Pflegenotstand

Kinderhilfswerk fordert Anwerbestopp von Gesundheitsfachkräften aus ärmeren Ländern

Weltweit fehlen über sieben Millionen Gesundheitsfachkräfte. Die Auswirkungen sind vor allem in ärmeren Ländern dramatisch. Dennoch werben reiche Industriestaaten Fachkräfte aus diesen Ländern ab. Vor den Folgen warnt nun das Bündnis Kinderhilfswerk.

Mittwoch, 25.06.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.06.2014, 23:20 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Viele europäische Länder werben Gesundheitspersonal aus Drittstaaten wie Vietnam, China oder den Philippinen ab, darunter auch Deutschland. Dabei werden die Fachkräfte in diesen Ländern dringend benötigt. Insbesondere Kinder leiden unter einer mangelhaften Gesundheitsversorgung und sterben an vermeidbaren oder leicht behandelbaren Krankheiten wie Durchfall und Masern.

„Derzeit herrscht in rund 80 armen Ländern ein gravierender Mangel an Gesundheitsfachkräften Dabei ist erwiesen, dass ein zusätzlicher Arzt auf 1.000 Einwohner die Kindersterblichkeit mittelfristig um 15 Prozent und langfristig um 45 Prozent senkt“, erklärte Heino Güllemann, Gesundheitsexperte von terre des hommes. „Anstatt deshalb dort gezielt Gesundheitssysteme zu stärken, werben die Industrienationen verstärkt Gesundheitspersonal aus Drittstaaten ab. Deutschland exportiert über die Abwerbung von Krankenpflegekräften aus Vietnam, den Philippinen oder auch Bosnien-Herzegowina den hausgemachten Pflegenotstand in die ganze Welt.“

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Info: Der Aufruf kann in Deutschland unter der Adresse „Gesundheitsfachkräfte für alle“ gezeichnet werden. Erstunterzeichner sind terre des hommes Deutschland e.V., Deutsches Institut für Ärztliche Mission e.V. (Difäm), Aktionsbündnis gegen AIDS und action medeor.

Aus Sorge vor aufkommender globaler Konkurrenz um ausgebildete Gesundheitsfachkräfte und ihrer Folgen gerade für die ärmsten Länder startet das von der EU finanzierte und europaweit vernetzte Bündnis „Health Workers for all“ am Dienstag in acht europäischen Ländern den Aufruf „Gesundheitsfachkräfte für alle, überall!“. Er richtet sich an Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft und fordert verstärkte Investitionen in die Ausbildung von Gesundheitspersonal und eine Kohärenz von Gesundheits- und Entwicklungspolitik. (hs) Aktuell Politik

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  1. posteo sagt:

    Der Verlust von Fachkräften in den Auswanderungsländern ist ein wichtiger Einwand gegen die unbegrenzte Einwanderung.
    In dem Artikel werden jedoch zwei Themen miteinander vermengt. Das eine ist das legitime Interesse, den einheimischen Bedarf an Gesundheitsfachkräften zu sichern. Das andere ist, wie in dem Artikel angesprochen, die humanitäre Verpflichtung, zu besseren Lebensbedingungen weltweit beizutragen. Die Frage bleibt, wie weit zumindest China, als inzwischen ernsthafter Konkurrent auf dem Weltmarkt, diese und andere Arten von Entwicklungshilfe noch benötigt.

  2. Han Yen sagt:

    @posteo

    Was Sie erzählen ist Unsinn ? Wir reden hier von Gesundheitsfachkräften. Sie sind überhaupt nicht informiert, der Import von Gesundheitsfachkräften hat nichts mit Entwicklungshilfe zu tun, sondern es handelt sich um eine Markt-Transaktion.

    Wenn gewisse Auswanderungsstaaten kein ausgebautes Sozialsystem haben, dann sind diese Gesundheitsfachkräfte für diese Auswanderungsstaaten nutzlos. Sieht man z.B. in Indien die Medizinischen Zentren sind nicht besetzt, obwohl die Stellen besetzt wurden. Die Stelleninhaber tauchen einfach nicht zur Arbeit auf. In diesem Fall ist es für der Auswanderungsstaat von Vorteil, diese Fachkräfte zu exportieren und Steuern aus Rücküberweisungen einzunehmen. Bei solchen Qualifikationen wie Gesundheitsfachkräften, die kaum technische Ansprüche stellen in der Ausbildung, ist eine solche Strategie sogar entwicklungsfördernd. Da kann man nicht sagen, dass Einwanderungsstaaten absichtlich einen Brain Drain auslösen, um die Auswanderungsstaaten unten zu halten.

