Terror gegen Meinungsfreiheit

Zwölf Tote bei Anschlag gegen französisches Satiremagazin „Charlie Hebdo“

Beim französischen Satiremagazin "Charlie Hebdo", das 2011 mit Mohammed-Karikaturen für Aufsehen gesorgt hatte, haben Maskierte zwölf Menschen ermordet und weitere verletzt.

Donnerstag, 08.01.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.01.2015, 16:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bei einem Anschlag auf die Büros des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“ in Paris sind am Mittwoch mindestens zwölf Menschen getötet worden. Unter den Opfern seien der Chefredakteur Charb (bürgerlich Stéphane Charbonnier) und mehrere Zeichner des Magazins sowie zwei Polizisten, sagte der Anwalt des Magazins, Richard Malka, in Paris.

Staatspräsident François Hollande, der sich unmittelbar nach dem Angriff zum Tatort im Herzen von Paris begab, verurteilte den „Terroranschlag“. Er versprach, dass die „Täter bestraft werden“. Im Rahmen der Terrorabwehr wurde von Premierminister Manuel Valls umgehend „Anschlagsalarm“ für den Großraum Paris ausgegeben, wie das Innenministerium mitteilte.

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Laut ersten Augenzeugen, die am Nachmittag noch von der Polizei vernommen wurden, stürmten zwei Männer mit Kapuzenpullovern gegen 11.30 Uhr in die Redaktionsräume des Magazins. Mit Sturmgewehren feuerten sie auf alle Anwesenden. „Es war ein echtes Massaker“, berichtete ein Zeuge der Presse. Am Mittwoch ist bei „Charlie Hebdo“ immer eine Redaktionssitzung.

Hinweis auf al-Qaida

Wie ein Handyvideo zeigt, das von einem benachbarten Dach gedreht wurde, riefen die beiden Täter beim Verlassen des Gebäudes „Allahu Akbar“ (Allah ist groß) bevor sie in einem schwarzen Citroën die Flucht ergriffen. Einer Augenzeugin zufolge haben die Täter akzentfrei französisch gesprochen und behauptet, zur Terrororganisation al-Qaida zu gehören. Trotz Großfahndung waren sie am Nachmittag noch nicht gefasst worden.

Die Polizei geht in ersten Linie einem „islamistischen“ Hintergrund der Attacke aus. Das wöchentlich erscheinende Satiremagazin „Charlie Hebdo“ hat in den vergangenen Jahren mehrfach mit Mohammed-Karikaturen für Aufsehen gesorgt. Nach einem Mohammed-Titel im November 2011 war ein Brandanschlag auf die Redaktionsräume des Magazins verübt worden. Verletzt wurde damals niemand, allerdings wurden die Redaktionsräume schwer beschädigt.

Der Anschlag löste in Deutschland wie international Empörung aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der britische Premierminister David Cameron verurteilten den Terroranschlag. „Was heute in Paris passiert ist, ist ein barbarischer Anschlag gegen die Werte, in denen wir zusammenleben in Europa“, sagte Merkel am Mittwoch in London. In New York wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt, der französische Präsident François Hollande ordnet nationalen Trauertag an. Auch Iran teilte verurteilte die Anschläge. Außenamtssprecherin Marsieh Afcham teilte mit, dass Terroranschläge gegen unschuldige Menschen nichts mit dem Islam zu tun hätten und inakzeptabel seien.

Muslime verurteilen Anschlag scharf

In Frankreich reagierten führende religiöse Vertreter fassungslos. Dalil Boubakeur vom islamischen Dachverband in Frankreich CFCM sprach von einem „Schlag gegen die Gemeinschaft der Muslime“. Vertreter von Muslimen, Christen und Juden kündigten für diesen Donnerstag ein Treffen mit Präsident François Hollande im Élyséepalast an, um sich auf eine gemeinsame Initiative zu verständigen.

Auch in Deutschland verurteilten die vier größten islamischen Religionsgemeinschaften die Tat scharf. „Dies ist ein feindlicher und menschenverachtender Akt gegen unsere freie Gesellschaft“, teilte der Zentralrat der Muslime (ZMD) mit. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG) sprach von einem Angriff auf das friedliche Zusammenleben und forderte geschlossenes Auftreten gegen Täter. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) bezeichnete die Tat als einen „Angriff auf die Menschlichkeit“, der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) als „feigen Akt“.

Pegida sieht sich bestätigt

Dessen ungeachtet forderte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner in der Rhein-Zeitung eine deutliche Distanzierung muslimischer Verbände von den Attentätern. Sie sollten „diese Tat genauso verurteilen, wie sie die Pegida-Demonstrationen verurteilen“, sagte Klöckner.

Die Pegida-Organisatoren wiederum sehen sich durch den Terroranschlag bestätigt. Bei der nächsten Kundgebung in Dresden wollen sie Trauerflor für die Todesopfer des Anschlags tragen. Die Stadt hingegen sorgt sich immer mehr um ihren Ruf. Sie haben für kommenden Samstag zu einer Großkundgebung vor der Frauenkirche aufgerufen. (epd/mig) Ausland Leitartikel

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  1. openyourmind sagt:

    Das Lebensmotto „Lieber aufrecht sterben, als auf Knien leben.“ von Chefredakteur Stéphane Charbonnier musste sich nun leider tatsächlich auf so tragische Weise verwirklichen. Unfassbar. Das Team von Charlie Hebdo hat der Welt unbeugsam und vorbildlich vorgelebt, was das Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit bedeutet. Neben Spott gegen Christentum, Judentum und Islam wurde in der aktuellen Ausgabe von Charlie Hebdo Michel Houellebecq mit seinem unrealistischen Buch über eine mögliche „islamische Machtergreifung“ aufs Korn genommen. Spott tut allen. manchmal weh, ist aber auch dann, wenn er gegen Religionen gerichtet ist meistens gut Medizin. Je suis Charlie!