Bundesverfassungsgericht
Generelles Verbot von Satellitenschüsseln nicht erlaubt
Ein generelles Verbot von Satellitenschüsseln zum Empfang von Heimatsendern ist nicht erlaubt. Erst nach einer Interessenabwägung könne im Einzelfall entschieden werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht.
Donnerstag, 16.05.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.05.2013, 3:50 Uhr Lesedauer: 2 Minuten | Drucken
Ein generelles Verbot von Satellitenschüsseln zum Empfang von Fernsehprogrammen aus der Heimat ist nicht erlaubt. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einem am Dienstag ergangenen Beschluss.
Der Entscheidung lagen Beschwerden türkischer Staatsangehöriger turkmenischer Abstammung zugrunde. Sie fühlen sich einer in der Türkei lebenden turkmenischen Minderheit zugehörig. Weil das Kabelfernsehen keine Programme in turkmenischer Sprache anbietet, brachten sie an der Gebäudefassade ihrer Mietwohnung eine Parabolantenne an. Damit wollten sie ein nur über Satellit verfügbares Programm über die turkmenische Region sowie die dort lebenden Menschen empfangen. Eine laut Mietvertrag erforderliche Zustimmung des Vermieters holten sie nicht ein.
Amts- und Landgericht gaben Vermieter Recht
Es kam zum Rechtsstreit. Die Vermieterin obsiegte sowohl vor dem Amts- als auch vor dem Landgericht. Beide Gerichte stuften die turkmenische Sprache als ein Dialekt der türkischen Sprache ein. Auch deshalb hielten beide Urteile der Revision nicht stand.
„Die Installation einer Parabolantenne ist vom Schutzbereich des Grundrechts auf Informationsfreiheit der Beschwerdeführer umfasst“, so die Verfassungsrichter. Insofern müsse eine fallbezogene Abwägung vorgenommen werden. Dabei müssten die Interessen des Vermieters an der – auch optisch -ungeschmälerten Erhaltung des Wohnhauses und die Informationsinteressen des Mieters an der Nutzung zugänglicher Informationsquellen berücksichtigt werden.
Zwar werde dem grundgesetzlich geschützten Informationsinteresse (Art. 5 Grundgesetz) des Mieters in der Regel entsprochen, wenn dem Mieter einen Kabelanschluss bereitgestellt werde. Anders sei es aber, wenn eine angemessene Zahl von Programmen aus dem Heimatland nicht über den Kabelanschluss, sondern nur über eine Parabolantenne zu empfangen sei.
Entscheidend ist Programmangebot
Entscheidend ist laut Verfassungsgericht also, „in welchem Umfang der Mieter Programme seines Heimatlandes bereits ohne eigene Parabolantenne empfangen kann und ob er über die bereitgestellte Empfangsanlage gegen angemessenes Entgelt ein zusätzliches Programmangebot nutzen kann“.
Das Amtsgericht ist nun angewiesen, die erforderliche fallbezogene Abwägung nach diesen Abwägungskriterien nachzuholen. Dabei soll nach Vorgabe der Karlsruher Richter auch geprüft werden, ob die turkmenischen Mieter glaubhaft machen können, dass ihr Lebensalltag tatsächlich vom Gebrauch der turkmenischen Sprache und turkmenischen Traditionen geprägt ist, obwohl sie nie in den turkmenischsprachigen Herkunftsgebieten ihrer Vorfahren gewohnt haben. (bk)
Wir informieren täglich über Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Um diese Qualität beizubehalten und den steigenden Ansprüchen an die Themen gerecht zu werden bitten wir dich um Unterstützung: Werde jetzt Mitglied!
MiGGLIED WERDEN- Hanau Shisha-Bar-Notausgang war versperrt – offenbar…
- Kommission Integration Begriff „Migrationshintergrund“ nicht mehr verwenden
- Islamfeindlichkeit Bundestag lehnt Linken-Antrag ab
- Bosnien Flüchtlinge müssen bei minus 15 Grad im Freien schlafen
- Das Problem Vorbilder statt Diversity-Quote?
- Sprachhintergrund Gekniffen
Ich habe einen ausländischen Freund und dieser ist letzte Woche in eine neue Wohnung gezogen. Ihm wurde das Anbringen einer Satellitenschüssel untersagt, weil er ja auch über Internet ausländisches Fernsehen gucken könnte. Wir sind nun dabei uns einen Anwalt zu nehmen. Irgendwie kann das ja nicht sein, oder?
Liebe Grüße,
Nori
Wenn ich mir die Zitate aus dem Urteil angucke, könnte euer Vermieter Recht haben. Wenn die Programme tatsächlich über das Internet empfangbar sein sollten, wird er wohl vor Gericht Recht bekommen.