Debatte um No-Go-Areas

Warnung des Zentralrats der Juden schreckt Politik auf

Die Warnung des Zentralrats, Juden sollten sich in überwiegend von Muslimen bewohnten Stadtvierteln nicht zu erkennen geben, stößt auf Kritik. Antisemitismus sei eine gesamtgesellschaftliche Gefahr und dürfe nicht auf Muslime reduziert werden. Politiker zeigen sich besorgt.

Montag, 02.03.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.03.2015, 17:39 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Warnung des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Juden sollten sich überlegen, wo sie sich zu erkennen geben, hat die Politik alarmiert. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sicherte den in Deutschland lebenden Juden erneut umfassende Sicherheit zu. „Juden sollten sich niemals wieder in Deutschland verstecken müssen“, sagte Maas dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel und betonte: „Wir tun alles, um jüdisches Leben bei uns zu schützen“. Jeder Übergriff gegen Juden sei „einer gegen uns alle.“ Wer jüdisches Leben attackiere, werde „mit der ganzen Härte des Rechtsstaates verfolgt werden.“

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte am Donnerstag Juden davor gewarnt, in überwiegend von Muslimen bewohnten Stadtvierteln – besonders in Berlin – die Kippa zu tragen. Juden sollten sich zwar nicht aus Angst verstecken, und die meisten jüdischen Einrichtungen seien gut gesichert. Dennoch stelle sich die Frage, ob es sinnvoll sei, sich in bestimmten Vierteln als Jude zu erkennen zu geben.

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Kritik an Verknüpfung von „Problemvierteln“ und „muslimisch“
Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), wertete Schusters Warnung als „Alarmsignal“. Die Äußerung unterstreiche „auf dramatische Weise, wie verunsichert jüdische Mitbürger in unserem Land mittlerweile sind“, sagte der CDU-Politiker. Gesellschaft und Staat müssten alles unternehmen, dass sich Juden in Deutschland sicher fühlen können. Jeder habe das Recht, seine Religion frei zu leben. Dazu gehöre auch, dass Gläubige sich nach außen zu erkennen geben können, unterstrich Kauder: „Dies muss jeder in unserer Gesellschaft tolerieren.“

Der Zentralrat der Muslime äußerte Verständnis für die Ängste der Juden in Deutschland. „Diese Ängste sind berechtigt“, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek der Berliner Zeitung. Zugleich unterstrich er, „Angriffe auf Juden sind ein Angriff auf unsere Gesellschaft“. In einer Zeit, in der auch die Islamfeindlichkeit zunehme, plädiere er dafür, den antisemitischen und antimuslimischen Strömungen gemeinsam entgegenzutreten. Mazyek warnte zugleich davor, die sozialen Spannungen in deutschen Großstädten zu „islamisieren“. Die Verknüpfung der Begriffe „Problemviertel“ und „muslimisch“ könne missverstanden werden, erklärte er mit Blick auf die Äußerungen Schusters.

Debatte nicht auf Muslime verkürzen
Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, sagte, die Angst vieler Juden vor Übergriffen und physischer Gewalt habe einen realen Hintergrund. Tatsächlich seien viele muslimische Jugendliche Antisemiten. Allerdings sei weder der Islam noch der Islamismus das Problem. Antisemitismus sei vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Gefahr.

Auch der Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) warnte davor, die Debatte auf Muslime verkürzen. Die Sorgen Schusters müsse man aber ernst nehmen. „Es gibt in Deutschland Gegenden, in denen sollte man sich besser nicht als Jude, Homosexueller, Muslim oder Migrant zeigen oder zu erkennen geben“, sagte Beck der „Berliner Zeitung“. Mit solchen „No-Go-Areas“ dürfe man sich jedoch nicht abfinden.

