Hilfsorganisation

400 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken

Nachdem offenbar erneut 400 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken sind, fordern deutsche Politiker eine neue EU-Seenotrettungsaktion. Italien hingegen setzt auf eine Lösung in den Ursprungsländern.

Donnerstag, 16.04.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 19.04.2015, 11:04 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Vor der libyschen Küste hat sich erneut eine Flüchtlingstragödie ereignet. Bei dem schweren Boots-Unglück seien sehr wahrscheinlich 400 Flüchtlinge aus dem südlichen Afrika ertrunken, sagte ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM) dem Evangelischen Pressedienst am Mittwoch in Genf.

Überlebende hätten nach ihrer Ankunft im süditalienischen Reggio Calabria von der Katastrophe berichtet. Auf dem Schiff, das von Libyen aus in See gestochen war, sollen sich laut italienischen Medien insgesamt 670 Menschen befunden haben. Der IOM-Sprecher erklärte, der genaue Hergang der Katastrophe müsse noch geklärt werden.

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Die italienische Küstenwache konnte den Angaben zufolge rund 150 Flüchtlinge retten, nachdem das Schiff gekentert war. Auf dem Weg von der Unglücksstelle nach Reggio Calabria brachte eine der Überlebenden ein Kind zur Welt. Eine weitere Schwangere starb demnach auf der Überfahrt.

Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni betonte Medienberichten zufolge angesichts des neuerlichen Unglücks, das Flüchtlingsproblem müsse in den Ursprungsländern gelöst werden.

Deutsche Politiker fordern EU-Rettungsmission

Deutsche Politiker hingegen fordern eine neue EU-Seenotrettungsaktion. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter erklärte, die Einstellung des Seenotrettungsprogramms „Mare Nostrum“ sei „ein tödlicher Fehler“ gewesen. Die EU hatte die von Italien geführte Rettungsmission im vorigen Jahr auslaufen lassen.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, sagte, wenn die EU weiter auf reine Abschreckung setze, müsse sie sich den Vorwurf unterlassener Hilfeleistung gefallen lassen. Bei den Tragödien im Mittelmeer handele es sich um „Verbrechen, begangen an Menschen in Not“, sagte Jelpke. Sie warf Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor, allein die Sicherheit der EU-Außengrenzen im Blick zu haben und sich nicht für die Seenotrettung einzusetzen.

Der Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Schwabe, forderte neben einer Rettungsmission im Mittelmeer ein Aufnahmekontingent für syrische Flüchtlinge von mindestens 200.000 Menschen. Bisher hat Deutschland die Aufnahme von 20.000 zugesagt.

Viele warten auf Überfahrt nach Europa

Nach einer Bootskatastrophe vor der Insel Lampedusa im Oktober 2013 hatte Italien die Operation Mare Nostrum gestartet, die Hunderte Menschenleben gerettet hatte. Die EU startete im November 2014 die Operation Triton, die sich hauptsächlich auf Überwachung und Patrouillen konzentriert.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte, Schwerpunkt der Operation Triton sei der Grenzschutz. Dennoch habe sich die Seenotrettung nicht verschlechtert. Vielmehr würden heute mehr Flüchtlinge gerettet als während des „Mare Nostrum“-Programms. De Maizière bemühe sich im Rahmen der EU intensiv um Lösungen für das Flüchtlingsproblem.

Im vergangenen Jahr erreichte die Zahl der Bootsflüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa gelangten, mit mindestens 218.000 laut UNHCR einen Höchstwert. 3.500 Menschen starben bei der gefährlichen Passage nach Europa.

Wegen der verbesserten Wetterbedingungen und des zunehmenden Verfalls staatlicher Strukturen in Libyen stieg die Zahl der Menschen in den vergangenen Monaten an, die von dem nordafrikanischen Land aus mit Kuttern versuchen, Italien zu erreichen. Schätzungen zufolge warten in Libyen bis zu einer Million Menschen vor allem aus dem südlichen Afrika auf eine Überfahrt. (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. karakal sagt:

    Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni: „… das Flüchtlingsproblem müsse in den Ursprungsländern gelöst werden.“
    Wie will man das bspw. im Falle der Flüchtlinge aus Syrien machen? – Man müßte massiv in den dort tobenden Krieg auch mit einer großen Zahl von Bodentruppen eingreifen, die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zerschlagen, gleichzeitig das Assad-Regime beseitigen, dann die Syrer in einem neuen demokratischen Staat zum friedlichen Zusammenleben bringen und das Land nach all der Zerstörung neu aufbauen. Erst dann könnte man von den Syrern erwarten, daß sie nicht mehr aus ihrer Heimat nach Europa fliehen.
    Welches ist das Ursprungsland für die Hungerkatastrophen in Afrika? – Doch wohl die reichen Länder der westlichen Welt, in denen Spekulanten Grundnahrungsmittel horten, um die Preise künstlich in die Höhe zu treiben. Also müßte man zunächst dort gegen die Spekulanten u. ä. Kriminelle vorgehen. Frankreich bspw. beutet seine früheren Kolonien in Westafrika, heute dem Namen nach unabhängige Staaten, auf neokoloniale Weise aus. Da müßte man erst einmal gegen Frankreich vorgehen und dieses in seine Schranken weisen, damit sich seine ehemaligen Kolonien als wirklich unabhängige Staaten entwickeln können und niemand mehr von dort zu fliehen braucht. Ebenso verhält es sich mit den übrigen westlichen Staaten, die an dieser neokolonialistischen Ausbeutung beteiligt sind.