Studie

Abschaffung der Optionspflicht ist der einzig gangbare Weg

Die Optionsregelung im Staatsangehörigkeitsrecht verstößt gegen Europa- und Verfassungsrecht. Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte und des MenschenRechtsZentrum der Universität Potsdam. Die Autoren empfehlen die Abschaffung.

Freitag, 06.09.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Aus menschenrechtlicher Sicht ist die Abschaffung der Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsgesetz der einzig gangbare Weg, um die Verfassungsmäßigkeit des Staatsangehörigkeitsrechts wiederherzustellen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die das Deutsche Institut für Menschenrechte und das MenschenRechtsZentrum der Universität Potsdam gemeinsam am Donnerstag herausgebracht haben.

Darin unterziehen Rechtswissenschaftler die Optionspflicht einem völker-, europa- und verfassungsrechtlichen Härtetest und kommen zu klaren Ergebnissen: Die Optionspflicht führt nicht nur zu Folgeproblemen im internationalen Privatrecht und zu Umsetzungsproblemen, sondern ist auch aus integrationspolitischer Sicht kontraproduktiv.

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Klares Votum: Abschaffen
„Daher ist aus menschenrechtlicher Perspektive allein die Abschaffung der Optionspflicht der gangbare Weg für ein Staatsangehörigkeitsrecht, das den Anforderungen aus Art. 3 Abs. 3 S. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG gerecht wird“, so die Autoren der Studie. Gemeint ist der Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes, die laut Studie gleich mehrfach verletzt wird. So knüpfe die Optionspflicht beispielsweise an die Abstammung als die natürliche biologische Beziehung eines Menschen zu seinen Vorfahren und behandle Menschen aufgrund dieses Merkmals anders. Das klare Votum der Autoren lautet: „Bundestag und Bundesrat sollten daher die Optionsregelung abschaffen.“ Gleich nach den Wahlen.

Denn in diesem Jahr droht erstmals Deutschen mit „Doppelpass“ aufgrund der Optionsregelung im Staatsangehörigkeitsgesetz der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Das sind Menschen, die in Deutschland geboren sind, deren beide Elternteile aber keine Deutschen sind. Sie haben die deutsche Staatsangehörigkeit mit der Geburt erworben oder im Rahmen einer Übergangsregelung durch Einbürgerung.

Download: Die Studie „Deutsche zweiter Klasse? Eine verfassungs-, europa- und völkerrechtliche Analyse der Optionsregelung nach §§ 29/40b Staatsangehörigkeitsgesetz“ kann unter institut-fuer-menschenrechte.de kostenlos heruntergeladen werden.

Optionspflicht ist Ausdruck von Misstrauen
Wenn sie daneben noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzen, müssen sie bis zu ihrem 23. Lebensjahr jedoch für die deutsche Staatsangehörigkeit optieren. Tun sie dies nicht, verlieren sie ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Deutsche, die zugleich Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates oder der Schweiz sind, dürfen in jedem Fall beide Staatsangehörigkeiten behalten; alle anderen müssen sich entscheiden, wenn nicht besondere Umstände hinzukommen.

Betroffen sind bis 2017 über 49.000 Deutsche; danach werden es schätzungsweise 41.000 Deutsche jährlich sein. „Viele von ihnen empfinden es als Ausdruck von Misstrauen und als Ausgrenzung, dass sie ihre mit der Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit nochmals ausdrücklich bekräftigen müssen. Auch die Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen stößt auf Unverständnis“, so Prof. Beate Rudolf und Prof Andreas Zimmermann. (im/bk) Leitartikel Politik Studien

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  1. Han Yen sagt:

    Die Abschaffung der Optionspflicht reicht nicht, sondern man muss Staatsbürgerschaft in hierarchische Mitgliedschaften entlang der geographischen Skalen zersplittern und sich an die räumliche Zersplitterung der Souveranität anzupassen. Die Abschaffung der Optionspflicht mit dem Argument der Gleichstellung der Türken mit EU Ausländern führt zu Affirmation des fatalen EU Unionsbürgerschaft. Die Unionsbürgerschaft ist an die nationale Staatsangehörigkeit gebunden, und grenzt Undokumentierte und im Inland geborende Ausländer von juristischen und sozialen Primärgütern aus. Staatsbürgerschaft sollte aufgesplittert werden in soziale Bürgerschaft (soziale Rechte), Markt-Bürgerschaft (ökonomische Rechte) und politische Bürgerschaft (politische Rechte). Die Rechtsvergabe sollte an regionalen und territorialen Institutionen delegiert werden, die den Interaktionsraum für betroffende Bevölkerungen bilden. Um die öffentliche Kontrolle korrekten institutionellen Verhaltens zu gewährleisten, muss die rechtstragende Institution und Rechtsträger eine öffentliche Meinung ausbilden können. Doppelte Staatsbürgerschaft ist für Auswanderungsstaaten ein billiges Mittel, um Einfluss auf Auswanderer nehmen zu können. Auswanderer brauchen nur eine kleine Teilmenge der Rechte aus der Staatsbürgerschaft des Auswanderungslandes, ohne die Pflichten akzeptieren zu müssen.

