Buchtipp zum Wochenende
Migration und künstlerische Produktion
Migration hat als Wechsel des Heimatortes Folgen für die Protagonisten, ihre Herkunfts- und Zielländer: Bewegung und Mobilität können Verlust und Gewinn bedeuten, Heimat(en), Sprachen, Geschichten verändern sich. Ein Gespräch mit Burcu Dogramacı:
Freitag, 29.11.2013, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 02.12.2013, 23:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
„Bücher, die die Welt nicht braucht.“ Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?
Burcu Dogramacı: Kaum eine andere gesellschaftliche Bewegung hat ähnlich umfassende Auswirkungen wie die Migration, die von der Soziologie als dauerhafter Wechsel des Wohnortes definiert wird. Dabei wandern nicht nur Menschen, sondern auch Gegenstände, Konzepte und Ideen, sodass von komplexen Transferbewegungen gesprochen werden kann. Das Buch blickt auf die vielfältigen Wechselwirkungen von Migration und Kunst; es folgt der These, dass Einwanderung ein bedeutender Motor künstlerischer Produktion ist. Der Sammelband vereint dabei wichtige aktuelle Forschungsperspektiven zum Thema.
Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?
Burcu Dogramacı: In den Beiträgen des Buches fokussieren Autoren aus Kunst-, Medien- und Literaturwissenschaft, aus Kulturanthropologie und Soziologie, welche Bedeutung Migration für die künstlerische Produktion hat. Welche Folgen hat es, wenn Künstler ihre Heimat verlassen und in ein neues Land gehen? Wie schreiben sich globale Wanderungen in künstlerischen Arbeiten ein? Kann Migration sich in Kunst abbilden, kann sie ein Movens für eine künstlerische Produktion sein?
Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?
Burcu Dogramacı: Migrationsforschung wurde bislang schwerpunktmäßig in den Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften betrieben. Dabei standen vor allem die ökonomischen Faktoren als Ursache für Migrationsbewegungen sowie deren soziale Auswirkungen im Mittelpunkt der Untersuchungen. In den deutschen und internationalen Kunstwissenschaften ist Migration erst in jüngster Zeit als zentrales Thema der Diskurse und Debatten in den Blick gerückt. Das Buch bringt nicht nur wichtige Forschungsansätze zusammen, sondern bietet zukunftsträchtige Forschungsperspektiven zur Untersuchung von Migration und künstlerischer Produktion.
Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?
Burcu Dogramacı: Gern würde ich das Buch mit Migrationsforschern wie Mark Terkessidis oder Tom Holert diskutieren, wäre aber auch sehr an der Meinung einer Politikerin wie Rita Süssmuth interessiert. Besonders ergiebig wäre sicherlich das Gespräch mit Kunstschaffenden der zweiten Migrantengeneration in Deutschland, wie den Filmemachern Fatih Akin und Ayse Polat oder dem Schriftsteller Selim Özdogan.
Ihr Buch in einem Satz:
Burcu Dogramacı: Die im Buch versammelten Essays diskutieren aus verschiedenen disziplinären Perspektiven die Bedeutung von Einwanderung für künstlerische Produktion und Praktiken, für neue Ideen, Bilder, Methoden und Theorien. Aktuell Feuilleton
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Die Migrationsbewegung wird leider zumeist aus der „Problemperspektive“ betrachtet.
Dass es „Migration“ seit Menschengedenken gibt und dass sie ein zentraler Motor für Entwicklung und vor allem auch kreativer Entwicklung war und ist bleibt seltsam unterbelichtet.
Es wird auch für „Migazin“ höchste Zeit einen Perspektivenwechsel zu vollziehen. Zumindest fordere ich einen dialektischen Diskurs ein. Einen Diskurs, der „Probleme“ als Basis von kreativen Lösungen erkennt und anerkennt. Lösungen, die übrigens auch nicht immer dem Bildungs- und sonstigen imperativ eingeforderten Idealen gehorchen müssen.
Kreativität heißt gerade auch alternatives Leben in den Blick zu rücken. Und das gerade auch in einer Welt wo die Ideale immer mehr auf die Anforderungen des Kapitalismus hingebogen werden.
Auch das Bildungsideal ist letztlich zumindest auch ein Projekt den Idealen Kapitalisten zu produzieren. Das ständige Geschwafel von Bildung intendiert doch gar nicht wirkliche Bildung im Sinne der Produktion von wirklicher „Intellektualität“ … das wäre sogar gefährlich und gar nicht im Sinne der „Kapitallogik“.
Josef Özcan (Diplom Psychologe)