    Einige Auswanderungsstaaten profilieren sich auf dem Weltmarkt als Arbeitskraft-Exporteure, um die Fluktuationen offener Stellen zu füllen.

    Im Augenblick haben wir bei den Fachkräften noch eine Fehlallokation, weil es Reibungen bei der Mobilität auf den Wohnungsmärkten und Bildungssystemen gibt. In den nächsten Jahrzehnten wird sichh das Bild komplett gedreht haben, weil die älteren, berufstätigen Jahrgänge demographisch einknicken und gleichzeitig die jüngeren Jahrgänge wegbrechen.

    P.S:

    Als Deutscher sollten Sie sich einmal die Handelsbilanz ansehen, und nachsehen wieviel die BRD an Produktionsgütern nach China exportiert, und wieviel im Gegenzug importiert an Konsumentengütern. Bei diesen beiden Volkswirtschaften handelt es sich um komplementäre Volkswirtschaften. Es macht keinen Sinn, die als Aussenwirtschaftsförderung getarnte deutsche Entwicklungshilfe an China aufzugeben. Sinn macht es nur dann, wenn die Chinesen dennoch keine Aufträge aufgeben. Entwicklungshilfe ist vor allem Hilfe für die eigenen Export – außer man ist in Schweden und hat Geld über.

    Selbst wenn China alles besser, preiswerter etc. produzieren könnte, gilt immer noch das Prinzip des komparativen Vorteils im Welthandel. Es lohnt sich immer zu spezialisieren und zu handeln, selbst wenn man überall der Beste ist.

  3. posteo sagt:

    @Han Yen,
    manchmal ist es hilfreich, auch den Artikel zu lesen, auf den man sich bezieht.

    So steht in der Kopfzeile: „Weltweit fehlen über sieben Millionen Gesundheitsfachkräfte. Die Auswirkungen sind vor allem in ärmeren Ländern dramatisch. Dennoch werben reiche Industriestaaten Fachkräfte aus diesen Ländern ab. Vor den Folgen warnt nun das Bündnis Kinderhilfswerk“. Also kritisiert auch der Artikel diese Art von brain drain.

    Weiter habe ich gar nicht behauptet, dass der „Import von medizinischen Fachkräften“ selbst eine Art von Entwicklungshilfe ist, sondern geschrieben, dass da zwei verschiedene Dinge behandelt werden. Ich verstehe die Unterstützung beim Auf und Ausbau der Gesundheitsversorgung auch als Entwicklungshilfe und nicht nur die Förderung der Außenwirtschaft.

    Inzwischen habe ich auch ein wenig über Vietnam und die Philippinen gegoogelt wonach besonders die Philippinen ökonomisch noch wesentlich schwächer da stehen als China.
    Bei den, nach dem amerikanischen System ausgebildeten philippinischen Krankenschwestern handelt es sich meist um Angehörige der Oberschicht, die schon auf eine Auslandstätigkeit hin studieren(!), über Vietnam bin ich in dieser Hinsicht nicht informiert. Fakt ist, dass diese Fachkräfte auch in ihren Herkunftsländern gut zu gebrauchen wären, wenn ausreichend Versorgungszentren und ordentliche Gehälter vorhanden wären und da wären wir wieder bei der „Entwicklungshilfe“, wie ich sie verstehe.

    Dann wollte ich mich noch zu der von Ihnen behaupteten „technisch anspruchslosen Ausbildung“ von Gesundheitspersonal äußern. Allein, ich finde einfach keine Worte.

    Nix für ungut
    posteo

  4. Schwyzer sagt:

    1.

    „Wenn gewisse Auswanderungsstaaten kein ausgebautes Sozialsystem haben, dann sind diese Gesundheitsfachkräfte für diese Auswanderungsstaaten nutzlos.“

    Ärzte ohne Grenzen wird sich bei Ihnen für diese Aussage bedanken.

    2.

    „Es macht keinen Sinn, die als Aussenwirtschaftsförderung getarnte deutsche Entwicklungshilfe an China aufzugeben. “

    Nach Ihrem Denkansatz müsste ich als Handwerker meinen Kunden Geld schenken, damit sie bei mir einkaufen. Das ist nichts anderes als die Einladung zur Misswirtschaft. Wenn man so wirtschaftet, darf man sich nicht wundern, wenn man pleite geht. Was wäre denn das Resultat einer solchen Politik? Der Kunde würde Schulden machen, weil er auf seinen Geldgeber vertrauen würde, Wenn man sich die EU-Wirtschaftspolitik ansieht, ist ja genau das der Fall.

