Bundesinnenministerium
Muslime haben „Vermisst“ Plakate und Kampagne abgesegnet
Haben die islamischen Religionsgemeinschaften die "Vermisst"-Plakate des Bundesinnenministeriums mitgestaltet und abgesegnet? Das Ministerium hat den Werdegang der Beratungen dokumentiert. Das Papier bringt Muslime in Erklärungsnot.
Donnerstag, 13.09.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.09.2012, 20:38 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Plakataktion „Vermisst“ des Bundesinnenministeriums hatte ihren vorläufigen Höhepunkt mit dem Austritt der islamischen Religionsgemeinschaften aus der Initiative Sicherheitspartnerschaft erreicht. Nachdem das Bundesinnenministerium die Plakate am 24. August vorgestellt hatte, hagelte es Kritik von allen Seiten.
Vier Tage später (28. August) legten die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), der Zentralrat der Muslime (ZMD) und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken (IGDB) ihre Teilnahme an der Sicherheitspartnerschaft auf Eis. In einer gemeinsamen Erklärung erhoben sie schwere Vorwürfe gegen das Innenministerium. Die Plakataktion sei über ihre Köpfe hinweg entschieden worden, auf Kritik habe das Ministerium nicht reagiert.
BMI dokumentiert Werdegang
Darauf reagierte Bundesinneninnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mit Unverständnis. Die Plakat-Kampagne sei mit allen Teilnehmern der Sicherheitspartnerschaft abgesprochen. Er könne die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Dies werteten die islamischen Religionsgemeinschaften als Affront und beendeten am 31. August die Partnerschaft.
Eine Antwort des Bundesinnenministeriums vom 11. September auf eine schriftliche Frage von Aydan Özoğuz, stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, bringt die islamischen Religionsgemeinschaften jetzt in Erklärungsnot. „Die Kampagne wurde umfassend mit den an der Initiative Sicherheitspartnerschaft beteiligten muslimischen Verbänden abgestimmt“, erklärt das Ministerium in dem vom Staatssekretär Ole Schröder unterzeichneten Papier, das dem MiGAZIN vorliegt. In ungewohnter Ausführlichkeit legt das Ministerium den Beratungsverlauf der Plakataktion mit den teilnehmenden Verbänden und deren Vertretern dar:
Kein Interesse gezeigt
„Mit Schreiben an den jeweiligen Vorsitzenden wurden die Verbände schriftlich für den 16. Mai 2012 zu einer Präsentation […] und zur anschließenden Diskussion in das BMI eingeladen“, heißt in dem Papier. Den Termin hätten ein Vertreter des ZMD und ein Vertreter des VIKZ wahrgenommen. „Seitens des Vertreters des ZMD wurde gebeten, zwei Worte im Text zu ändern. Diese Anregung wurde aufgenommen. Darüber hinausgehende Kritik wurde nicht geäußert“, so das Ministerium. Nach diesem Termin seien keine wesentlichen Änderungen mehr an den Plakaten vorgenommen worden.
Der stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der DITIB, Zekeriya Altuğ habe seine Teilnahme an diesem Termin krankheitsbedingt abgesagt. Die übrigen angeschriebenen Verbände hätten trotz telefonischer Erinnerung an diesem Termin kein Interesse gezeigt bzw. seien verhindert gewesen. Das Ministerium weiter: „Ihnen wurde telefonisch die Bereitschaft mitgeteilt, eine Präsentation jederzeit bilateral nachzuholen. Diese Möglichkeit wurde nicht genutzt.“
Nicht reagiert
Um dennoch einen einheitlichen Informationsstand zu gewährleisten, sei im Innenministerium „ein umfassendes Protokoll“ gefertigt und am 29. Mai an alle Verbände geschickt worden. Darin seien die „Vermisst-Plakate“ und der Umfang der Kampagne nochmals umfassend beschrieben worden.
Knapp einen Monat später habe die DITIB per Email angefragt, ob die Motive vorab angesehen werden können. „Daraufhin wurde der DITIB-Vertreterin mitgeteilt, dass bereits dem stellvertretenden Vorsitzenden ihres Verbandes diese Möglichkeit eingeräumt worden sei und das Angebot, die Motive in den Räumlichkeiten des BMI bilateral zu präsentieren, selbstverständlich fortbesteht. Hierauf folgte jedoch keine Reaktion seitens der DITIB“, so das Ministerium.
Rücktritt aufgrund öffentlichen Drucks?
Weiter heißt es: „Schließlich wurden im Rahmen einer Besprechung im BMI am 21. August 2012 in Anwesenheit mehrerer Verbandsvertreter (u. a. dem Vorsitzenden des ZMD Aiman Mazyek und dem stellvertretenden Vorsitzenden von DITIB-Nord Murat Kayman[…]) alle vier Motive in ihrer endgültigen Fassung gezeigt. Sie wurden von allen Anwesenden uneingeschränkt positiv bewertet.“ Vor diesem Hintergrund habe für das BMI kein Anlass bestanden, an der Zustimmung der Verbände zu der Plakataktion zu zweifeln.
