmsweise ein Notwehrrecht bestehen. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. (epd/mig) Aktuell Recht
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„Der Flüchtling könne nur nachträglich die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes überprüfen lassen.“
Aha – und wenn die Unrechtmäßigkeit festgestellt wird, darf er dann wieder einreisen. Oder Pech gehabt?
„Ein Asylbewerber, der sich wegen einer rechtswidrigen Abschiebung mit einer Messerattacke gegen einen Polizisten wehrt, kann er sich nicht auf Notwehr berufen.“
Bei aller Sympathie, aber jedes andere Urteil wäre auch ein Skandal gewesen. Auch Polizisten sind Menschen.
Als abgelehnter Asylbewerber kann er nicht mehr einreisen, mangels Aufenthaltsrechts. Sollte der Polizeieinsatzz rechtswidrig gewesen sein, könnte er allersdings u.U. Schadensersatz fordern.