Beratung in der Praxis 3/5
Wenn Lehrer versuchen, dem N-Wort die rassistische Bedeutung abzusprechen
Diskriminierung hat viele Formen und ist kein Einzelfall. Aber nur die Wenigsten werden medial bekannt, die meisten bleiben im Dunkeln und nur wenige werden zumindest dokumentiert. MiGAZIN veröffentlicht Fallbeispiele aus der Beratungspraxis des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin in einer Reihe. Heute: Wie Schüler gestärkt werden.
Montag, 19.05.2014, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 21.05.2014, 1:12 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Ein Schüler der 6. Klasse muss mit seinen Eltern aufgrund verschiedener Vorfälle zu einer Klassenkonferenz. Der Schüler und seine Eltern wenden sich zunächst an ReachOut, einer Beratungsstelle für Opfer von rassistischer Gewalt. Die Beraterin von ReachOut bittet das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB) des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg (TBB), diesen Fall gemeinsam zu betreuen, da hier neben rassistischem Mobbing auch diskriminierungsrechtliche und schulrechtliche Fragestellungen im Raum stehen.
In einem gemeinsamen Vorgespräch berichtet der Schüler von rassistischen Äußerungen von Mitschülern und auch von seinem Klassenlehrer. Dieser habe gegenüber dem Schüler das N-Wort verwendet. Die Eltern haben bereits bei einer anderen Gelegenheit versucht, über diesen rassistischen Vorfall mit dem Schulleiter zu sprechen. Dieser habe den Rassismusvorwurf jedoch zurückgewiesen.
Die Eltern haben das Gefühl, diesen Konflikt nicht alleine mit dem Schulleiter und dem Lehrer besprechen zu können, da sie selber durch den Vorfall verletzt sind. Dem Schüler und seinen Eltern ist es jedoch wichtig, die rassistische Äußerung nicht unerwidert stehen zu lassen.
Im Vorgespräch wird vereinbart, dass die Berater von ReachOut und dem ADNB den Schüler und seine Eltern zur Klassenkonferenz begleiten. Gemeinsam wird entschieden, dass die Berater vor allem zur Unterstützung anwesend sein werden, um dem Anliegen des Schülers den nötigen Raum zu verschaffen. Das Gespräch sollte jedoch vom Schüler und seinen Eltern geführt werden. Es wird besprochen, welche Themen dem Schüler wichtig sind und mit welchen Argumenten diese vertreten werden sollten. Die Beratungserfahrung zeigt, dass diese Unterstützung sinnvoll ist, da sie die Klienten nicht bevormundet und sie durch die Vorbereitung gestärkt werden, sich selbstbewusst für ihr Anliegen einzusetzen.
An der Klassenkonferenz nehmen alle Lehrer, die den Schüler unterrichten, der Schulleiter, die Eltern und die Berater teil. Der Schulleiter stimmt der Teilnahme der Berater zu, behält sich jedoch vor, diese jederzeit von der Konferenz ausschließen zu können. Dem Schüler fällt es schwer, vor all den Anwesenden über die Vorfälle zu sprechen, da die Stimmung sehr angespannt ist. Die Lehrer geben dem Schüler und seinen Erklärungen wenig Raum und die Eltern reagieren sehr aufgelöst auf die Vorwürfe gegenüber ihrem Sohn.
Die Berater können hier oftmals die Sichtweise des Schülers und die seiner Eltern auf eine sachlichere Weise darstellen und so das Gespräch auf Punkte lenken, die für den Schüler und seine Eltern wichtig sind. Im Laufe des Gesprächs bemühen sich die Berater, die Zusammenhänge zu den rassistischen Äußerungen sichtbar und nachvollziehbar zu machen. Die Lehrer versuchen wiederholt, das Erlebte zu bagatellisieren und zu negieren.
