Neues Akkreditierungsverfahren

OLG München verschiebt NSU-Prozess

Das Oberlandesgericht München hat den NSU Prozess um drei Wochen verschoben. Das Akkreditierungsverfahren soll neu durchgeführt werden. Die Verschiebung stößt auf Lob und Kritik.

Dienstag, 16.04.2013, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 19.04.2013, 13:09 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat den Beginn des NSU-Prozesses vom 17. April auf den 6. Mai verschoben. Im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sei eine Durchführung „eines neuen Akkreditierungsverfahrens notwendig“, teilte das OLG am Montag mit. Dieser sei bis zum geplanten Hauptverhandlungsbeginn an diesem Mittwoch „zeitlich und organisatorisch nicht mehr möglich“.

Offen ist derzeit, welches Verfahren beim Neustart der Akkreditierung angewandt werden soll. Offen ist auch, ob sich das Gericht bei den Betroffenen für das unnötige Hin und Her der letzten Wochen entschuldigen wird. Auf eine entsprechende Frage sagte Gerichtssprecherin Nötzel am Montag: „Dafür bin ich die falsche Adresse.“ Sie wisse auch nicht, ob türkische Medien beim anstehenden Akkreditierungsverfahren besonders berücksichtigt werden.

___STEADY_PAYWALL___

Davon geht man allerdings aus. So auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles: „Es ist ein gutes Signal, dass das Gericht jetzt darauf Rücksicht nimmt“, sagte sie in Berlin. Auch die Grünen begrüßten die Entscheidung des OLG. „Wenn die Verschiebung dazu beiträgt, dass es noch Vertrauen in den Rechtsstaat gibt, ist es positiv“, sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt.

Mittlere Katastrophe
Barbara John hingegen, Ombudsfrau der Bundesregierung für die NSU-Opfer und deren Angehörige, kritisierte die Prozessverschiebung: „Das ist eine mittlere Katastrophe“, sagte sie der Berliner Zeitung. Viele Angehörige hätten sich emotional auf den belastenden Prozessbeginn eingestellt. Außerdem hätten sie bereits Fahrkarten gekauft und Urlaub genommen, um beim Prozess teilzunehmen. Jetzt könnten viele von ihnen zum neuen Termin nicht kommen. John forderte das OLG München auf, die Hinterbliebenen zu entschädigen.

Ähnlich sieht es der Anwalt der türkischen Zeitung Sabah, der Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt hatte: „Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wäre es nicht unbedingt notwendig gewesen, das Akkreditierungsverfahren zu wiederholen.“ Das Bundesverwaltungsgericht hatte das OLG angewiesen, die Akkreditierung nach anderen Regeln zu gestalten oder aber drei Zusatzplätze für ausländische Journalisten zu schaffen. (bk) Aktuell Recht

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. Dieter Hölterhoff sagt:

    Ich denke, dass dieser Richter, der ja im Vorfeld so hoch gelobt wurde, sich zu Recht von den Verteidigern wie von den Anwälten der Nebenkläger Befangenheitsanträge einfangen wird. Möglicherweise hat er jetzt tatsächlich einen Revisionsgrund geliefert. Da er sich nun nicht in der Lage sieht, die Lösung des BVerfG zu realisieren, sollte er von sich aus zurücktreten. Jetzt ist der Gerichtspräsident gefragt.
    Deutschland braucht ein einwandfreies Verfahren.

  2. Sinan A. sagt:

    Vor Jahren musste ich in Hessen vor Gericht als Zeuge aussagen. Es ging um einen Autobahnunfall. Dort angekommen erfuhren wir, der Termin wurde abgesagt. Die Parteien hätten sich am Vortag geeinigt. Alle Beteiligten wären über die Absage informiert. (Tatsächlich hatten wir bei unserer Rückkehr ein Schreiben im Briefkasten. Wir sind aber schon um 5 Uhr morgens losgefahren, um rechtzeitig in Hessen anzukommen.) Ich meinte zu der jungen Richterin, mir sei davon nichts bekannt und ich hätte gerne die Fahrtkosten erstattet. Die Dame bügelte mich einfach ab und schickte mich raus.

    Meine Frau wollte sich damit aber nicht abfinden und marschierte zurück in den Saal, wo schon die nächste Verhandlung begonnen hatte. Dort machte sie einen Riesen-Aufstand, das sei eine Unverschämtheit, wir seien den ganzen Tag unterwegs um auszusagen und wir möchten wenigstens die Kosten erstattet haben. Die Richterin gab dann entnervt nach und wies eine Angestellte an, uns einen Zettel für die Fahrtkosten auszustellen.

    Merke: Nicht jeder ist vor Gericht gleich und um sein Recht zu bekommen, muss man die Klappe aufmachen. Anders funktioniert es leider nicht.

  3. Marie sagt:

    @ Dieter Hölterhoff – ich glaube nicht, dass man ausgerechnet DIESEN Gerichtspräsidenten fragen sollte – und klar doch wurden vom OLG mittlerweile Revisionsgründe vom Feinsten geliefert. Dass das OLG sich nicht in der Lage sieht, den Beschluss des BVerfG so umzusetzen, wie das BVerfG es zur Vermeidung einer Terminverschiebung als verfassungsgemäße Möglichkeit vorgeschlagen hat (einfach mindestens drei Plätze mehr für türkische und oder griechische Journalisten), reiht sich in das bisherige unglaubliche Vorgehen dieses Gerichtes nahtlos ein – mein Mitgefühl gilt den Nebenklägern und den Verwandten, die nicht einmal über die Verschiebung in allerletzter Minute informiert wurden. Krass auch, dass der Vorsitzende seine Sicherheitsverfügung bezüglich der Kontrolle, die in einer derartigen Weise nicht einmal beim RAF-Prozess durchgeführt wurde, vor allem damit begründet, das größte Gefahrenpotential gehe angeblich von „durchdrehenden“ Nebenklägern (und nicht von Nazis im Gerichtssaal) aus. War heute in der FR zu lesen – ungeheuerlich.

  4. Pingback: Jahresrückblick 2013: Von Armutsmigration zur neuen Bundesregierung - Armutsmigration, Asyl, Aydan Özoguz, Bundesregierung, Gezi-Proteste, Koalitionsvertrag, Lampedusa, NSU-Prozess - MiGAZIN