Rassismusforscher
Fremdenfeindlicher Hintergrund von Straftaten wird oft nicht erkannt
Über 30.000 Straftaten mit politischem Hintergrund wurden für das Jahr 2013 registriert. Experten zweifeln diese Zahl allerdings als zu niedrig an. Viele fremdenfeindliche Straftaten würden gar nicht erkannt.
Von Anke Brockmeyer Dienstag, 24.03.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 31.03.2015, 17:57 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Polizei und Justiz müssen nach Ansicht des Hamburger Rassismusforschers Andreas Hieronymus stärker sensibilisiert werden für Verbrechen, die auf Hass und Rassismus beruhen. Dazu müssten die Opfer von Gewalttaten mehr in den Blick rücken. „Längst nicht jede Straftat, die einen fremdenfeindlichen Hintergrund hat, wird als solche tatsächlich erkannt, weil wir zu wenig über die Opfer wissen“, sagte Hieronymus dem Evangelischen Pressedienst.
Das Bundesinnenministerium habe für das Jahr 2013 in seiner Statistik 31.645 Straftaten und 2.848 Gewalttaten mit politisch motiviertem Hintergrund gezählt, sagte der Forscher. Er zweifelte diese Zahlen allerdings als zu niedrig an. Hieronymus stellte in Oldenburg den „Schattenbericht Rassismus“ des europäischen Netzwerks gegen Rassismus vor. Dieser wird jährlich gemeinsam von mehr als 700 Nichtregierungsorganisationen aus den 28 EU-Ländern erarbeitet. Am 21. April wird er offiziell im Europäischen Parlament präsentiert.
Der Forscher forderte unter anderem, die Datenerhebung für Kriminalstatistiken europaweit auf einem hohen Standard zu vereinheitlichen. Nur so könnten zukünftig belastbare Daten verfügbar und Verbrechen mit fremdenfeindlichem Hintergrund sichtbar gemacht werden. „Nur was sichtbar ist, existiert. So funktioniert Politik.“
Er sei zuversichtlich, dass in Deutschland künftig genauer hingesehen werde, ob eine Straftat einen rassistischen oder diskriminierenden Hintergrund hat, sagte Hieronymus. Seine Hoffnung liege auf einem stärker auf die Opfer ausgerichteten Gesetzentwurf, der im Rahmen des Untersuchungsausschusses zur rechtsterroristischen Organisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) auf den Weg gebracht wurde.
NSU-Mitglieder hatten zwischen 2000 und 2007 insgesamt zehn Menschen, die meisten von ihnen türkisch- und griechischstämmige Migranten, ermordet. Der rechtsterroristische Hintergrund der Taten wurde nach Versäumnissen der Behörden in den Jahren zuvor erst im November 2011 aufgedeckt. (epd/mig) Leitartikel Politik
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Neue Behörde Ukrainer sollen arbeiten oder zurück in die Heimat
- Symbol der Abschottung Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete sofort stoppen!
- Umbruch in Syrien Was bedeutet der Sturz Assads – auch für Geflüchtete…
- Kaum Auslandsüberweisungen Studie entlarvt Lüge zur Einführung von Bezahlkarten
- Debatte über Rückkehr Bamf verhängt Entscheidungsstopp für Asylverfahren…
- Der Fall Prof. Dr. Kenan Engin Diskriminierung an deutschen Hochschulen kein Einzelfall