Asylbewerberleistungen

Abschreckung kostet

Die Zahl der Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist im Jahr 2011 auf niedrigem Niveau um zehn Prozent gestiegen. Brisant ist: Bundesländer, die am häufigsten auf Abschreckungsmaßnahmen wie Sachleistungen setzen, zahlen am meisten.

Donnerstag, 27.09.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 04.10.2012, 11:05 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Am Jahresende 2011 erhielten in Deutschland knapp 144.000 Personen Regelleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden weiter mitteilte, nahm damit die Zahl der Empfänger von Asylbewerberregelleistungen um 10,3 % gegenüber dem Vorjahr zu. Dies war der zweite Anstieg in Folge. Zuvor war die Anzahl der Empfänger von Asylbewerberregelleistungen seit dem bisherigen Höchststand von 490.000 Personen im Jahr 1996 um drei Viertel (– 75,2 %) auf rund 121.000 Personen im Jahr 2009 zurückgegangen.

Mit einem Anteil von 46,5 % stammten 2011 die meisten Bezieherinnen und Bezieher von Regelleistungen aus Asien. 33,4 % besaßen eine europäische Staatsangehörigkeit und 12,4 % kamen aus einem afrikanischen Land. Die knapp 67 000 asiatischen Empfänger stammten vorwiegend aus Afghanistan (12.100 Personen), aus dem Irak (10.800 Personen) und aus Syrien (8.700 Personen). Die Zahl der Empfänger von Asylbewerberleistungen aus Asien stieg 2011 mit + 17,7 % gegenüber dem Vorjahr überdurchschnittlich an. Der Zuwachs an Leistungsbeziehern aus Pakistan (+ 81,9 %) war dabei am höchsten, gefolgt von Afghanistan (+ 46,5 %), Syrien (+ 23,2 %) und dem Iran (+ 22,9 %).

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Bayern schreckt ab und zahlt
Insgesamt wurden im Jahr 2011 rund 908 Millionen Euro für Leistungen nach dem AsylbLG ausgegeben. Das waren 11,5 % mehr als im Vorjahr. Ein näherer Blick in die Statistik zeigt allerdings, dass die Leistungen gerade in den Bundesländern am höchsten ist, wo besonders stark auf das Sachleistungsprinzip gesetzt wird als eine Abschreckungsmaßnahme. So lagen die Ausgaben in Bayern pro Person um etwa 40 Prozent über dem Bundesdurchschnitt (8.890 Euro pro Person und Jahr gegenüber 6.320 Euro im Bundesdurchschnitt). Und das, obwohl in Bayern die Leistungen viel häufiger als anderswo nur als gekürzte Leistungen gewährt worden sind.

Diese Zahlen belegen, „dass eine Politik der Abschreckung und Ausgrenzung, etwa durch Lagerunterbringung und Gutscheine statt Bargeld, teurer ist“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, die Zahlen. „Wenn sich die Abschreckungspolitiker schon nicht von der Menschenwürde der Flüchtlinge leiten lassen, dann könnten sie sich ja wenigstens für die Kassenlage der Kommunen interessieren. Die zahlen nämlich die Rechnung für die sinnlose Abschreckungsregie. Wenn die Flüchtlinge arbeiten dürfen, sich selbst versorgen, frei bewegen und eine Wohnung suchen können, ist das sowohl menschenwürdig als auch billiger“, so die Linkspolitikerin weiter, die an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erinnert.

AslybLG Menschenunwürdig
Die Verfassungsrichter hatten im Juli dieses Jahres festgestellt, dass die gegenüber anderen Bedürftigen um 40 Prozent abgesenkten Leistungen für Asylbewerber das grundgesetzlich geschützte Existenzminimum unterschreiten und damit gegen die Menschenwürde verstoßen. Dennoch hatte Bundesinnenminister Hans Peter Friedrich (CSU) angekündigt, auch die Neufassung des Gesetzes werde Asylbewerbern und humanitären Flüchtlingen weniger Leistungen zugestehen, um „Wirtschaftsflüchtlinge“ abzuschrecken. (hs) Leitartikel Politik

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