Fliege erklärt "Türkenfrei"
Wieso Eltern ihr Kinder in katholische Schulen schicken
Katholische Kindergärten erhielten deswegen großen Zulauf „weil sie türkenfrei sind“, so Jürgen Fliege in der Sendung „Menschen bei Maischberger“. Im Gespräch mit dem MiGAZIN wehrt sich Fliege gegen Diskriminierungsvorwürfe.
Von Gwendolyn Buttersack Montag, 25.02.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 26.02.2013, 22:06 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der evangelische Theologe, Publizist und Talkshowmoderator Jürgen Fliege äußerte in der Sendung „Menschen bei Maischberger“ katholische Kindergärten seien deswegen so begehrt „weil sie türkenfrei sind“. Daraufhin erwiderte Stefan Matussek, weiterer Gast der Runde, Fliege hätte „das Vokabular eines Unmenschen“ gebraucht. Der türkische Elternverein wertete Flieges Aussage dann später als Diskriminierung. Fliege kontert nun, er wurde missverstanden.
Eltern wollen sich Integration entziehen
Im Gespräch mit dem MiGAZIN erläutert er, dass er lediglich den gesellschaftlichen „Ist-Zustand“ beschreiben wollte, den er aber keinesfalls begrüße. „Für mich ist es offensichtlich, dass viele Eltern ihre Kinder auf katholische Schulen schicken, weil Sie sich ihrer gesellschaftlichen Aufgabe der Integration entziehen wollen,“ so der TV-Prediger.
Er selbst habe acht Jahre in Berlin gewohnt und dort seine zwei Töchter auf eine evangelische Schule geschickt. Im Gespräch mit Eltern aus weniger bürgerlichen Stadtteilen kristallisierte sich auch heraus, dass viele der anderen Eltern ihr Kind nicht etwa aus religiösen Gründen in die evangelische Schule geschickt hätten. Vielmehr sei es für viele Eltern entscheidend gewesen, dass ihr Kind „nicht mit so vielen Türken zusammen lernt“. Fliege ist der Meinung, dass Privatschulen Eltern Unterschlupf bietet, „die die Auseinandersetzung um die Integration scheuen“.
Mangelnde Zukunftschancen
Er bedauert, dass viele Christen „Angst vor der islamischen Kultur und Überfremdung haben“. Fliege ist der Meinung, dass viele muslimische Mitbürger der zweiten Generation keine Zukunftschancen sähen. Als Konsequenz lebten die betroffenen Muslime rückwärts fundamentalistisch wie in Anatolien. Hierdurch komme dann eine Distanz zu der Mehrheitsgesellschaft zustande. „Diese Lebensweise verstört viele von uns Christen,“ so Fliege.
„Aber wir Christenleute sollten den Nächsten lieben wie uns selbst. Wir sollten dann auch andere Religionen unserer Mitmenschen lieben und achten. Wenn wir Achtung vor der muslimischen Religion haben, schützt das vor der Fremdenangst.“ Die Aufgabe der Kirche sei es, die eigenen verunsicherten Leute in ihrem Christsein zu stärken. Dann sinke die Angst vor dem Fremden wie von selbst.
Kirchenparlamente in die Türkei
„Wir müssen unseren eigenen Leuten auch klar machen, dass das Christentum selbst aus der Türkei kommt. Das sollte man nicht verstecken,“ erklärt Fliege. Zum Beispiel könne man Kirchenparlamente in der Türkei tagen lassen. Der Glaube an Jesus, den Gottessohn, wäre immerhin in einem Vorort von Istanbul geprägt worden.
Auch empfiehlt er den Deutschen, die Türkei zu bereisen. Dort könne man die Menschen und deren Prägung gut kennenlernen. „Die Reisen dahin sind doch oft ein Schnäppchen,“ setzt Fliege hinzu. Denn die Menschen müssten Erfahrungen mit anderen Kulturen machen und mit Fremden Freundschaften schließen. Die Bundesregierung könne in diesem Zusammenhang auch Reisen in die Türkei fördern, schlägt Fliege vor. Solche Integrationsreisen unterstütze schließlich auch die türkische Regierung.
