Aydan Özoğuz

Erste Staatsministerin mit türkischen Wurzeln

Aydan Özoğuz soll die neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung werden. Die SPD-Vizechefin wird damit künftig die Integrations- und Migrationspolitik mitgestalten. Doch wer ist diese Frau? Das MiGAZIN hat sie sich näher angeschaut.

Von Montag, 16.12.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 17.12.2013, 23:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Als Verhandlungsführerin der Unterarbeitsgruppe Integration und Migration war sie in den Koalitionsverhandlungen dafür zuständig, der Union Zugeständnisse zu entlocken. Das gelang der SPD-Vizechefin Aydan Özoğuz nur teilweise. Den Wegfall der Optionspflicht konnte sie der Union noch abringen, doch die generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit wird wohl auch die nächsten vier Jahre auf sich warten lassen. Das lag weniger an ihr, als an der ideologischen Haltung der Union, die eine weitere gesellschaftliche Öffnung ablehnte.

Als Kind türkischer Kaufleute ist sie 1967 in Hamburg geboren. Verheiratet ist sie mit dem Hamburger Innensenator Michael Neumann, mit dem sie zusammen eine Tochter hat. Sie ist zudem praktizierende Muslimin, die nicht dogmatisch ist. Sowohl Weihnachten als auch Ramadan feiere sie, heißt es in Medienberichten.

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Nun soll Özoğuz Integrationsbeauftragte der Bundesregierung werden. Damit ist sie die erste Staatsministerin mit türkischen Wurzeln. Einschlägige Erfahrungen bringt die SPD-Vizechefin derweil mit: Sie machte 1994 einen Magister in Anglistik und arbeitete darauf viele Jahre für die Körber-Stiftung. Dort war Özoğuz unter anderem für Integrationsthemen zuständig.

Ihre politische Karriere begann aber erst, als sie Olaf Scholz – damals noch Landesvorsitzende der Hamburger SPD – entdeckte. Er fragte sie, ob sie für die SPD kandidieren würde und schielte dabei wohl auch auf die Stimmen der Migranten-Community. Nach einer kurzen Bedenkzeit willigte Özoğuz ein und wurde 2001 Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft. Dort blieb sie bis 2008 und wechselte ein Jahr darauf in den Bundestag – hier wurde sie prompt zur Integrationsbeauftragten der Bundestagsfraktion berufen.

Dann kam 2011 ihr politischer Durchbruch: Parteichef Sigmar Gabriel schuf 2011 extra für einen Migranten oder besser gesagt für eine Migrantin einen fünften Posten im SPD-Bundesvorstand, den Özoğuz seitdem einnimmt. Özlem Topcu von der Wochenzeitung „Die Zeit“ beschrieb diesen Zug als Lösungsversuch des „retardierenden Moments in den Beziehungen zwischen Sozialdemokraten und Migranten“. Und gelöst werden musste sehr viel: Genossen wie Thilo Sarrazin und Heinz Buschkowsky gaben ein ganz verklärtes Bild der SPD wieder. Diesem groben Bild sollte mit Özoğuz Einhalt geboten werden. Ihr Blick richtete sich jedoch nicht nur auf die internen Probleme, sondern auch auf die schwarz-gelbe Koalition.

So kritisierte sie die Integrationspolitik der schwarz-gelben Regierung scharf: Innenminister Friedrich habe die Islamkonferenz in seiner Amtszeit ad absurdum geführt und der Integrationsgipfel sei ein „nettes Kaffeekränzchen“, erklärte die Hamburgerin. Ihr fehlte in diesem Zusammenhang das konkrete, ambitionierte Handeln der Regierung; die öffentlichkeitswirksamen Konferenzen sah sie daher teilweise als Zeitverschwendung an.

Als künftige Bundesbeauftragte wird Özoğuz nun selbst die Möglichkeit haben, Deutschland in der Migrations- und Integrationspolitik zum Handeln zu bewegen. Aber vor ihr liegt ein steiniger Weg: Der lähmende Zuständigkeitsdschungel in der Migrations- und Integrationspolitik wird ihr zu schaffen machen. Denn das Bundesministerium des Innern bleibt weiterhin federführend mit Blick auf die integrationspolitischen Instrumente des Aufenthaltsgesetzes. Zudem unterseht demselben Ministerium weiterhin das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg, das für die Integrationskurse und für die Anerkennung von Flüchtlingen zuständig ist.

Özoğuz kann als Integrationsbeauftragte laut Gesetz lediglich der Bundesregierung Vorschläge machen und ihr Stellungnahmen zuleiten. Obendrein wird sie wohl alle zwei Jahre den sogenannten Integrationsbericht veröffentlichen. Nicht viel – aber vielleicht kann sie damit mehr machen als ihre scheidende Vorgängerin Maria Böhmer. Aktuell Politik

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  1. Die Union hat im Koalitionsvertrag verankert, was sie nicht will. Dagegen ist wohl nichts auszurichten. Der Fortschritt Richtung Vielfaltgesellschaft ist eine Schnecke. Wäre erfreulich, wenn diese Skepsis verfehlt wäre.

  2. Klaus Woizek sagt:

    Und unseren Hetzern bleibt nichts anderes, als sich darüber aufzuregen, dass die Brüder dieser Frau verurteilte Islamisten sind. Als ob das eine Rolle spielen würde..

  3. H.P.Barkam sagt:

    Ich wünsche uns allen, dass Frau Aydan Özoğuz nicht nur eine Alibifigur sein wird, sondern richtig auf den Putz haut, damit Herrn de Maizière ordentlich die Ohren klingeln, bevor er auf die Idee kommt, irgendwelche Blödsinnigkeiten anzustellen.

    Viel Erfolg in Sachen Integration Frau Özoğuz!

    In diesem Sinne

  4. Gerd Richter sagt:

    Was leider oft vergessen wird: Die Integrationspolitik ist nicht dann am besten, wenn die Migranten damit am glücklichsten sind, sondern wenn man einen guten Konsens zwischen Mehrheitsgesellschaft und zu integrierenden Migranten gefunden hat.
    Dass im Moment beide Seiten unglücklich sind beweist nur, dass die Integrationspolitik wahrscheinlich alleine auf wirtschaftliche Bedürfnisse zugeschnitten wurden ohne de Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen. Frau Özoguz braucht nicht auf den „Putz zu hauen“ sondern sollte möglichst präzise ausarbeiten können was Migranten sich unter einem Leben in Deutschland vorstellen und dann schauen wo sich deren Interessen mit denen der Einheimischen überschneiden und daraufhin Symbiosen entwickeln können. Denn nur wenn es Symbiosen gibt kann man die Einheimischen von den Vorteilen eines Einwanderungslands überzeugen. Und die Migranten sind nun mal vom guten Willen der Einheimischen abhängig. Wenn jeder nur sein Ding macht, dann verlieren am Ende diejenigen die in der Unterzahl sind, das ist nun mal eine unverkennbare Tatsache, aber wenn beide zusammenarbeiten, dann können beide Seiten extrem voneinander profitieren!

  5. Realist sagt:

    Ich kann über die Naivität von Manchen hier nur noch den Kopf schütteln. Die CDU hat im Koaltionsvertrag klare enge Grenzen gesetzt. In diesem Rahmen wird sich die Özoguz bewegen müssen. Sie wird wie der Bundespräsident Gauck nur eine repräsentative Funktion wahrnehmen können. Einen großen Beitrag für Migranten wird sie nicht leisten, aber wenigstens ist die persönliche Karriere gesichert.

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