Engere Zusammenarbeit

Kompromiss im Streit ums Kirchenasyl

Der Streit zwischen Kirchen und dem Bundesinnenministerium ist vorerst beigelegt. Kirchen sollen in Zukunft enger mit dem Bundesamt für Flüchtlinge zusammenarbeiten. Dafür sind die längeren Abschiebefristen vom Tisch.

Montag, 02.03.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.03.2015, 17:39 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Im Streit um das Kirchenasyl haben sich Behörden und Kirchenvertreter auf einen Kompromiss verständigt. Die Kirchen sollen die Möglichkeit erhalten, Fälle, die in einem Kirchenasyl münden könnten, künftig noch einmal vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) überprüfen zu lassen. Wie die Kirchen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag jeweils mitteilten, ist dazu ein Pilotprojekt bis Herbst geplant. Im Gegenzug will das Bundesamt zunächst darauf verzichten, die Abschiebefrist für die besonders umstrittenen Dublin-Fälle zu verlängern.

Der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei Regierung und Parlament, Martin Dutzmann, sagte in Berlin, es sei gelungen, die Wogen im Streit um das Kirchenasyl zu glätten. Das Kirchenasyl sei eine christlich-humanitäre Tradition, „auf die wir sehr viel Wert legen“. Gleichzeitig unterstrich er, das Kirchenasyl sei kein rechtliches Instrument, „das gar über dem Recht stünde“.

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De Maizière hatte den Kirchen vorgeworfen, sich mit ihrer Praxis über geltendes Recht zu stellen. In seinen Augen wird das Kirchenasyl benutzt, um die sogenannte Dublin-Regel im europäischen Recht auszuhebeln. Nach dieser Regel müssen Flüchtlinge in dem EU-Staat Asyl beantragen, über den sie zuerst nach Europa eingereist sind. Um dieses Prinzip durchzusetzen, können EU-Staaten die Flüchtlinge in den jeweils anderen Staat abschieben. Dafür gilt eine Frist von sechs Monaten. Weil diese durch das Kirchenasyl häufig überschritten wird, drohte das Bundesamt, die Frist auf 18 Monate heraufzusetzen. Dies würde das Kirchenasyl für Gemeinden erheblich erschweren.

Kein Unterlaufen der Dublin-Regelung
De Maizière sagte am Freitag beim Kongress christlicher Führungskräfte in Hamburg, weder stellten die Kirchen das staatliche Abschieberecht infrage noch der Staat das Institut des Kirchenasyls. Die „systematische Nutzung“ des Kirchenasyls zur Unterlaufung der EU-Dublin-Regelung sei aber nicht in Ordnung. Deshalb habe man sich auf das Kompromissverfahren geeinigt.

Dutzmann betonte, dass auch künftig jede Gemeinde selbstständig über die Aufnahme von Asylbewerbern entscheide. Sie gingen damit verantwortungsvoll um. Für die Kirchen sei das Kirchenasyl kein Instrument, um das Dublin-Verfahren infrage zu stellen oder zu unterlaufen. Um das Verfahren zu kritisieren, nutze man politische Kontakte, sagte Dutzmann.

Kirchenasyl ist Nothilfe
Der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten, äußerte sich erleichtert darüber, dass das Kirchenasyl bis Herbst möglich sei wie bisher. Er verwies auf die Zahl von derzeit 226 Gemeinden, die Kirchenasyl gewähren. Angesichts der mehr als 200.000 Asylverfahren im vergangenen Jahr „unterstreicht diese geringe Zahl den Charakter des Kirchenasyls als Nothilfe“, betonte er. Gegenwärtig sind mindestens 411 Personen im deutschen Kirchenasyl. Die Zahl hat sich seit Anfang 2014 fast versiebenfacht.

Auch der Leiter des Bundesamts, Manfred Schmidt, sagte der Nordwest-Zeitung, in bestimmten Fällen werde man das Kirchenasyl zu akzeptieren haben. Allerdings müsse es in Einklang mit dem Rechtsstaat gebracht werden. Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus zeitlich befristet von Kirchengemeinden beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. (epd/mig) Aktuell Politik

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