Binooki-Schwestern

Die neue türkische Literatur in Deutschland

Mit vier Buchtiteln zeigten sich die beiden Gründerinnen des binooki Verlags 2012 zum ersten Mal auf der Leipziger Buchmesse, heute sind es schon 14. Fokus: Türkische Literatur in deutscher Sprache. Jamalu Tuschick hat sich ein Bild davon gemacht.

Von Jamal Tuschick Donnerstag, 13.02.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 13.02.2014, 23:06 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Sie sind Sterne. Feuer fingen die Schwestern Inci Bürhaniye und Selma Wels auf der Istanbuler Buchmesse 2010. In einem Augenblick kosmischer Klarheit erkannten sie: Die neue türkische Literatur fehlt Deutschland. Ihren „binooki Verlag“ gründeten sie im folgenden Jahr. Der Name spielt mit zwei Sprachen – ein Amalgam aus Buch & Brille.

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2012 zeigte sich „binooki“ zum ersten Mal auf der Leipziger Buchmesse. „Wir traten mit vier Titeln an“, erzählt Inci Bürhaniye in der Kreuzberger Fahimi Bar. Sie traten mit ihren Titeln Türen ein.

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Die Schwestern folgen einer Einladung des „Verbrecher Verlags“. Literatur ist in diesem Jahr der letzte Schrei. Entsprechend gestopft ist die Bar. Inci Bürhaniye und Selma Wels sind sehr gefragt und stets verdächtig mit einem Programm, das türkische Literatur auf deutsch präsentiert. Preisverdächtig – Die Verlegerinnen nennen ihre Helden und versehen jeden mit dem Zusatz „Lieblingsautor:“ Emrah Serbes, Alper Canıgüz, Zerrin Soysal und Gaye Boralıoğlu.

Bereits im Herbst 2012 kassierten sie einen „Preis für die erfolgreichste Maßnahme im Web“. Es hagelte den Kurt Wolff-Förderpreis und eine „Newcomer“-Auszeichnung vom „Buchmarkt“. Inzwischen liegen vierzehn Titel vor. Dazu gehört der weltweit „erste türkische Fantasy-Roman“. „Binooki“ verbreitet eine Literatur, die westeuropäische Erwartungen unterläuft. So sagen es die Schwestern. Aber auch so: „Türkische Prosa ist nicht nur orientalisch-verblümt.“

Inci Bürhaniye liest zum Beispiel ihrer Vorlieben aus „Glut“ von Murat Uyurkulak. Der Roman spielt in Ominösien. Der Autor camoufliert politische Absichten. Er war ein Mann der ersten und der letzten Stunde im Taksim-Widerstand, „als die Türken dem Erdkreis demonstrierten, wie schön sie protestieren können.“

Ich bin nicht sicher, doch glaube ich verstanden zu haben, dass Uyurkulak verdeckt von Kurdistan und Diyarbakir erzählt. Da kämpfen „Khirbos“ gegen reguläre Verbände. Es gibt Wolkenwesen, die davon träumen, Eis zu essen, und es gibt einen göttlichen Plan, der fehlschlägt. Engel fälschen Berichte, um sich aus Affären zu ziehen. Sie erklären eine Niete namens Muster „zum Auserwählten“. Muster und Kamerad Dreizehn fallen als Wehrpflichtige Rebellen in die Hände. Die Wolkenwesen organisieren Musters Befreiung, Muster steigt dann ins Raubdruckgeschäft ein. In seiner Druckerei werden nur Parias beschäftigt. „Die Schrägen“ komponieren neue Romane aus alten, und bringen sie unter Leute, die sich schief lachen. Das Publikum glaubt an eine Kunstverschwörung. Das passt zur Eleganz von „binooki“.

Die Verlegerinnen sind im Vortrag versiert. Ihre Autoren auf der Bühne zu vertreten, ist Alltag. Selma Wels liest aus „Secret Agency“ von Alper Canıgüz. In „SA“ übernimmt ein Kater die Weltherrschaft. Er hat einen Narren gefressen an der veritablen Null Musa. Musa sucht und findet ausgerechnet in der total unterkühlten Werbeagentur „Secret Agency“ einen Job, die Sheitan Bey aka der Teufel im Katzenkostüm als Tarnadresse in der Gegenwart dient.

Die Schwestern zitieren einen Ehemann und sämtliche Mitarbeiter auf die Bühne. Inci Bürhaniye berichtet von Ausschreitungen in Ankara. Die Hauptstädter demonstrierten erfolgreich gegen die Absetzung einer TV-Serie. Deren Held, Kriminalist Behzat Ç., ist eine Schöpfung von „binooki“-Autor Emrah Serbes. Inci Bürhaniye charakterisiert Behzat Ç. als desillusionierten Cop mit ramponierten Zügen. Seine Erscheinung ignoriert jedes Klischee.

„Wir sind eine klischeefreie Zone“, lautet zugleich die Devise von „binooki“. Aktuell Feuilleton

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