Info: Das Antidiskriminierungs- netzwerk Berlin (ADNB) ist ein Projekt unter der Trägerschaft des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg (TBB) und wird durch das Landesprog- ramm gegen Rechtsextremis- mus, Rassismus und Antisemitismus des Senats von Berlin gefördert. Zu den Zielen und Aufgaben des ADNB gehören: die Förderung von Gleichbehandlung, die Sensibilisierung der Öffentlich- keit, die Beratung der von Diskriminierung Betroffenen und deren Unterstützung. Mehr unter www.adnb.de
Als der Junge angibt, dass der Klassenlehrer ihm gegenüber das N-Wort verwendet habe, reagiert der Schulleiter abwehrend und behauptet, dass der Klassenlehrer solche Worte nicht verwenden würde. Der Klassenlehrer erklärt später jedoch, dass er das Wort im Rahmen einer Erich Kästner Lektüre verwendet habe. Gestärkt durch das Vorgespräch und die Anwesenheit der Berater schafft es der Junge, dem Lehrer zu widersprechen und weist daraufhin, dass der Lehrer ihn direkt mit dem N-Wort angesprochen habe. Schließlich gibt der Lehrer zu, den Jungen mit dem N-Wort angesprochen zu haben. Dennoch versuchen die Lehrer, dem Wort die rassistische Bedeutung abzusprechen.
Auch wenn im Ergebnis keine Einigung über die rassistische Bedeutung des Wortes erlangt werden kann, kann durch die Begleitung erreicht werden, dass das Thema Rassismus in der Konferenz besprochen und dem Schüler und seinen Gefühlen Raum gegeben wird. Dadurch fühlt sich dieser gestärkt, da er erfahren hat, dass es Menschen gibt, die ihm glauben und seine Diskriminierungserfahrung ernst nehmen. Durch die Unterstützung der Berater gelingt es dem Schüler und seinen Eltern, ihre Sichtweise in der Klassenkonferenz darzustellen. Aktuell Gesellschaft
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- AfD beschließt „Remigration“ Abschiebung von „Personengruppen mit schwach…
- Neue Integrationskursverordnung Bundesregierung will Integrationskurse verschlanken
- Studie Deutschland braucht Einwanderung – und diskriminiert
- Rück- und Ausblick Merkel gegen Unionsforderung nach Zurückweisungen an Grenze
- „Eine Art Generalverdacht“ Muslime in Mannheim sehen nach Marktplatz-Attacke Misstrauen
- Wie und warum? Doku zum Feuertod des Asylbewerbers Jalloh in einer…
Hier wird nicht ausreichend differenziert. Davon, dass jemand den veralteten und zurecht als diskriminierend eingestuften Begriff „Neger“ gegen eine neutralere und nicht diskriminierende Bezeichnung eintauscht, ist allein nichts gewonnen. Die rechtsextreme NPD spricht beispielsweise zynisch von „dunkel pigmentierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern“. Der Forderung nach politischer Korrektheit ist damit aber nur scheinbar Genüge getan – die NPD ist durch solch eine Sprache natürlich nicht weniger rassistisch. Für den im Artikel beschriebenen Lehrer gilt wahrscheinlich das selbe. Nicht seine Sprache, sondern die dahinter liegende Einstellung ist der eigentliche Skandal. Der Mann gehört suspendiert, selbst wenn er zukünftig „Afrodeutscher“ sagt!
„Neger“ in der Berichterstattung auf „N-Wort“ zu verkürzen, scheint ebenfalls eine sprachliche Sackgasse zu sein. Wenn man rassistische Sprache bekämpfen will, muss man sie konkret beim Namen nennen. Sonst glauben am Ende alle, dass nicht „Neger“, sondern „N-Wort“ ein rassistischer Begriff sei:
https://www.youtube.com/watch?v=cOlNHXQCT_4
Ueberfluessige Diskussion: Wo verwendet man/frau eigtl diesen Begriff im Alltag? „Entschuldigung Herr/Frau NegerIn, duerfte ich..?“ Rassismus schoengesoffen.. Was von beamtendeutschen Lehrern i.Ue. zu halten ist, pfeifen es die Spatzen schon laenger von den Daechern.. Opportunisten und Schreibtischtaeter, die genug Gruende dafuer liefern den Beamtenstatus von Lehrern (was ein Witz) internationalen Standards anzugleichen.. Also, Leute mit Anstand, beendet diesen Schwachsinn endgueltig..