Außerdem könnte die muslimische Tradition oder das geistliche Wort in die christliche Gemeinde aufgenommen werden. „Wir könnten das geistliche muslimische Wort zum Beispiel in den Gemeindebrief integrieren, um auf unsere Gemeinsamkeiten hinzuweisen,“ setzt der Theologe hinzu. Auf der anderen Seite würde er es begrüßen, wenn sich die Türkei weiter für Kirchen und Christen öffnet. Denn gingen beide Länder aufeinander zu und zeigten Akzeptanz gegenüber der anderen Religion, so schaffe das eine „wahre geistliche Brücke über den Bosporus“.
Presse habe vorschnell geurteilt
Die Presse habe ihn vorschnell beurteilt, findet Pfarrer Fliege. „Die Presse ist sich ihrer Verantwortung nicht immer bewusst. Auf der Suche nach Skandalen wird man schnell und dümmlich als ‚Rassist‘ abgestempelt. Und dann kommen die falschen Freunde aus den Löchern und applaudieren. Da tut uns die sogenannte kritische Presse keinen Dienst.“ Aktuell Gesellschaft
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Von einem Mißverständnis kann eher weniger die Rede sein.
Wenn er aus Gesprächen mit Eltern an einer evangelischen Schule eine Motivlager heraushört, was spekuliert er dann über katholische Kindergärten?
Was sind „weniger bürgerliche Stadtteile“ bzw. was glaubt Fliege was das sei?
Daß auch bildungsbeflissene Migranteneltern spätestens bei der Wahl der fortführenden Schulen sehr selektiv vorgehen, hat Fliege auch noch nie gehört?
Kennt er den Muslimenanteil konfessioneller Kindergärten im Allgemeinen und den in katholischen im Besonderen?
Ist Fliege sich sicher, daß beim gegebenen Stand der Relgionsfreiheit in der Türkei, ein Besuch unbedingt entspannend wirkt?
Paulus stammt aus der Türkei und „Baba Nikolaus“ kann man in Demre besuchen, stammt damit aber das Christentum aus der Türkei?
Die Frage ist nicht, ob der Esoteriker Fliege mißverstanden wurde, sondern ob er weiß was er sagt.
Zur Debatte steht auch nicht das Verantwortungsbewußtsein der Presse, sondern das von Fliege.
Bißchen viel Religion in den Ausführungen für meinen Geschmack. Aber bei einem Theologen wohl verständlich. Dabei hat Fliege mit dem Wort „türkenfrei“ den Leuten nur den Spiegel vorgehalten. So viel Ehrlichkeit hat dem Matussek natürlich nicht gepasst. Das einzig problematische an dem Wort ist nur, dass es als Synonym für alle unerwünschten Personen benutzt wird. Viele, die Türken genannt werden, sind oft gar keine. Und andersrum werden viele Türken von Deutschen gar nicht als Türken wahrgenommen. Die erhalten dann das zweifelhafte Prädikat: „Für mich ist das kein Türke.“
Man muss kein Hellseher sein, um zu argwöhnen, dass die Töchter des Herrn Fliege nun aus dem Schulalter heraus sind. Denn nun kann er wohlfeil den evangelischen und katholischen Schulen vorwerfen, die Integration zu verhindern. Delikaterweise geben auch türkische Eltern, die sich hier hervorragend integriert, vielleicht sogar schon asssimiliert haben, als Zeichen dieser Integration bzw. Assimilierung ihre Kinder in ebensolche Schulen.
Ich kenne katholische Grundschulen, die muslimische Migrantenkinder in eine Klasse aufstellen, und christliche in die andere.
Welchen Sinn haben solche Trennungen?
In dieser Debatte wird wohl vergessen, dass auch katholische/evangelische Schulen staatlich gefördert werden – von unser aller Steuern.
Sollten katholische oder evangelische Schulen,Kindergärten einen rein religiösen Auftrag erfüllen wollen,so würde ich vorschlagen, diesen auch deutlich zu deklarieren und sie zu privaten Religionsschulen bzw. Kindergärten umzuwidmen.
Ich habe mir die Talk-Sendung angesehen. Und nein, ich habe Jürgen Flieges Vorwurf nicht missverstanden, sondern so verstanden, wie er es auch gemeint hat. Ich kann seinem Vorwurf ausgehend aus meinen eigenen Erfahrungen nur zustimmen.
