Bundeskanzlerin Merkel

Generalverdacht gegen Muslime verbietet sich

Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt nimmt Muslime in Deutschland nach den Terroranschlägen von Paris in Schutz, fordert von ihnen aber eine klare Abgrenzung vom Terror im Namen des Islam. Der Bundestag beriet über die Konsequenzen des Anschlags.

Freitag, 16.01.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 19.01.2015, 21:11 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Rund eine Woche nach den Anschlägen in Paris hat der Bundestag am Donnerstag an die Opfer der Terrorserie erinnert. Bundesregierung und die Fraktionsspitzen verurteilten die Attentate scharf. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bezeichnete die Anschläge als demonstrativen Angriff auf die freie und offene Gesellschaft, „auf unsere Überzeugungen und Werte“. Er rief dazu auf, sich davon nicht einschüchtern zu lassen und die Freiheit von Meinung und Presse entschlossen zu verteidigen. Mit einer Schweigeminute gedachten die Abgeordneten der Toten. An der Sitzung nahmen auch die Botschafter Israels und Frankreichs teil.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte an die Bevölkerung den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken. „Wir werden uns nicht spalten lassen“, sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung. Antisemitismus, Diskriminierung und Ausgrenzung hätten keinen Platz in Deutschland. „Als Kanzlerin nehme ich die Muslime in Schutz.“ Jeglicher Generalverdacht gegen sie verbiete sich. Zudem betonte Merkel: „Wir machen unmissverständlich klar, jüdisches Leben gehört zu uns.“

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Merkel: Terror hat mit Religion nichts zu tun
Die freie Ausübung des Glaubens müsse gewährleistet werden. Zugleich werde die Bundesregierung den Kampf gegen jede Form von Extremismus verstärken und Hassprediger „mit allen Mitteln bekämpfen.“ Die Taten der Terroristen hätten mit der Religion nichts zu tun, sagte Merkel: „Das ist für mich Gotteslästerung. Nichts anderes.“

Die Kanzlerin sagte zudem: „Terror war nie weg. Terror hat immer existiert.“ Er werde auch nicht von heute auf morgen verschwinden. Sie erinnerte dabei an deutsche Konzentrationslager, an die NSU-Morde, aber auch an die Enthauptung von Geiseln durch den „Islamischen Staat“ (IS), den Anschlag auf eine Schule in Pakistan oder die Gräueltaten von Boko Haram in Nigeria.

Gysi: Pegida spricht für Minderheit
Auch Bundespräsident Joachim Gauck verurteilte beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Korps erneut die Attentate. Er sprach von einem „grausamen Anschlag auf die Presse- und Meinungsfreiheit, auf die Demokratie, auf das Recht auf Leben“. „Wir stehen zusammen gegen Hass und Intoleranz. Zusammen verteidigen wir unsere Freiheit“, hob Gauck hervor.

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warnte davor, dass die „Pegida“-Bewegung die Anschläge für ihre Zwecke missbrauche. „Pegida“ spreche für eine Minderheit, die große Mehrheit denke anders. Der Linken-Politiker forderte eine Aufklärungskampagne. Dafür sollten sich in erster Linie die Politik, aber auch Wissenschaft, Sport und Verbände einbringen.

Oppermann an Pegida: Stimmungsmache beenden!
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann appellierte an die „Pegida“-Demonstranten, die Stimmungsmache gegen Andersgläubige zu beenden. Die demokratische Mitte sollte „die unsäglichen Aktionen“ nicht länger widerspruchslos hinnehmen. Er forderte „Augenmaß“, was eine Verschärfung der Sicherheitsgesetze betrifft. Wenn die Freiheit zu sehr eingeschränkt werde, fehle am Ende beides: Freiheit und Sicherheit, sagte er.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, betonte: „Wir stehen zusammen für ein friedliches Zusammenleben von Religionen und Kulturen.“ Der Vorratsdatenspeicherung erteilte Hofreiter eine klare Absage. „Gegen Kalaschnikows macht die Vorratsdatenspeicherung der Daten aller Bürger keinen Sinn.“ Sie stelle sie unter Generalverdacht.

In der vergangenen Woche hatten zwei Männer die Redaktion des Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ überfallen und zwölf Menschen getötet. Darunter waren vier Zeichner des Magazins, das wiederholt durch Mohammed-Karikaturen für Aufsehen sorgte. Bei einem weiteren Anschlag in einem jüdischen Supermarkt in Paris wurden vier Geiseln getötet. Insgesamt starben 17 Menschen. Zu dem Anschlag auf das Satireblatt hat sich inzwischen die Terrororganisation Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) bekannt. (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. KJB sagt:

    Zu den antiislamischen ‚Stimmungsmachern‘ (Oppermann) zählt leider auch der Anti-Islam-‚Komiker‘ Dieter Nuhr, der zwar neuerdings einige gefällige Distanzierungen, auch gegenüber Pegida, einfliessen lässt, um dann aber, wie gehabt, weiter sein höhnisches ‚islamkritisches‘ Programm abzuziehen, zuletzt gestern, am 15. 1. in ‚Nur im Ersten‘. KJB

  2. surviver sagt:

    @KJB
    Soll das Schleichwerbung für den werden.

    Da haben sie aber eine kriminelle Organisation wie PI-News vergessen.

    Die Regierung (sollte) muss journalistischen Terrorismus (wie z.B. pi-News und Co.) unterbinden, strafrechtlich Verfolgen unter mit abschreckenden Geldbußen „Zähmen“.
    Denn DIE machen die Leute „verrückt“.

  3. openyourmind sagt:

    @KJB, surviver:
    Das offenkundig ausländerfeindliche und höchst rechtslastige Portal PI-News und Dieter Nuhr können keinesfalls in einen Topf geworfen werden. Nuhr karikiert – genauso wie Charlie Hebdo – auch aber keineswegs ausschließlich Religionen, Christentum und Islam. Da weder bei Nuhr noch bei Charlie Hebdo auch nur die geringsten fremdenfeindliche Tendenzen in ihrem künstlerischen Programm vorhanden sind, sind ihre Aussagen zu respektieren, wenn sie auch von manchem als etwas deftig empfunden werden. Hetze gegen Menschen ist zu bekämpfen, diese findet aber weder bei Nuhr noch bei Charlie Hebdo statt. Ideologien, zu welchen auch die Religionen zählen, dürfen und sollen hingegen satirisch aufs Korn genommen werden.

  4. Poser sagt:

    @surviver
    @KJB

    Der Islam wird in Europa auf ewig kritisiert und bewertet werden, das ist keine Phase die irgendwann vorbei geht. Bei den Christen ist es auch so, die wissen nur besser damit umzugehen.

    Religionen und deren Anhänger können sich selbst nicht als unkritisierbare oder gar respektierbare Instanz darstellen und dann davon ausgehen, dass sich auch noch alle daran halten werden. Dieses Recht gibt es nicht. Und wer darauf mit Gewalt reagiert wurde ganz offensichtlich zurecht kritisiert.

    Man darf selbstauferlegte Gebote und Verbote nicht denjenigen überstülpen, die nichts damit zu tun haben, ansonsten würde man Pegida mit der Behauptung der Islamisierung recht geben.