    3.

    „Die Stelleninhaber tauchen einfach nicht zur Arbeit auf. In diesem Fall ist es für der Auswanderungsstaat von Vorteil, diese Fachkräfte zu exportieren“

    Sind jetzt diese Leute dann ein Standortvorteil für Deutschland?

  5. Höhner sagt:

    Zuwanderung ist sehr sozial, besonders für arme Länder.

  6. Han Yen sagt:

    @Schwyzer

    Sie verstehen den Twist nicht, weswegen die EU so erpicht ist eine neue Dienstbotenklasse, Gesundheitsfachkräfte etc. anzuwerben. Man weiss, dass die Rücküberweisungen die Entwicklungshilfe-Zahlungen der Geberländer übersteigen.

    Diese neue Migration sind sozusagen Produzenten von Fremdwährungsreserven mit denen die Auswanderungsstaaten wiederum, Fertiggüter aus den Einwanderungsstaaten importieren. Sehr viele Staaten richten sich in Handelsblöcken, Währungsunionen und Zollunionen. Dollar und Euro kann man mit Güterexport, mit Tourismus aber auch mit Arbeitskräfteexport erreichen. Tourismus ist das einfachste Verfahren, Arbeitskräfteexport setzt bilaterale Verträge voraus oder der Grenzschutz wird einfach selektiv geschützt, Güterexport setzt Wettbewerbsfähigkeit voraus.

    Der Twist an der Sache ist, dass die Dienstleistungen dieser Gesundheitsfachkräfte und einer Reihe anderer Berufsgruppen der neuen Dienstbotenklasse mit langen Arbeitstagen die Nachfrage für die Exportindustrie der Einwanderungsstaaten generieren.

    Wenn diese neue Dienstbotenklasse nicht translokal sich in binationalen Haushalte sondern so wäre wie alteingesessene Arbeitskräfte reproduzieren würde, dann verausgabt sie ihr gesamtes Einkommen in der regionalen Wirtschaft, das durch die Bilanzen der Friseure, Supermärkte, Eisdielen etc. fliessen würde. Die Exportindustrie in den Einwanderungsstaaten bekäme nicht mehr Aufträge.

    Da diese neue Dienstbotenklasse aber transnational ist, überweist sie einen Teil ihrer Löhne und Gehälter in die Auswanderungsstaaten, wo sie konvertiert werden. Dortige Importeure und die Auswanderungsstaaten haben dann die Zahlungsmittel, um Fertiggüter und Produktionsgüter aus den Einwanderungsstaaten einzukaufen, was sich dann in Form von Profit und Löhnen bei den Arbeitern und Angestellten der Exportbranchen der Einwanderungsstaaten bemerkbar macht.

    Machen Sie sich einmal keine Sorgen um den Standort Deutschland. Gesundheitskosten sind Reproduktionskosten, die wollen die Exportbranchen immer senken, um wettbewerbsfähiger zu werden.

    Die Arbeitsmärkte der Migranten und die Arbeitsmärkte der Exportbranchen dimensionieren sich gegenseitig und sind eng gekoppelt.

    Parallel erleben sie den Exit gutverdienender Gruppen aus der gesetzlichen Krankenkassen, und die Einkommen der Pensionäre steigen nicht mehr.

  7. Han Yen sagt:

    @posteo

    Von den Phillipinen verstehen sie nichts. Internet bringt nur Halbwissen hervor. Die Phillipinen ist der prototypische Arbeitskräfte-Export Staat mit einem hochentwickelten Bildungssystem. Arbeitskräfte-Export ist Staatsgrundlage, weil die Phillipinen gewaltige Mengen der Fremdwährungsreserven über das Arbeitskräfte-Angebot an Seeleuten, Haushaltsangestellten, Krankenschwestern, Ärzten etc. nach Ostasien, Europa, USA und die Golfstaaten exportiert.

    Die Phillipinen gehen mit ihren Bürgern wie handelbare Waren um. Sicher sind diese Leute akademisch gebildet, weil die Menschen in den Phillipinen sehr bildungsorientiert sind. Am Anfang der Industrialisierung ist ein gutes Bildungssystem und Arbeitskräfte-Export eine sinnvolle Entwicklungsstrategie, um Fremdwährungsreserven zu generieren.

    Bei den Phillipinen ist das aber extrem – fast 10% der Bevölkerung muss ins Ausland.