Der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, sieht aktuell keine Gefahr für Juden in Deutschland. Es gebe keine konkreten Hinweise auf Anschläge auf jüdische Einrichtungen, sagte Maaßen in Berlin. Allerdings gebe es eine hohe abstrakte Gefahr. Die größte Bedrohung gehe vom „islamistischen“ Terrorismus aus. Es habe aber auch unter den Rechtsextremisten die Gewaltbereitschaft zugenommen, sagte Maaßen beim Jugendkongress des Zentralrates und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. aloo masala sagt:

    @Sammy

    Ihre Links beantworten meine Frage nicht.

    Der erste Link verweist auf Vorfälle in Kreuzberg und in Charlottenburg. Nun steht in der Nähe vom Halleschen Tor das jüdische Museum und Charlottenburg ist eher ein bürgerliches Viertel, denn ein Problemviertel. Die Vorfälle – gehen wir einfach einmal davon aus, dass es sich tatsächlich um Muslime handelte – bestätigen, was ich bereits selbst erwähnte, nämlich dass muslimischer Antisemitismus in Deutschland ein Problem ist.

    Daraus folgt jedoch nicht selbstredend, dass Juden sich nicht in bestimmte Viertel in Deutschland wagen könnten. Denn andernfalls kann ich Ihnen Links einstellen, die belegen, wie in der Vergangenheit Neonazis auf Migranten in Kreuzberg losgingen. Folgt daraus, dass Türken Kreuzberg meiden müssen?

    Deswegen noch einmal: In welche Viertel in Deutschland kann sich kein Jude wagen?

  2. Gero sagt:

    masala: Deswegen noch einmal: In welche Viertel in Deutschland kann sich kein Jude wagen?
    _____
    ___________

    Machen sie den Test doch selbst. Setzen Sie sich eine Kippa auf und los geht’s.. Stadtteile mit überwiegend muslimischen Bevölkerungsanteilen gib’s genug – und das nicht nur in Berlin. Und dann berichten sie einfach wahrheitsgemäß hier.

    Na klar gibt es Antisemitismus in Deutschland. Auch ist er oft Teil der muslimischen Kultur.

    http://www.zeit.de/2015/10/antisemitismus-juden-opferrolle-philosemiten/komplettansicht

  3. aloo masala sagt:

    @Gero

    Sie möchten offenbar gerne mitreden ohne mitlesen. Das geht meistens schief, wie auch hier:

    „Na klar gibt es Antisemitismus in Deutschland. Auch ist er oft Teil der muslimischen Kultur.“

    Das ist nicht das Thema. Denn es wurde stets gesagt, dass muslimischer Antisemitismus ein Problem ist. Übrigens jetzt das dritte mal, weil auch Sie meinen, ohne mitlesen mitreden zu müssen.

    —-
    Machen sie den Test doch selbst.
    —-

    Es ist in einer Diskussion nicht mein Job Tests durchzuführen, nur weil einige Typen unfähig sind Belege für ihre Behauptungen zu liefern.

  4. Gero sagt:

    Ganz einfach, masala: Sie stellten 2 posts weiter oben die Frage „Deswegen noch einmal: In welche Viertel in Deutschland kann sich kein Jude wagen?“

    Und ich gab daraufhin die Empfehlung, es mal mit Kippa auf’m Kopf im Selbstversuch mittels Spaziergang durch in Viertel mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung rauszufinden…

    Dabei bleib‘ ich. Lesen kann ich sehr gut. Und denken auch. Sie, masala, versuchen es eben mit Spitzfindigkeiten….

  5. aloo masala sagt:

    @Gero

    Ihre Empfehlungen sind leider kein überzeugendes Argument die Behauptung von Sammy zu belegen, sondern eher ein guter Hinweis dafür, dass auch Sie Sammys Behauptung nicht belegen können. Aus unbelegten Behauptungen werden somit zunächst erst einmal haltlose Unterstellungen bis das Gegenteil gezeigt ist.

    Und noch einmal, es ist nicht mein Job Feldversuche durchzuführen, nur weil einige Typen unfähig oder unwillig sind, auf Nachfrage ihre Behauptungen zu belegen. Für mich folgt daraus, dass man wieder nur mit seinem Bauch denkt.