  2. Han Yen sagt:

    Die gegenwärtige Strategie der Bundesregierung ist die Auslöschung der Erinnerung der Migranten. Die Migrationspolitik der Bundesregierung hat historische Kontinuitäten von der Koloniialzeit, über die Ostkolonisation, Gastarbeiterzeit bis in die Gegenwart. Deutsche Regierungen wärmen gern alte Politikkonzepte auf. Die Optionspflicht wurde schon einmal 1922 an den Ruhrpolen durchexerziert.

    „Das im Versailler Friedensvertrages festgelegte „Optionsverfahren“, dessen Frist im Januar 1922 endete, gewährte Deutschen in polnischen Gebieten und Polen in Deutschland die freie Entscheidung über die zukünftige Staatsbürgerschaft. Bilaterale und innere Schwierigkeiten auf beiden Seiten verzögerten das Optionsverfahren. Sie wurden von komplizierten Verhandlungen begleitet, in denen es auch um die Gewährleistung von Rentenauszahlungen und Versicherungsleistungen ging. Die Entscheidung der Ruhrpolen für die polnische Staatsbürgerschaft stand demnach in einer sehr komplizierten Gemengelage; sie war einschneidend und hatte weitreichenden Konsequenzen. Nach neuesten Erkenntnissen optierten insgesamt 55.000 Personen, darunter nur 5.000 aus dem Ruhrgebiet, für Polen. Zählt man die Familienangehörigen hinzu, ist von etwa 20.000 Optanten auszugehen. Vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Deutschland und Polen während und nach der französischen Besatzungszeit wurde die Optanten-ausweisung zum zentralen Thema der politischen Auseinandersetzungen beider Länder. Sie gipfelten im sogenannten „Optantenkrieg“ zwischen Deutschland und Polen. Ausweisungen deutscher Reichsausländer aus Polen und Optanten polnischer Staatszugehörigkeit aus Deutschland waren die Folge. Die letzten Optantenfälle wurden noch in den 1930er Jahren abgewickelt.“

    Migranten sollten zu Hause Migrationsgeschichte lernen, um solche Kontinuitätslinien wiedererkennen zu können. Heutzutage ist es in der Vier-Klassengesellschaft Staatsbürger, EU Ausländer, Drittstaatenangehörige und Undokumentierte auch wichtig über die Grenzen des Residenzlandes zu schauen. Nationalstaaten sind nicht sehr erfinderisch in der Minderheitenpolitik. Im historischen Rückblick wirken die individuellen Aufstiegsbemühungen einzelner kleinkariert. Es ging den tonangebenden Interessensgruppen in Staat, Wirtschaft und Kultur immer um anderer wesentlichere Ziele als den Migranten soziale Mobilität zu ermöglichen.

  3. Johannes Bullmann sagt:

    Grundsätzlich bin ich für eine uneingeschränkte Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft. Dies wirft nun auch die frage auf, selbst wenn man die Optionspflicht abschafft würde dies ja auch eine Benachteiligung anderer Personen zur Folge haben. ich möchte z. B. auch eine doppelte Staatsbürgschaft annehmen, bei einer Abschaffung der Optionspflicht wäre dies eine Benachteiligung für mich da in Deutschland geborene Kinder besser gestellt werden als ich.

  4. victor hugo sagt:

    „Die gegenwärtige Strategie der Bundesregierung ist die Auslöschung der Erinnerung der Migranten.“

    In einem Pass stehen keine Erinnerungen!
    Es ist gelinde gesagt kompletter Unfug zu behaupten durch die Annahme eines Passes würde man seine Herkufnt leugnen. Ganz im Gegenteil: Wieviele Artikel habe ich bereits hier auf Migazin gelesen, wo mal wieder irgendjemand sich darüber beklagt hat, dass er trotz deutschen Passes als igrant wahrgenommen wird.

    Und vom rein logischen Standpunkt betrachtet: Kinder von Migranten die hier geboren wurden wissen über die Heimat ihrer Eltern genau so wenig/viel bescheid, als ein Deutscher! Wenn man also Erinnerungen auslöschen könnte, dann allerhöchstens von denjenigen, die aktiv nach Deutschland eingewandert sind.

    Man muß sich auch irgendwann mal entscheiden was man jetzt will. Sich ständig als Opfer zu definieren ist zwar schön und gut und eine Art Hobby von manchen Foristen hier bei Migazin, aber glaubwürdig ist man auf die Art und Weise nicht!

    Hätte ein Deutscher ähnliche Vorurteile gegenüber einem Türken oder Südkoreaner geäussert, wie sie in ihrem Kommentar über die Deutschen, dann wäre hier mal wieder die Antibraune Atombombe explodiert und es hätte nur so Nazivorwürfen! gehagelt. Ihr Kommentar ist ein einziger Fehler und geht einfach mal komplett am Thema vorbei.

    Es sind meist die die glauben alles zu wissen, die am ende gar nichts wissen!

  5. Marie sagt:

    Den Ton, den Sie hier Anschlägen, den empfinde ich als unverschämt, Herr Hugo. Und wenn Sie meinen, die Beurteilungshoheit darüber zu haben, was ein Fehler ist und was nicht, ist das der Beweis, dass Sie sich mit Ihrem letzten Satz selbst beschrieben haben.

  6. Lionel sagt:

    @victor hugo

    Autistische Persönlichkeiten, die einen demokratischen und souveränen Rechsstaat zu einem Mandatsgebiet der UNO degradieren möchten und ihn wie ein autoritär gelenktes Wirtschaftsunternhmen führen wollen, werden im realen Leben auf die entsprechende Resonanz stoßen.