Angesichts dieser Schilderung bleibt die Frage im Raum, ob sich die islamischen Religionsgemeinschaften aufgrund des öffentlichen Drucks von den Plakaten distanziert haben oder ihre Kritik an den Plakaten beim Ministerium tatsächlich auf taube Ohren gestoßen ist. Fest steht, dass entweder das BMI oder die islamischen Religionsgemeinschaften die Unwahrheit sagen.
Friedrich allein zu Hause
Das Bundesinnenministerium jedenfalls zeigt sich unbeeindruckt und hält sowohl an der Initiative Sicherheitspartnerschaft als auch an den Plakaten fest. Begründet wird das mit steigenden Anruferzahlen bei der Beratungsstelle, für die die Plakate werben sollen. Seit dem Start der Kampagne seien die Anruferzahlen bei der Beratungsstelle um 50 Prozent gestiegen. Das überzeugt Özoğuz nicht: „Tatsächlich waren in absoluten Zahlen – nach einem halben Jahr seit Bestehen der Beratungsstelle – insgesamt 25 Anrufe eingegangen, darunter lediglich zehn Anrufe von ratsuchenden Eltern.“ 1
Dass das Ministerium trotz der massiven Kritik an den Plakaten und dem Austritt der islamischen Verbände aus der Sicherheitspartnerschaft an den festhalten wolle, zeige nur, wie „störrisch, uneinsichtig“ der Innenminister sei. „Friedrich allein zu Haus“, scheine das Motto seiner Sicherheitspartnerschaft zu sein. (bk)
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Dieses Verhalten muslimischer Verbände kennt man ja auch vom Kölner Moscheebau: Inkompetent, unprofessionell, intransparent und unehrlich.
Muslimische Verbände at it’s best! Das Perfide daran: danach alles abstreiten, leugnen, lügen. Unglaublich!
Tja, da haben wohl mal wieder „Gemeindemitglieder“ die die Verbände nicht auf dem Schirm hatten, Krach geschlagen.
Peinlich, peinlich. Ich glaube nicht dass das BMI hier lügt. Sie hätten ganz viel zu verlieren wenn sie es täten und haben die Vorgänge hier transparent deutlich gemacht. Die Verbände können ja klagen wenn hier die Unwahrheit verbreitet wird.
Jetzt kommen sie wieder aus den Löchern gekrochen, die Ausländerhasser: klar, der Muslim, der lügt, der betrügt! Mit einem orientalischen Schlitzohr macht man ja auch keine Geschäfte, siehe Moscheebau, siehe hier, siehe da, bla bla bla. Die alte Leier…
Warten wir erstmal ab, ob das auch alles so stimmt, nicht wahr, Glöcklerlein?
Vielen Dank für den ausführlichen Bericht, Migazin! Ich hoffe ja mal, dass die Verbände zmd, ditib, vikz und igdb sich dazu erklären und entweder eine Entschuldigung ablegen für dieses verlogene Vorgehen oder aber glaubhaft klarstellen, dass das BMI nicht die Wahrheit sagt. Für mich ist beides vorstellbar.
Ich lach mich kaputt! Friedrich weiß wohl gar nicht wie lächerlich er sich mit seiner Aktion macht!
Soll er unsere Steuergelder doch ruhig damit verpulvern! Die Wähler werden es ihm schon „danken“ ! :)
Wer zum Islam konvertieren will, wird auch trotz dieser Fahndungsfotos tun.
Den anderen ist das ohnehin schnuppe.
Und wer annimmt der Innenminister Friedrich würde Vorurteile gegen Muslime schüren, der findet sich durch die Fahndungsfotos wohl eher bestätigt. Also, was soll das Ganze??
Liebe Redaktion,
zunächst Danke, dass Sie den Entscheidungsprozess so detailiert dargestellt haben.
Die Wahrheit, wer dafür und wer dagegen war dürfte irgendwo dazwischen liegen.
Ich denke da an persönliche Erfahrung aus Vereinsarbeit.
Man wird vorgeschickt, mach mal, kümmer dich.
Und wenn man dann auch zwangsläufig etwas entscheidet (wie die Verbandsvertreter bei der Präsentation der Plakate) dann kommen garantiert irgendwelche Schlauberger aus ihren Löchern gekrochen, wie konntet ihr,ihr hättet doch, u.s.w.
Grundsätzlich haben Plakate aber etwas selbst entscheidendes.
Plakate, die nicht gefallen, hängen auch nicht lange.
Sehr aufrichtig vom Migazin diese Meldung zu veröffentlichen.
Ich ziehe meinen imaginären Hut.
Das überzeugt Özoğuz nicht: „Tatsächlich waren in absoluten Zahlen – nach einem halben Jahr seit Bestehen der Beratungsstelle – insgesamt 25 Anrufe eingegangen, darunter lediglich zehn Anrufe von ratsuchenden Eltern.“
Aha, es überzeugt also nicht. Als wäre das ein Grund nichts zu tun. Wann wäre es denn Zeit zum Handeln. Bei 25000 Anrufen?
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