    Warum kann die Phillipinen nicht einfach mit den Fremdwährungsreserven Maschinen kaufen und eine Exportindustrie anlegen. In dem Wettbewerbsumfeld, wo Japan, Süd-Korea, Taiwan, die EU Staaten und die USA ihre Produktionskapazitäten in Schwellenländer verlegen hat die Phillipinen keine Chance den Wettbewerb zu schlagen.

    Warum stürzen die phillipinischen Auswander die dortige Regierung nicht einfach mit ihrem Wahlrecht. Na ja – wenn man die ganze Zeit Überstunden schieben muss auf den Schiffen, im Krankenhaus und als Haushaltsangestellte mit Bachelor und mehr Abschluss (?!) kann man sich nicht noch zusätzlich an politischen Versammlungen beteiligen und Auslandsortsgruppen phillipinischer Parteien betreiben.

    Ordentlich betrieben kann Migration Humanvermögen, Technologie-Diffusion, Industrialisierung und Urbanisierung beschleunigen. Es kommt auf die Geographie und die sonstige Ressourcenausstattung des Arbeitskräfte-Exportlandes an.

    Aber leider, leider sind die Machtungleichgewichte zwischen Auswanderungsstaat und Auswanderer so stark, dass die Auswanderer relativen Reichtum mit getrennten Familien bezahlen müssen. Die Menschen die den Reichtum im Staatshaushalt produzieren, haben keine Handhabe die Steuern für sich selber auszugeben.

    Noch drolliger wird es dann, wenn man die rassistische Vermachtung der Arbeitsverhältnisse im Einwanderungsstaat ansieht. Einwanderungsstaaten reicht es für gewöhnlich nicht, dass phillipinische Gesundheitsfachkräfte durch Minimierung der Reproduktionskosten das Land wettbewerbsfähiger machen. Sie behalten sich u.a. vor selektiv Menschen- und Arbeitsrechte durchzusetzen, wenn es ihnen passt. Sehr vielen phillipinischen Hausangestellten werden die Pässe weg genommen, und sie werden um den Lohn betrogen. Die Territorialgewerkschaften kratzt das nicht, Migranten sind nachrangig zu behandeln gegenüber dem Arbeiteradel.

  8. posteo sagt:

    Ich möchte mich mal grundsätzlich zu der angeblichen Bedeutung von Rücküberweisungen äußern.
    Die Gehälter der Krankenpflegekräfte sind ja nicht gerade üppig, bei anderen typischen „Gastarbeiterbranchen“ sieht es eher noch schlechter aus. Die Lebenshaltungskosten in Deutschland sind in den letzten Jahren ziemlich gestiegen. Da frage ich mich schon, wie viel den ausländischen Arbeitskräften überhaupt zum Überweisen in ihre Heimatländer bleibt.

    Des weiteren frage ich mich, ob Überweisungen überhaupt eine Möglichkeit sind, Devisen zu schöpfen. Wenn ich Geld ins Ausland überweise, erscheint der Betrag beim Empfänger in seiner Heimatwährung. Ebenso bekomme ich, wenn ich als Tourist Geld abhebe, das Geld natürlich in der dortigen Währung ausgezahlt.

  9. posteo sagt:

    Han Yen hat recht, dass ich von den Philippinen im Grunde nichts weiß. Aber ich weiß, dass die Ausbildung von (Gesundheits)-fachkräftennicht ganz billig ist. Daher wäre es eine verheerende Politik, wenn ein armes Land, wie die Philippinen Fachkräfte teuer ausbildet, in der Hoffnung, dass die Investitionskosten über Rücküberweisungen wieder herein kommen. Das mag da noch aufgehen, wo die Fachkräfte tatsächlich in ihren erlernten Berufen arbeiten. Wenn dann aber, wie Han Yen erwähnt, die akademisch gebildeten Frauen als Hausmädchen und Nannies beschäftigt werden, dürfte, wie ich bereits geschrieben habe, zum Überweisung kaum mehr etwas übrig bleiben.

  10. Schweizerin sagt:

    „Sie verstehen den Twist nicht, weswegen die EU so erpicht ist eine neue Dienstbotenklasse, Gesundheitsfachkräfte etc. anzuwerben.“

    Ja aber bitte, wer will denn die konkret, außerhalb „der“ Wirtschaft und „der“ Politik? Was geht die Schweiz die übrige Welt an? Was zählt ist der Profit und wir profitieren nicht mehr. Richtige Fachleute kommen, von Deutschland und Frankreich abgesehen, jetzt immer weniger, gerade deshalb, weil die Ausbildungsstandards in armen Ländern meist schlecht sind und weil die Steuern bei uns zu hoch sind.