Altersarmut

Ausländer sechs Mal häufiger auf Grundsicherung angewiesen

Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung ist im Jahr 2011 um 5,9 % gestiegen. Wie Berechnungen des MiGAZIN zeigen, sind vor allem über 65-jährige Ausländer auf staatliche Hilfe angewiesen. Fast jeder Achte muss, Grundsicherung in Anspruch nehmen.

Freitag, 19.10.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 24.10.2012, 18:59 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Am Jahresende 2011 erhielten in Deutschland rund 844.000 Personen ab 18 Jahren (1,3 Prozent der Gesamtbevölkerung) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Sozialhilfe nach nach SGB XII. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, stieg die Zahl der Hilfebezieher im Vergleich zum Vorjahr um 5,9 Prozent.

Wie Berechnungen des MiGAZIN auf Grundlage weiterer Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, sind vor allem über 65-jährige Ausländer von Altersarmut betroffen. Während 2,1 Prozent (341.172) der deutschen Staatsbürger in dieser Altersgruppe staatliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, ist diese Quote bei Ausländern mit 12,7 Prozent (95.038) mehr als sechs Mal so hoch.

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Gründe für Altersarmut
Die Gründe für den hohen Anteil an Ausländern, die auf Grundsicherung angewiesen sind, sind vielfältig. Es sind Menschen, die aufgrund von niedrigem Einkommen, weniger in die Rentenkasse gezahlt haben und heute eine deutlich niedrigere Rente zurückbekommen. Bei nicht wenigen handelt es sich auch um Menschen, die aufgrund körperlich schwerer Arbeit und der gesundheitlichen Folgen nicht bis zum vollen Renteneintrittsalter arbeiten konnten und nicht die volle Rente ausbezahlt bekommen.

Bei den unter 65-Jährigen sieht das Bild anders aus. Hier beträgt die Quote der Ausländer, die Grundsicherung in Anspruch nehmen müssen 0,6 Prozent (33.037); bei Deutschen beträgt diese Quote 0,8 Prozent (374.783).

Die Rentendebatte
Unterdessen geht der Streit über die richtigen Rezepte zur Bekämpfung von Altersarmut weiter. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) macht sich für eine Zuschussrente stark. Damit sollen Minirenten von Geringverdienern nach langjähriger Beitragszahlung und privater Vorsorge aufgestockt werden. „Für die wachsende Zahl der Geringverdiener, die es trotz vieler Jahrzehnte beitragspflichtiger Arbeit nicht mehr zur eigenen Rente schafft, ist das Sozialamt der falsche Ort“, so die Ministerin, die zwar den Rückhalt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat, bisher aber weder FDP noch CSU überzeugen kann. Eine Einigung wird nicht vor Anfang November erwartet.

Die SPD wiederum sieht in Mindestlöhnen und gut bezahlten Beschäftigungen die Lösung. Die Linkspartei hingegen sieht in einer „solidarischen Mindestrente“ die Lösung.

Prekäre Situation
Eine Debatte über die besonders prekäre Situation unter Ausländern ist bisher nicht ausgebrochen. Ein Blick in die Details zeigt aber, dass das dringend nötig ist. Denn während die Quote deutscher Staatsbürger, die im Alter auf Hilfe angewiesen ist, von 2010 auf 2011 um 5,5 Prozent angestiegen ist, ist im selben Zeitraum die Zahl der hilfebedürftigen älteren Ausländer um 6,4 Prozent gestiegen. (hs) Gesellschaft Leitartikel

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  1. Sascha sagt:

    Sehr schöner Artikel. Ich denke, dass es auch daran liegt, dass ältere Menschen nicht Gewohnheiten in ihrem Leben haben, die zu Reichtum führen.

    Vor Kurzem habe ich ein sehr interessanten Artikel zu diesem Thema geschrieben, der für sehr viel (positivem) Aufruhr gesorgt hat: Hier: http://www.sh-lifestylecoaching.com/altersarmut-in-deutschland-abhangigkeit-gruende/

  2. Guest Poster sagt:

    Naja – die Idee war ja mal, daß die Leute einige Jahre in Deutschland arbeiten, etwas ansparen und sich dann in ihren Heimatländern etwas aufbauen. Oder mit der kleinen Rente aus Deutschland in der Türkei einen bequemen Ruhestand haben. Hat sich anders entwickelt, es ziehen glaube ich auch ältere Menschen zu ihren Familien in D. – statt andersrum.
    Dann müssen die Familien halt mithelfen. Wenn man Luxusausgaben wie Kindergeld und ALG2 einschränkt, und die Leute putzen gehen, statt vom Staat zu leben, wird sicher auch mehr Geld für Senioren frei. Denen ich das wirklich gönne. Aber ich bin, merke ich, sehr preußisch proletarisch – harte Arbeit, Durchbeißen, Bescheidenheit und nicht jammern. Ob es wohl zukünftig noch viel mehr arme Alte geben und wird – und wir Flaschen sammeln oder betteln müssen? In Budapest habe ich vor ein paar Jahren lauter obdachlose alte Leutchen gesehen – die eigentlich gar nichts hatten..