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Katarzyna Plucinska © privat, bearb. MiG

Recht auf Hoffnung

Das Prinzip der Gleichwertigkeit aller Menschen

Die Menschenwürde lässt sich aus der kantischen Ansicht über die Selbstzwecklichkeit des Menschen ableiten. Das Prinzip der Gleichwertigkeit aller Menschen wird zur moralischen Verpflichtung jedes Einzelnen, die Würde anderer zu achten und zu schützen. Die menschliche Wertigkeit scheint jedoch schwer greifbar zu sein, solange sie nicht legitimiert ist. Von Katarzyna Plucinska

Von Katarzyna Plucinska Freitag, 24.04.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.04.2015, 23:14 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Als eine universelle und kulturübergreifende Verschriftlichung den jedem Menschen zukommenden Rechten wurde z.B. die UN-Menschenrechtscharta ins Leben gerufen. Dokumente wie dieses sollten zur Normalisierung und Humanisierung in der Welt beitragen. Insbesondere die Ereignisse der letzten Tage zeigen aber, dass selbst das Abendland von diesem Soll-Zustand weit weg ist.

Migrationsversuche, wie die aus dem Mittelmeer, weisen ein geradezu erschreckendes Ausmaß an Inhumanität auf. Hunderte von Menschen versuchen in unwürdigen Bedingungen und um jeden Preis nach Europa zu gelangen. Im Angesicht der letzten Tragödie, in der nach Berichten etwa 900 Migranten ums Leben kamen, stellt sich die Frage nach der Rolle der EU und ihrer Flüchtlingspolitik.

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Das Mittelmeer kann man heutzutage schon als Massengrab bezeichnen. Massiv überlastete Boote schaffen oft nicht den Weg nach Europa: Entweder werden sie durch Küstenwachboote gerettet oder sie gehen zusammen mit ihren Passagieren unter. Die Seenotrettung wurde bis Ende Oktober 2014 dem italienischen Mare Nostrum überlassen, danach begann die EU-Operation Triton, deren Hauptaufgabe nicht die Rettung von Flüchtlingen ist, sondern die Sicherung der EU-Außengrenzen.

Das Mittelmeer wird zwar weiterhin überwacht, nur das Einsatzgebiet hat sich enorm verkleinert. Im Gegensatz zu Mare Nostrum, das noch das Gebiet bis zur afrikanischen Küste bewachte, patrouillieren die Triton-Boote nur bis 30 Seemeilen vor der italienischen Küste und vor Lampedusa.

Auf dem Festland ist die Situation nicht besser: ein Wasserzugang für über Tausend Menschen. Flüchtlinge, die kilometerweit mit ihren Kanistern gehen müssen, um ein wenig Trinkwasser zu bekommen. Fast alle von ihnen übernachten in provisorischen, selbstgebastelten Zelten auf einer ehemaligen Müllhalde. So sieht das Leben an keinem anderen Ort als in einem überfüllten Flüchtlingslager im französischen Calais aus.

Europa muss aus seiner Lethargie möglichst schnell erwachen, denn die Wegschauen-Politik löst keine Probleme. Am Montag tagten in Luxemburg die Innen- und Außenminister der 28 EU-Mitgliedsstaaten, um einen gemeinsamen Ausweg aus der Pattsituation zu finden. Sie debattierten, kalkulierten und wurden sich u. a. darüber einig, dass das Triton-Programm erweitert und subventioniert werden muss. Doch auch mit den vorgesehenen Zuschüssen wird das Budget von Triton viel geringer sein als das von Mare Nostrum.

Ich kann mich gut an Bilder von gejagten Menschen erinnern, die vor einem Jahr den tödlichen, über sieben Meter hohen Zaun im spanischen Melilla überwinden wollten. Den Zaun, der für sie die letzte Sperre zur Freiheit war. Dass eine Mauer trennt und nicht verbindet, sollten wir besonders gut aus der eigenen Geschichte kennen. Abgrenzung und Gleichgültigkeit gegenüber der Not von Menschen schafft Frieden weder auf der europäischen Seite, noch in Afrika und im Nahen Osten. Demzufolge: Europa, nimm erneut den Kurs auf zeitlose Werte und vergiss nie, dass jeder Mensch eine Würde hat! Aktuell Meinung

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  1. Realist sagt:

    Die „Gleichwertigkeit“ aller Menschen ist ein Postulat der Aufklärung. Aber als solche ist sie ein Blödsinn. Ein Bauarbeiter hat einen anderen „Wert“ als ein Professor, ein Bauer einen anderen als ein Informatiker. Das hat doch nur dazu gedient, die Menschen für den freien Markt mobilisierbar zu machen, den es zur Zeit Kants in dieser Form noch gar nicht gab. Denn das ist doch klar: Eine Freiheit von den ökonomischen Zwängen des Weltmarktes gibt es nicht mehr. Der Ruf nach der Freiheit, war in erster Linie ein Ruf nach ökonomischer Freiheit, frei vom Zwang der Gilden, Standesschranken, Zünfte usw. zu sein. Die Folge war die völlige wirtschaftliche Mobilität, die es vorher so nicht gab. Anders ausgedrückt: Migranten bleiben Teil des Weltmarktes, ob sie nun in Nigeria sind oder in Norwegen. Sie werden der entfesselten Logik der kapitalistischen Konkurrenz nicht auskommen.