Der Triebtäter

Wasserfest

Durch die Teilnahme am Schwimmunterricht, so das Bundesverwaltungsgericht, soll eine Ausgrenzung verhindert - im Umkehrschluss also die "Integration" gefördert werden. Eine kühne Behauptung.

Von Dienstag, 24.09.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.09.2013, 22:28 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Ich bin die Niña, die Pinta und die Santa Maria. Und während Deutschland sich an der Kakophonie der Blockflöten ergötzte und an die Wahlurnen trabte, um eine Stimme abzugeben, die ohnehin in der Leere des Raumes verhallen wird, segle ich in anderen Fahrwassern. Da hat nämlich mal wieder ein Gericht die Politik, die zu gestalten eigentlich der Regierung vorbehalten ist, mangels Interesses der Koalition selbst geformt.

Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom, so heißt es – doch darüber, wie tot einer innerlich sein muss, um zur Wahlurne zu schwimmen, will ich hier ja gar nicht nachdenken – zu desillusionierend könnte die Antwort sein. So ganz komme ich vom Wasser aber auch nicht los.

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Das Wasser ist ja auf vielfältige Weise mit dem Thema Migration verbunden: Über die Außengrenzen der Festung Europa, bewacht von den Kriegsschiffen der Frontex, über die große Wasserknappheit in vielen Ländern der Welt, die Migration erzwingt, bis neuerdings ganz hinüber zum profanen Schwimmunterricht.

Im konkreten Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht darüber zu entscheiden, ob es muslimischen Mädchen zugemutet werden soll, gegen ihren Willen am Schwimmunterricht teilzunehmen. Und es hat auch entschieden, nämlich, dass in unserer übersexualisierten Gesellschaft ein junges Mädchen ohnehin nicht vor dem Anblick halbnackter Menschen geschützt werden muss, weil selbst Butter nicht mehr ohne Sex verkauft werden kann. Darum, so erklärte dass Gericht, sei es auch genug der Zugeständnisse, wenn die Schülerinnen eben einen Burkini tragen.

Während der Vater nun im Anschluss an die Verhandlung erklärte, er habe jetzt vor Allah alles getan, was ihm möglich sei, weshalb er das Urteil respektieren werde, äußerte sich seine Tochter bisher sturer.

Der Burkini übrigens, bevor ich das vergesse, und so suggeriert ja bereits der Name, ist ein Kleidungsstück, das entsprechend der muslimischen Kleidungsvorschriften gestaltet wurde, den Anbietern zufolge allerdings zu rund 80% an Nichtmuslime verkauft werde, Frauen also, die sich, ganz unabhängig irgendwelcher Kleidungsvorschriften, vor der Sonne und offenbar allzu lüsternen Blicken schützen wollen.

Durch die Teilnahme am Unterricht wiederum, so die Richter, soll eine Ausgrenzung verhindert – im Umkehrschluss also die „Integration“ gefördert werden. Eine kühne Behauptung, die aufgrund der Oktroyiertheit des devianten Verhaltens – des Tragens einer besonderen Bekleidung – mindestens fragwürdig ist. Integration schließlich kann nur funktionieren als freiwilliger Prozess, sie ist die Reaktion eines willkommenen Gastes, der sich wohl fühlt und plant, nicht nur Gast, sondern langfristig zu bleiben.

Die Freiheit dieser Entscheidung wird muslimischen Schülerinnen durch das Urteil allerdings genommen, das Argument der Integration durch Teilhabe implodiert, in dem Moment, in dem Freiwilligkeit zu Zwang wird. Der Schwimmunterricht im Burkini ist somit nicht mehr als eine angeordnete (Zwangs-)Eingliederung. Er ist Freiheit in Zwang, ein goldener Käfig. Aktuell Meinung

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  1. Verdrossen? sagt:

    Diese Überheblichkeit müsste der Autor dann aber doch erklären.
    Wer zur Wahl geht ist innerlich tot, wer nicht teilnimmt also lebendig? Bei dieser Wahl ging es für mich um vieles: Mindestlohn, Mietpreisbremse, Steuerpolitik, doppelte Staatsangehörigkeit…
    Warum muss man nun genau tot sein, um zur Wahl zu gehen? Und zu welcher Kategorie gehört der Autor?