Wenn ich nämlich an meine eigene Grundschulzeit Anfang der 90er erinnere: Ich war auf einer Gemeinschaftsgrundschule. Mit der Katholischen Grundschule nebenan teilten wir denselben Schulhof, dieselbe Turnhalle und dasselbe Verwaltungsgebäude. In meiner Gemeinschaftsgrundschule gab es viele türkische Schüler. Drüben bei der Katholischen Grundschule: Meistens nur Deutsche, jedoch kaum Türken. Gemein war den Schülern und LehrerInnen der Katolischen Grundschule, dass sie oft arrogant und eingebildet waren. Hatte mich einmal in einem Nebengebäude der Katolischen Grundschule aufgehalten. Man sah mir ja an, dass ich Türke bin: „Du bist nicht von hier!“ blaffte mich eine Schülerin an. Wegen solchen negativen und als negativ empfundenen Erfahrungen, welche ich mit der Katholischen Grundschule nebenan machte, bin ich bis heute skeptisch geblieben und empfinde jedesmal ein latentes Unbehagen, wenn ich das Wort „Katholische Grundschule“ höre (nicht jedoch beim Wort „Katholische Kirche“ – trotz negativer Schlagzeilen). Nur deswegen würde ich meine zukünftigen Kinder lieber auf eine Gemeinschaftsgrundschule schicken als auf eine Katholische Grundschule. Merke: Kindheitserinnerungen können einen eher für das Leben prägen als spätere Erinnerungen, wenn man bereits erwachsen ist. Bei aller subjektiven Erfahrung: Man muss jedoch berücksichtigen, dass von einer Katholischen Grundschule nicht auf alle geschlossen werden kann. Und mittlerweile sind 20 Jahre vergangen, so dass ich für heute nichts dazu sagen, wie sich Katholische Grundschulen heute entwickelt haben. Selbtverständlich wünsche ich mir, dass es nicht mehr so ist wie ich es in Erinnerung habe. Als jedoch Jürgen Fliege den Vorwurf erhob, kam alles in mir wieder hoch.
In Alanya sprach der frühere Kultusminister Namik Kemal Zeybek auf einer Konferenz zum Thema: »Neue Weltordnung und die Türkei« davon, dass die Türkei mit seiner 8000-jährigen Geschichte das wichtigste Kulturvolk der Welt sei. So haben die Türken der Welt erst die Zivilisation gebracht habe. Zeybek fuhr fort, die Wurzeln der Türken auf die Sumerer zurückzuführen und da »die Wurzeln unseres Propheten, dem heiligen Mohammed selbst auch sumerisch sind, ist demnach Mohammed ein Türke.« Zeybeks Verständnis nach habe mit den Türken die Zivilisierung der Menschheit und ihre Geschichte begonnen. 600 Jahre beherrschte das Osmanische Reich die Welt und in vielen Ländern würden die Osmanen heute noch geehrt. In den westlichen Ländern sei die Bevölkerung im Grunde auch türkischer Herkunft.
@ reza: …“dass die Türkei mit seiner 8000-jährigen Geschichte das wichtigste Kulturvolk der Welt sei“..
…“habe mit den Türken die Zivilisierung der Menschheit und ihre Geschichte begonnen“…
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So fing es bei uns Deutschen auch mal an („am deutschen Wesen soll die Welt genesen…“).
Möge das der Türkei (und der Welt) diesmal erspart bleiben!
Die Eltern schicken ihre Kinder nicht auf solche Schulen, weil sie „vor den Türken“ flüchten wollen.
Niemand hat Probleme mit den Kindern des türkischen Managers, der persischen Arztfamilie, des russischen Journalisten etc.
Die Leute flüchten vor dem bildungsfernen Prekariat. Unabhängig von der Ethnie. Wenn manche dieser „Problemviertel“ beispielsweise mehrheitlich von türkischstämmigen Mitbürgern bewohnt werden, dann kann man natürlich verkürzt solche Aussagen raushauen.
Sie stimmen aber nicht.
Es gibt in gewissen Vierteln Schulen, da sind die Kinder am Ende der Grundschule JAHRE hinterher.
Ich habe türkische Freunde, für die ist eine konfessionelle Schule mehr als nur eine Alternative. Die würden niemals ihre Kinder in gewisse Schulen schicken. Eltern kennen diese Schulen, sowas zirkuliert. Diese Separation ist ebenfalls unabhängig von der Ethnie.
Es sind schon einige „türkische Schulen“ z.B. in Mannheim, Hannover, Paderborn, Berlin usw. gegründet worden. Warum wohl? Weil die ihre Kinder nicht in einem gewissen Milieu beschulen wollen, deshalb.