  2. M.m. sagt:

    Ca. 18 Millionen Wahlberechtigte haben dieses Mal nicht gewählt. Diejenigen von uns, die sich für die Gestaltung unseres Landes interessieren, engagieren und zur Wahl gehen (auch wenn die Auswahl manchmal zu wünschen übrig lässt) sind bereits diejenigen, die gegen den Strom schwimmen.
    Diejenigen die nicht wählen und nicht selbst gestalten, aber sich fortwährend beschweren sind in der Mehrheit. Der Autor befindet sich mit seiner (Nicht-)Wahlentscheidung also längst im Mainstream und ist keineswegs der große Rebell, für den er sich zu halten scheint.

  3. Songül sagt:

    „Und es hat auch entschieden, nämlich, dass in unserer übersexualisierten Gesellschaft ein junges Mädchen ohnehin nicht vor dem Anblick halbnackter Menschen geschützt werden muss, weil selbst Butter nicht mehr ohne Sex verkauft werden kann.“

    Und solche Worte von einem „Triebtäter“ – wunderbar!

    So sehr ich Ihnen beipflichte, was die übersexualisierte Gesellschaft angeht, was bleibt einem Gericht auch anderes übrig?

  4. Mathis sagt:

    Na ja, der Vater hat seine Tochter an einer staatlichen Schule angemeldet. Er hätte auch die Möglichkeit gehabt, sie an einer Schule seines Vertrauens anzumelden.Da hätte es keinerlei kulturelle Kollisionen gegeben. So aber müssen Vater und Tochter lernen, mit dem Kompromiss zu leben.Das ist aber das Leben! Tote und Scheintote brauchen sich nicht mehr mit der Gesellschaft auseinander zu setzen.Die sind in der Gruft.

  5. Es ist immer wieder bezeichnend wie sehr hier die pathologische Verbindung zwischen „Schwimmen“ und „Sexualität“ gemacht wird.

    Es mag sein, dass wir in einer übersexualisierten Welt leben, aber was um Himmels Willen hat das mit dem kindlichen Schwimmsport und mit der angemessenen Kleidung dazu zu tun … die Verbindung ist von Grund auf verfehlt … das wird auch durch 1001 Diskussionen leider nicht besser … das Schwimmverbot UND das Schwimmen in einem Burkini sind und bleiben menschliche Abirrungen die „zum Himmel schreien“ …

    Josef Özcan (§)

  6. Han Yen sagt:

    Das ist doch alles Mist. Ob Muslimische Mädchen Schwimmunterricht haben oder nicht, ist überhaupt kein Problem. Die Kommunen sind überschuldet durch Zinswaps mit Schweizer Franken, Bäder, Bibliotheken und Theater müssen schließen. An einigen Orten schließen Schulen wegen Schülermangel, an anderen Orten stirbt das Bildungsbürgertum aus. Opern und Theater haben sehr lange aus den Staatslotterien Zuschüsse bekommen. Sparkassen geben Geld für Breitensport. Aber seit der U3-Ausbau den Kommunen aufgedrängt worden ist ohne ihnen zusätzliche Steuereinkünfte zu zuweisen, knarscht es allerorts. Die Gebäudesubstanz bröckelt und die Straßen platzen auf. In der BRD gibt es 2,69 Mio. alleinerziehende Mütter. Wieviele davon sind auf Hartz 4 ? In den USA sind schwarze Welfare Queens, die Jungen von der Gebärmutter ins Gefängnis lotsen der Horror der us-amerikanischen Sozialpolitik. Und hierzulande schnackelt man über einige Kopftuchmädchen. Das ist Wahn. Muslimische Familien benehmen sich trotz Armut sehr ordentlich, sie haben saubere Wohnungen, und es gibt warme Mahlzeiten. Die Schwimmstunden brauchen wir nicht, sondern wir brauchen multilinguale Kinder- und Elternläden im Quartier. Wir brauchen digitale Archive für Elternkurse in verschiedenen Zielsprachen für 5000 €. Diese Gender-Debatten um den Islam hat nur einen Ausgrenzungszweck für frustierte weiße Männer, die den „White men saves brown women from brown men“ Komplex hat. Der größte Terror gegen Frauen im Land sind Zwangsprostitution, Katalog-Bräute und die alltägliche sexuelle Belästigung in den deutschen Familien und an den Arbeitsplätzen. Hinzu kommen die Millionen von Toten bei Frauen und Säuglingen durch Interventionskriege und Wirtschaftsembargos. Nicht zu verschweigen die etwa 1 Mrd. Hungernder weltweit, die wegen Landgrabbing, Nahrungsmittel-Spekulation und unseren Agrar-Subventionen dem Tode nahe sind. Alles auch mit unseren Steuergeldern ko-finanziert.